Hagen. Ausflüge mit ihren Schülern gehören zu den Pflichtaufgaben der Pädagogen. Dennoch wollen sich derzeit nicht nur die Mitglieder des Kollegiums vom Städtischen Gymnasium in Meschede weigern, an derlei Schul-Veranstaltungen teilzunehmen...

... Ihr Argument: Wenn ein Lehrer auf einer Klassentour schon 24-Stunden-Schichten ableisten muss, dann sollte er dafür nicht auch noch aus eigener Tasche bezahlen müssen.

Es geht ums Geld. Und irgendwie auch ums Prinzip. Denn das Kollegium in Meschede ist ebenso wie viele andere Kollegen verunsichert. Grund für die Diskussion, die in vielen Schulen ähnlich geführt wird, ist die Anti-Korruptionsrichtlinie des Landes NRW. Die nämlich schreibt vor, dass ein Lehrer die Einsparung eines ermäßigten Eintritts in Freizeitparks oder Museen mit den Schülern seiner Klasse teilen muss - aber einen (um ein Vielfaches wertvolleren) Freiplatz für eine Klassenfahrt darf ein Pädagoge laut dieser Richtlinie annehmen.

Erst vor einigen Monaten hatte die Bezirksregierung Arnsberg ausdrücklich per Rundschreiben erklärt: „Die Annahme einer Freikarte als begleitende Lehrperson einer Schulklasse ist nur zulässig, wenn die Vergünstigung auf alle teilnehmenden Schüler/innen aufgeteilt wird.” Vorsorglich weist die Behörde im Fall der Zuwiderhandlung auf „mögliche strafrechtliche Konsequenzen” hin.

Klassenfahrten werden teuer, wenn sie statt in die Jugendherberge ins Ausland oder zum Skilaufen führen. Foto: Kleinrensing
Klassenfahrten werden teuer, wenn sie statt in die Jugendherberge ins Ausland oder zum Skilaufen führen. Foto: Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing

Das schlug ein in den Kollegien des Landes. Immerhin ist es üblich, dass die Anbieter von Klassenfahrten ebenfalls Lehrerfreiplätze anbieten. In der Regel geht es um zwei Freieinheiten pro Klasse, die zum Beispiel den begleitenden Pädagogen zugute kommen. Dass die Veranstalter diese Kosten vorher auf die Schüler umlegen, liegt - wirtschaftlich betrachtet - auf der Hand. Trotzdem lässt die Korruptions-Richtlinie des Schulministeriums dies ausdrücklich zu. Denn jeder weiß, dass die Zuschüsse des Landes für derlei Fahrten (rund 30 Euro pro Lehrer) nicht reichen, um die Kosten einer solchen „Dienstreise” zu decken.

Die WP wollte wissen, wie das Ministerium zu den anscheinend widersprüchlichen Regelungen bezüglich Freizeitpark-Eintritt und Klassenfahrt-Freiplätzen steht. Ein Erklärungsversuch: „In dem Papier geht es um die Annahme von Geschenken. Die Information regelt nur, was möglich ist und was nicht”, sagt Ministeriumssprecher Jörg Harm. Er verweist darauf, dass das Ministerium gerade eine Verdopplung der „Reisekostenvergütung für Schulwanderung und Schulfahrten” auf den Weg gebracht hat. „Wir wollen den bisherigen Ansatz von 1,9 Millionen Euro auf 3,9 Millionen Euro aufstocken. Dahinter steht die Hoffnung einer vollständigen Erstattung der Kosten.” Im besten Fall müssen sich 6700 NRW-Schulen die 3,9 Millionen Euro teilen.

„Durch die Annahme von Freiplätzen werden Lehrer in unangenehme Situationen gedrängt.” GEW-Landeschef Andreas Meyer-Lauber

Voraussichtlich bleiben geschätzte 60 Euro für eine Klassenfahrt (einschließlich Auslandreisen und Skifreizeiten) übrig. Nicht umsonst müssen Lehrer vor den Fahrten den Verzicht auf Reisekosten-Erstattung schriftlich erklären.

Dass die Regelung alles andere als glücklich ist, meint auch Andreas Meyer-Lauber. Der Landes-Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gibt dem Mescheder Kollegium Rückendeckung. Aber: „Die Verdopplung des Reisemittel-Ansatzes ist ein echter Erfolg. Wir gehen davon aus, dass eine Verdreifachung des Ansatzes ausreichen würde.” Als widersprüchlich bezeichnet Meyer-Lauber die Regelungen in der Korruptions-Richtlinie. „Durch die Annahme von Freiplätzen werden Lehrer in unangenehme Situationen gedrängt. Ich glaube, dass nur die wenigsten Pädagogen die Freiplätze annehmen.”