Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat beim Konjunkturgipfel im Kanzleramt in Berlin auf die Bedeutung der Kreditvergabe für die Wirtschaft hingewiesen. Banken hätten als Dienstleister für die Wirtschaft eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, so Merkel. Die Aufgabenerfüllung wolle man einfordern.
Er fehlt noch in der Runde, der neue Pannenhelfer für den Mittelstand. Dafür haben Kanzlerin und Vizekanzler den Arbeitgeberpräsidenten und den Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mitgebracht, als sie am späten Nachmittag vor die Kameras treten. Auftakt zum „Konjunkturgipfel” bei Angela Merkel, dem dritten Krisenpalaver von Politik und Wirtschaft nach zwei vorherigen im vergangenen Dezember und April, dem ersten unter der neuen Regierung. Man wolle die „wirtschaftliche Lage analysieren”, sagt die Hausherrin und bekräftigt ihr Anliegen, das Land stärker aus der Krise herauszuführen als es hineingekommen sei. Ein Bedürfnis ist ihr auch, Unternehmen und Gewerkschaften für gemeinsam getragene Verantwortung Dank zu sagen und zu mahnen, sie möchten bei diesem Kurs bleiben, „denn die Krise ist nicht vorbei”.
Das wesentliche Ergebnis des „Gipfels” steht schon fest, als er beginnt. Es ist die Ernennung des Pannenhelfers, des „Kreditmediators” Hans-Joachim Metternich, der am 1. März in Frankfurt seine Arbeit aufnehmen und, wann immer es künftig klemmt zwischen geldhungrigen Unternehmen und knauserigen Banken, die Bremsen lockern soll.
Gebürtiger Siegener
Der 66-jährige gebürtige Siegener leitet bisher die rheinland-pfälzische Investitionsbank, ist also gewissermaßen der oberste Wirtschaftsförderer des Landes. Und als solcher ein alter Bekannter Rainer Brüderles, der lange, bevor er Wirtschaftsminister in Berlin wurde, dasselbe Ressort etliche Jahre in Mainz innehatte. Brüderle traut ihm zu, „für eine große Zahl von Unternehmen den Weg zu einem Kredit doch noch zu ebnen”.
Die Opposition ist sich da erwartungsgemäß nicht so sicher. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sieht eher einen Fall von Spezlwirtschaft als dass er Metternich für einen Helfer hielte, der den Banken ernsthaft Schrecken einjagen könne. Den Banken Schrecken einjagen, ist das der Zweck der abendlichen Veranstaltung im Kanzleramt? Aus dem Mund der Gastgeberin hat es sich in den Tagen zuvor fast so angehört. Banken hätten als Dienstleister für die Wirtschaft eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, so Merkel, „deshalb werden wir sehr klar sagen, dass wir diese Aufgabenerfüllung von den Finanzinstituten auch einfordern”.
Wenn die Banken nicht freiwillig die „Kreditklemme” lockerten, so Brüderle, müsse notfalls der Staat mit neuen Regeln eingreifen. „Den Banken ist geholfen worden. Jetzt müssen die Banken ihre Verantwortung kennen”, sagt Guido Westerwelle. Und nicht weniger als „Zinswucher” wirft der Mittelstandschef der CSU, Hans Michelbach, den Instituten vor. Es gehe nicht an, dass ihnen die Europäische Zentralbank zum Zinssatz von einem Prozent das Geld förmlich hinterherwirft, das sie dann „mit einem satten Aufschlag von acht bis zehn Prozent weiterverleihen...”
Kein Zweifel also über die Konstellation im Kanzleramt: Politik, Unternehmen, Gewerkschaften gemeinsam gegen den vierten in der Runde, den Bankensektor. Der Vorwurf lautet, dass die Kreditinstitute das Geld lieber als Eigenkapital horten, um nicht in Abhängigkeit vom staatlichen Rettungsfonds zu geraten, und damit in dem Moment, in dem er beginnen könnte, einen möglichen Wirtschaftsaufschwung strangulieren.
DGB-Chef Michael Sommer beklagt die Wirkungslosigkeit aller Maßnahmen, mit denen der Staat seit Herbst 2008 versucht habe, die Banken mit frischem Kapital auszustatten und ihnen faule Kredite abzunehmen, und die Opposition verlangt ohnehin, viel drastischer durchzugreifen. Die Grünen geißeln es als schweren Fehler, den Banken die öffentlichen Finanzhilfen nicht aufgenötigt zu haben, und die Linke wiederholt ihre Idee, den privaten Finanzsektor zu verstaatlichen.
Vorbild aus Frankreich
Die Regierung versucht es statt dessen mit dem Kreditmediator, dessen neue Dienststelle sie mit jährlich fünf Millionen Euro ausstatten will. Sie folgt damit einem Vorbild aus Frankreich. Dort soll der staatliche Vermittler in einem Jahr 1,6 Milliarden Euro losgeeist haben, die die Banken bedürftigen Mittelständlern sonst verwehrt hätten.