Hagen.

Die konjunkturelle Erholung geht mit der Erhöhung der Gewerbesteuern einher. Städte wie Hagen, Herdecke und Gevelsberg haben ihre Hebesätze drastisch angehoben. Andere wollen folgen. Die Kommunen versprechen sich davon eine Verbesserung ihrer katastrophalen Haushaltslage. Die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK) hält dies für falsch.

Fangen wir mit den Fakten an. Hagen erhöht den Hebesatz von 465 auf 490, Herdecke von 468 auf 490 und Gevelsberg von 455 auf 490 Prozentpunkte. Wetter will bis 2014 um 40, Ennepetal um 77 Punkte anziehen. Die Liste der Kommunen ist lang. Und alle wollen nur das Eine: ihre Einnahmen erhöhen.

„Wir machen das ja nicht ohne Not“, sagt Andreas Saßenscheidt, Kämmerer der Stadt Gevelsberg, im Gespräch mit dieser Zeitung. „Mit diesen Einnahmen wollen wir die Haushaltssicherung vermeiden.“ Der Kämmerer rechnet 2011 mit Mehreinnahmen von 900 000 Euro, ein Plus in gleicher Höhe erhofft er sich durch positive konjunkturelle Entwicklung.

Negatives Signal für ansiedlungswillige Unternehmen

Rechenspiele, die Kurt Buchwald, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der SIHK, nicht nachvollziehen kann. Die zusätzliche Belastung der Betriebe führt seiner Ansicht nach nicht zur Verbesserung der Finanzsituation der Städte. „Das ist ein Irrglaube. Von jedem zusätzlichen Euro der Einnahmen verbleiben lediglich 16 Cent in der Stadtkasse.“ In den Hebesätzen der Gewerbesteuer auf Großstadtniveau sieht er ein negatives Signal für ansiedlungswillige Unternehmen. „Mit diesem Schritt wird das Image schwer beschädigt.“ Die Lösung kommunaler Finanzprobleme könne nicht in der konzeptlosen Erhöhung der Gewerbesteuerhebesätze liegen. „Das Motto, alte Steuer gleich gute Steuer, gilt längst nicht mehr.“ Die Gewerbesteuer konzentriere sich auf immer weniger Betriebe. „Für immer mehr Unternehmen ist eine Verlegung des Stammsitzes kein Tabu mehr. Sie sind heute bei ihrer Standortentscheidung deutlich mobiler als früher.“

Buchwald: „Finanzarchitektur der Kommunen stimmt vorne und hinten nicht mehr.“

Natürlich wollten die Unternehmen ihren Beitrag zum kommunalen Haushalt leisten. „Aber, wir brauchen intelligentere Lösungen. Ziel muss die Verstetigung kommunaler Einnahmen sein.“ Die stark schwankende Gewerbesteuer müsse durch weniger konjunkturabhängige Einnahmen ersetzt werden. Eine Gemeindegewinnsteuer verbunden mit einem Zuschlag auf die Umsatzsteuer würde eine bessere finanzielle Grundlage bieten. „Die Städte und Kommunen befinden sich finanziell in einer kritischen Situation. Die Finanzarchitektur stimmt vorne und hinten nicht mehr.“

Eine wesentliche Verbesserung kommunaler Finanzen sei nur durch eine Reform der Gemeindefinanzen und einen Abbau bei den Sozialausgaben zu erreichen. „Sie betragen bundesweit jährlich mehr als 40 Milliarden Euro.“ Nicht daran denken will Buchwald, wenn die Zinsen für die Kassenkredite - das sind die kommunalen Dispositionskredite - ansteigen. Derzeit betragen sie 0,8 Prozent. Und Hagen stößt an die Milliardengrenze.