„Angie“, „Diana“, „My Sharona“ oder „Sweet Caroline“ waren weltweit Hits. Aber über wen wird da eigentlich gesungen? Wir verraten es.
Um kaum ein Lied ranken sich so viele Geschichten wie um Angie, die Ballade, mit der die Rolling Stones im Herbst 1973 die Charts stürmen. Wer ist diese Frau, ja ist es überhaupt eine Frau? Oder singt Mick Jagger da vielleicht über Kokain, das im englischen Slang gerne „Angie“ genannt wird?
Einige wenige tippen wechselweise, dass es sich um Keith Richards damalige Lebensgefährtin Anita Pallenberg oder Jaggers Ex-Freundin Marianne Faithfull handelt. Die meisten aber tippen auf Angela „Angie“ Bowie, mit deren Mann der wilde Mick damals um die Häuser zieht. Eine heimliche Liebeserklärung sei das Lied gewesen, vielleicht aber auch eine Entschuldigung. Denn eines Morgens hatte Frau Bowie – wie sie sowohl in ihrer Biografie und auch in einer großen US-Talkshow einst erzählte – ihren Mann und Jagger gemeinsam und aller Kleidung entledigt im Bett gefunden.
Unsinn, Blödsinn, alles Quatsch hat Jagger zu solchen Geschichten immer wieder gesagt. Er habe den Text schon geschrieben, bevor er Bowie kennengelernt habe, behauptet er. Im Übrigen sei der Titel eine Idee von Keith Richards gewesen. Jahre später bestätigt das der Gitarrist zunächst und erzählt, die Geburt seiner Tochter Angela habe ihn zu dem Namen inspiriert. Später spricht er von „Zufall“. „Er hätte auch Rangy oder Mangy lauten können.“
Hätte er das wirklich, wäre der CDU ihre Blamage aus dem Wahlkampf 2005 wohl erspart geblieben. Denn da kommen des Englischen offenbar kaum mächtige Parteigenossen auf die Idee, die Auftritte von Angela Merkel mit der alten Stones-Nummer zu unterlegen. Zwar zahlen sie penibel GEMA-Gebühren, haben aber vergessen, die Band um Erlaubnis zu fragen.
Die Stones erklären daraufhin, sie seien mit der Nutzung nicht einverstanden, sehen aber von gerichtlichen Schritten ab. Vielleicht weil sie denken, der „female chancellor“ of Germany sei schon gestraft genug, wenn die Zeilen erklingen: „All the dreams we held so close seemed to all go up in smoke. You can’t say we’re satisfied“ – „All unsere Träume schienen sich in Luft aufgelöst zu haben. Du kannst nicht behaupten, dass wir zufrieden sind.“
Sweet Caroline – Neil Diamond
„Good times never seemed so good“. Spätestens seit der Fußball-Europameisterschaft 2021 ist „Sweet Caroline“ wieder in aller Ohren. Kaum ein Stadion, in dem der Neil Diamond-Klassiker aus dem Jahr 1969 nicht geschmettert wird. Im Fenway Park in Boston läuft das Lied schon seit 1997 bei jedem Spiel des Baseballteams Red Sox. Auslöser ist der Stadion-DJ, der damit – eigentlich einmalig – einer Freundin zum gerade geborenen Baby namens Caroline gratulieren wollte.
Wer sich hinter dem Namen verbirgt, ist nicht so leicht zu beantworten. Dafür muss man angeblich weiter zurückreisen in der Zeit. Ein fünfjähriges Mädchen in Reiter-Klamotten auf seinem Pony Macaroni – ein Bild mit dieser Unterschrift ziert 1962 die Titelseite der Zeitschrift „Life“. Es ist die damals fünfjährige Caroline Kennedy, die Tochter des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy. Und der damals 21-jährige Neil Diamond findet die Kleine nicht nur süß – er will ein Lied über diese Szene machen. „Es war ein so unschuldiges, wundervolles Bild, dass ich sofort spürte, dass da ein Song drin ist“, hat er später gesagt.
Es dauert allerdings sieben Jahre, bis er den Plan in die Tat umsetzt. Und noch einmal fast 40 Jahre, bis er die Geschichte erstmals öffentlich erzählt. Er habe es Caroline Kennedy unbedingt zuerst und persönlich erzählen wollen. Und die Gelegenheit ergibt sich erst auf dem 50. Geburtstag der Präsidententochter. 2014 verrät er auch, wann genau ihm das Foto wieder eingefallen ist. 1969 habe er ein Lied über seine zweite Frau Marcia schreiben wollen, für den Refrain aber einen Namen mit drei Silben benötigt. Da sei „Caroline“ perfekt gewesen.
Diana – Paul Anka
Das Problem des jungen Mannes lässt sich in wenige Worte fassen. „I’m so young and you’re so old“, klagt der 15-jährige Paul 1957. Er hat sich in ein Mädchen verliebt, das Diana Ayoub heißt und bereits 18 Jahre alt ist. Für sie ist der Kleine nur ein Kumpel, für ihn ist es die erste große Liebe. Traurig setzt sich Paul Anka an seinen Schreibtisch und schreibt ein Lied über seine unerfüllte Liebe. Doch was soll er damit machen? Er muss in die USA, wo es Studios gibt und Produzenten. Weil er kein Geld hat, sammelt der Teenager drei Monate lang Etiketten von Campbell-Dosen, um den Hauptpreis eines Wettbewerbs zu gewinnen – eine Reise nach New York. Und er hat Glück...
Im Big Apple knüpft er Kontakte zu einer Plattenfirma und nimmt „Diana“ auf. Binnen kurzer Zeit verkauft sich der Song über neun Millionen Mal und macht Anka über Nacht zum Star. Der echten Diana macht er das Leben zur Hölle. „Paul hat keine Ahnung, wie sehr dieses Lied mein Leben beeinflusst hat“, hat Ayoub später oft erzählt. Denn als bekannt wird, wer Ankas Angebetete ist, ist es mit der Ruhe vorbei. Fotografen lauern ihr vor der Schule auf, und immer wieder stehen Reporter vor der Haustür. „Verabredungen waren für mich lange Zeit unmöglich“, hat sich die im vergangenen Dezember verstorbene Kanadierin erinnert. Gemerkt hat sie von Pauls Verliebtheit nach eigener Aussage nichts. „Ich dachte, wir wären nur Freunde.
My Sharona - The Knack
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Doug Fieger will nur shoppen an diesem Frühlingstag 1978, doch dann verguckt er sich Hals über Kopf in die Verkäuferin. „Es war wie ein Schlag mit einem Baseballschläger auf den Kopf; ich verliebte mich auf der Stelle in sie.“ Sharona Alperin heißt die 17-jährige, und sie inspiriert ihn. „Ich begann in kurzer Zeit fieberhaft, eine Menge Songs zu schreiben.“ Was gut ist, denn Fieger ist Sänger einer unbekannten Band mit Namen „The Knack“. Ein paar Monate später liefert die Gruppe ein Lied ab, das in en USAzur erfolgreichsten Single des Jahres 1979 wird. „My Sharona“ heißt die Nummer, und auf dem Cover ist das Mädchen, das ihn damals bediente. Es ist der Beginn einer vierjährigen intensiven Beziehung und einer Freundschaft, die erst endet, als Fieger 2010 an Krebs stirbt.
Marina – Rocco Granata
Zerstören wir zum Ende noch eine Illusion. Deutschland im Herbst 1959. Drei Monate lang belegt der in Italien geborene und in Belgien lebende Automechaniker Rocco Granata, der tatsächlich so heißt, mit „Marina“ den ersten Platz der Hitparade. Allein zwischen Alpen und Nordsee verkauft Granata über eine Million Singles, und 1960 ist Marina einer der beliebtesten Vornamen in der Bundesrepublik. Die Traumfrau des Italieners aber wird nicht gefunden. Es gibt sie nämlich gar nicht. Marina, erzählt er später, sei ihm eingefallen, als er ein Werbeplakat für eine gleichnamige Zigarettenmarke gesehen habe.