Hagen.

Michael Skirl, Leiter der JVA Werl, bestätigte gestern gegenüber dieser Zeitung, dass bei der Morgenkontrolle der 50 Jahre alte Häftling in seiner Einzelzelle tot aufgefunden wurde. „Es ist ein klassischer Bilanzselbstmord“, so Skirl. Der wegen Mordes und sexuellen Missbrauchs eines neunjährigen Mädchens vor 19 Jahren lebenslänglich einsitzenden Klaus-Dieter H. aus Düsseldorf war nach der Bluttat an seiner Freundin im April in den Kreis Soest verlegt worden war. Ihm drohte in einem neuer­lichen, noch nicht terminierten Prozess eine weitere lebenslängliche Verurteilung. In der Mordanklage der Staatsanwaltschaft, die im Juli eingereicht wurde, sei auch eine spätere Sicherheitsverwahrung in Betracht gezogen worden, hieß es.

In zwei Abschiedsbriefen - eine an seine Anwältin und eine an die Anstaltsleitung der JVA Werl - habe der 50-Jährige angegeben, keine Perspektive mehr zu sehen und so nicht mehr weiterleben zu wollen, berichtet der Anstaltschef.

Für Klaus-Dieter H., der unmittelbar nach der Tötung seiner Freundin im April in Remscheid versucht hatte, sich das Leben zu nehmen, galten in der ersten Hälfte seines fünfmonatigen Aufenthaltes in Werl besondere Sicherheitsvorkehrungen zur so genannten Suizidprophylaxe. „Im Sommer entschieden unsere Experten, dass diese fortan entbehrlich seien“, so Skirl.

Laut Statistik nimmt sich in der JVA Werl im Schnitt ein Häftling pro Jahr das Leben. In Nordrhein-Westfalen, so das Landesjustizministerium gestern gegenüber dieser Zeitung, hat es in diesem Jahr bislang zwölf Selbstmorde in Haft­anstalten gegeben. Im gesamten Jahr 2009 waren es lediglich neun, es wurden aber auch schon 27 Selbsttötungen in zwölf Monaten (im Jahr 1997) gezählt. Die beiden Fälle vom Wochenende in Werl und Remscheid deuten nach Ansicht von Ministeriumssprecher Ulrich Hermanski keinesfalls auf eine Selbstmord-Serie in NRW-Gefängnissen hin. „Dafür sind die beiden Fälle viel zu unterschiedlich. Und die Zeitnähe ist reiner Zufall.“

In der JVA Remscheid hatte sich gegen Mitternacht ein 42 Jahre alter Insasse, der seit September wegen Diebstahls einsaß, im abgetrennten Toilettenbereich erhängt. Er war in einer Dreier-Zelle untergebracht. „Es hat keine konkreten Hinweise auf eine Suizidgefährdung gegeben.“

Der Mord in der JVA Remscheid am 12. April gilt als einer der spektakulärsten Kriminalfälle des Jahres. Der 50-jährige Häftling Klaus-Dieter H., der sich jetzt in Werl erhängte, hatte seinerzeit im Raum für Langzeitbesuche seine 46-jährige Freundin aus dem Kreis Warendorf mit einem Aktengurt stranguliert. Die Verkäuferin, die sich womöglich von dem verurteilten Mörder trennen wollte, wies zudem Schlag- und Stichverletzungen am Kopf und am Körper auf.

Nach der Bluttat war die damalige nordrhein-westfälische Justizministerin Ros­witha Müller-Piepenkötter unter politischen Druck geraten. Der CDU-Politikerin wurden unter anderem im Landtag allzu lockere Sicherheitsvorkehrungen in Langzeitbesucherräumen vorgeworfen. Die auch als „Liebeszellen“ bezeichneten Räume sollen den ungestörten Kontakt von Häftlingen zu ihren Partner garantieren. Während der drei bis fünf Stunden dauernden Besuche gibt es keine Kon­trollen seitens der JVA-Bediensteten.