Hagen. Jörg Heinmann aus Hagen hat sich gegen den Trend entschieden - und wird Priester. Dabei studierte er zunächst „molekulare Biotechnologie”, befasste sich mit Stammzellforschung und embryonalen Stammzellen. Doch der Hagener spürte, dass ihm etwas fehlte.

Es hat mit einem Spaß begonnen. Irgendwann, als Jörg Heinemann in den Semesterferien seine Eltern zu Hause in Hagen-Emst besuchte, da sprach er beim Abspülen in der Küche darüber, was ihn damals so sehr beschäftigte. Worauf seine Mutter scherzte: „So wie du redest, könntest du auch Pfarrer werden.” Damals hat Jörg Heinemann gelacht. Am Sonntag vor Pfingsten wird er in Paderborn zum Priester geweiht

Am Anfang war die Biotechnologie

Dabei hatte er nach dem Abitur im Jahr 2000 und der Bundeswehrzeit danach eigentlich in München-Freising ein Studium „molekulare Biotechnologie” begonnen. Mit Stammzellforschung, Gentechnologie, der Erforschung von Medikamenten wollte er sich damals beschäftigen. Er träumte von einer „Naturwissenschaft zum Wohl der Menschheit”.

Bis er irgendwann spürte, dass ihm etwas fehlte, wenn er im Labor menschliche Zellen betrachtete. „Man nimmt das Ganze nicht mehr wahr”, sagt Jörg Heinmann. Seine Zweifel wurden stärker, als damals die Diskussion um die Forschung mit embryonalen Stammzellen aufkam. Auch die Studenten in München stritten heftig über diese Frage. Eines Abends führte sie ihre Debatte über das menschliche Leben zwangsläufig zu Gott. Vielleicht gebe es einen Gott, sagte eine Kommilitonin, „aber er ist weit weg”.

Nichts bereut

In diesem Augenblick wurde Jörg Heinemann bewusst, dass er eine ganz andere Erfahrung in seinem Leben gemacht hatte, dass Gott für ihn nahe war. Darüber hat er mit der Mutter beim Spülen in der Küche in Hagen-Emst gesprochen. Und sich kurz darauf in Paderborn über das Theologiestudium informiert.

Er bereut diese Entscheidung nicht. Es macht ihn glücklich, Menschen in allen Lebenslagen zu begleiten, zu ihrem Wohle da zu sein. Auch wenn der Beruf anstrengend ist, weil es keine festen Arbeitszeiten gibt. „Daran kann man kaputt gehen”, sagt Jörg Heinemann. Im Studium hat er daher gelernt, wie wichtig es ist, Zeit für sich selbst, für Hobbys und Freunde einzuplanen. „Dieser Beruf erfordert, dass man sich selbst kennt und auch für sich selbst sorgt.”

Voller Scham

Inzwischen ist Jörg Heinemann seit eineinhalb Jahren Diakon in der Katharinenkirche in Unna. Nur einmal während des Studiums hat er gezweifelt, sich eine kurze Auszeit genommen.

Heute ist er sich seiner Sache sicher. Trotz der „Horror-Nachrichten”, die in der Öffentlichkeit derzeit über den Missbrauch von Kindern durch Geistliche bekannt werden. „Das geht an die Substanz. Man schämt sich wahnsinnig”, schildert er seine Empfindungen. Kurz nachdem die ersten Fälle bekannt geworden waren, da hielt Heinemann einen Gottesdienst vor den Kommunionkindern der Gemeinde und ihren Eltern. Er musste sich einen Augenblick überwinden, die Sakristei zu verlassen, weil er nicht wusste, was ihn draußen erwartete, wie er sich verhalten sollte.

Dabei ist er im Studium auf das Thema „Missbrauch” vorbereitet worden, hat erfahren, unter welchen Bedingungen es dazu kommen kann - und wie sich Priester nach den Leitlinien der katholischen Kirche unbedingt verhalten müssen, wenn sie von einem Fall erfahren. Er hofft nun, dass diesmal wirklich alle Fälle aufgedeckt und aufgearbeitet werden. Und dass im Interesse der Kinder eine Generaldebatte in der Gesellschaft geführt wird.