Dortmund. Ryanair ist mit dem Start am Flughafen Paderborn/Lippstadt in diesem Jahr hoch zufrieden. Auch in Dortmund gebe es ein stabiles Wachstum.

Der weinrot-metallicfarbene Hartschalenreisekoffer von Annika Ledeboer ist übersät mit kleinen Aufklebern. Kontrollcodes, um das aufgegebene Fluggepäck im Zweifelsfall oder im Gedränge am Band in der Ankunftshalle identifizieren zu können. Ledeboer ist seit Wochen viel unterwegs. Heute hier, morgen dort. Allerdings nicht auf dem Weg in den sonnigen Süden oder, vielleicht derzeit die bessere Wahl, in kühlere Gefilde. Ihre Dauerrundreise führt die neue Ryanair-Sprecherin zu einigen deutschen Flughäfen, jetzt nach Dortmund. Kurioserweise meist per Bus und Bahn. „Innerdeutsch bin ich viel mit dem Zug unterwegs, da wir innerhalb Deutschlands nicht fliegen und weil es auf manchen Strecken einfacher ist.“

Die Aufkleber auf ihrem Koffer, ein solides europäisches Markenprodukt, stammen also überwiegend von Flügen auf der Strecke von Berlin – wo die gebürtige Fränkin ihre private „Base“ aufgeschlagen hat – zum Verlobten nach London, oder zu Michael O‘ Leary nach Dublin.

Cockpit-Kritik an ungleicher Bezahlung

Seit Oktober steht die 30-jährige PR-Expertin in den Diensten des ebenso erfolgreichen wie streitbaren Ryanair-Chefs O‘ Leary und spricht seit Oktober vergangenen Jahres für die irische Billigfluglinie in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH-Region). Für die irische Airline scheint weiter überwiegend eitel Sonnenschein zu herrschen. Die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Branchenkrise hatte Ryanair im Gegensatz zu anderen nicht ins Trudeln gebracht. O‘ Leary und Andreas Gruber, Deutschlandchef der Fluglinie und Vorstandsvorsitzender des Ryanair-Dienstleisters Laudamotion, übten und üben Kritik an den Staatshilfen für die deutsche Lufthansa, die sie nach wie vor für wettbewerbsverzerrend halten und ohne die die Iren möglicherweise noch mehr Marktanteile in der Krise gewonnen hätten.

Bei der Billigfluglinie Ryanair läuft es gut. Die jüngsten Quartalszahlen des Unternehmens belegen den kontinuierlichen Wachstumstrend bei Passagierzahlen und Umsätzen. „In Deutschland bewegen wir uns etwa auf gleichem Niveau wie im Vorjahr, mit leichtem Wachstum. Große Wachstumschancen sehen wir eher in Italien, Spanien und Polen“, sagt Ledeboer – Länder außerhalb ihrer Zuständigkeit. Ebenso wie Schweden und Dänemark, wo Ryanair ebenfalls mehr Wachstumschancen sieht als in Deutschland.

Für das laufende Geschäftsjahr, das im Frühjahr 2024 endet, werden mehr als 180 Millionen Passagiere in den aktuell 540 Ryanairfliegern erwartet, davon rund 16 Millionen in Deutschland. „An deutschen Flughäfen sind die Standortkosten nach wie vor hoch. Kurzfristig ist hier auch keine Änderung sichtbar.“ Bedeute auch, dass das Fliegen für Urlauber und Geschäftsreisende hierzulande teurer sei als im Ausland. Ryanairflieger sind in der Regel gut bis sehr gut ausgelastet. „Unser Anspruch ist es weiter, immer die günstigste Airline zu sein“, erklärt Ledeboer - ganz PR-Managerin.

Mit Blick auf das laufende Geschäft profitiert auch Ryanair von insgesamt gestiegenen Preisen aufgrund der weiter hohen Nachfrage. Dass sich durch die jüngsten Katastrophen auf Rhodos, Sizilien und weiteren Urlaubsregionen im südlichen Europa kurzfristig etwas am Buchungsverhalten ändern könnte, sei zumindest derzeit nicht feststellbar.

Der Gewinn der börsennotierten Airline ist so üppig, dass Ryanair weiter Maschinen beim US-amerikanischen Flugzeugbauer Boeing auf Einkaufstour geht. Fünf Flieger der Modellreihe 737-8200s sollten noch in diesem Monat ankommen. „Leider verzögert sich die Auslieferung noch etwas.“ Weitere 49 sollen bis zum Ende des Geschäftsjahres eintrudeln und die Flotte verstärken. Insgesamt erwarten die Iren noch 90 Maschinen dieses Typs und haben zusätzlich gerade 300 737 „Max-10“ geordert, die im Zeitraum von 2027 bis 2033 geliefert werden sollen.

Seit Dezember vergangenen Jahres erhält das Personal laut Ledeboer auch wieder das volle Gehalt, nachdem es in der Pandemiezeit um bis zu 20 Prozent gekürzt worden war. Nach Angaben der Pilotenvereinigung „Cockpit“ gab es vor wenigen Wochen auch eine leichte Anpassung nach oben. Demnach gibt es Einmalzahlungen als Inflationsprämie und ein kleines einstelliges Plus beim normalen Gehalt. „Bei Ryanair wird es genau wie bei anderen europäischen Fluggesellschaften immer mehr zum Usus, mit zweierlei Maß zu messen“, übt Stefan Herth, Präsident der Vereinigung Cockpit, deutlich Kritik. „Während die Führungsriege für sich selbst wieder aus dem Vollen schöpft, sind die Belegschaften zum Sparen verdammt, um vom Management formulierte Unternehmensziele zu erreichen. Das Management hat die Verhältnismäßigkeit aus dem Blick verloren und ignoriert die Belange der Beschäftigten. Nachhaltige Personalpolitik funktioniert anders.“

Damit meint Cockpit-Präsident Herth die Tatsache, dass Ryanair-Chef O’Leary erstens bereits seit Sommer 2022 sein Vorkrisengehalt bezog und zweitens künftig 1,2 Millionen Euro im Jahr als Grundgehalt sowie die Aussicht auf einen Bonus in Höhe von 600.000 Euro erhalten soll, um die Motivation nicht zu verlieren. Damit liege er laut Cockpit allein beim Grundgehalt um 240 Prozent über dem Niveau des vorangegangenen Geschäftsjahres (500.000 Euro).

Dabei wird bei Ryanair weiter genau auf die Kosten an den Airports geachtet. In Deutschland wird Ryanair kurzfristig daher wohl keine neuen Flieger stationieren. Und nur dort, wo die Kosten für Starts und Landungen aus irischer Sicht akzeptabel, also maximal niedrig sind, werden neue Strecken angeboten. Von 14 Verkehrsflughäfen in Deutschland wird derzeit geflogen, nur an sieben sind Ryanairflieger mit entsprechender Crew stationiert.

Starker Start in Paderborn/Lippstadt

Die drei Flughäfen, die Ledeboer in dieser Woche besuchte, erfüllen diese irischen Kriterien offenbar. Erst Münster-Osnabrück (FMO), dann Paderborn/Lippstadt (PAD) und anschließend Dortmund (DTM). „Hier in Dortmund haben wir in diesem Jahr Zehnjähriges. Wir sehen hier ein stabiles Wachstum. Paderborn ist seit diesem Sommer ebenfalls in unserem Netzwerk, mit einem guten Einzugsgebiet und effizientem Betrieb. Unsere Spanienstrecken am PAD sind sehr gut ausgelastet“, schwärmt Annika Ledeboer vom wieder aufstrebenden Airport an der Grenze zwischen Ost- und Südwestfalen.

Neue Flugziele hat die Ryanair-Repräsentantin bei ihrer NRW-Rundreise nicht vereinbart, weder in Münster, noch Paderborn oder Dortmund. Mit dem Shuttlebus (irisch sparsam) geht es für die Ryanair-Managerin vom DTM zum Hauptbahnhof in Dortmund und mit dem Zug über Frankfurt nach Nürnberg, um die Familie in der fränkischen Heimat zu besuchen. Neue Aufkleber auf den weinrot-metallicfarbenen Reisekoffer kommen also einstweilen nicht dazu.

27 Prozent plus im Paderborner Sommergeschäft

Der Flughafen Dortmund macht noch keine genauen Angaben zum Sommergeschäft. Man sei mit der aktuellen Passagierentwicklung „zufrieden“, auch im Sommergeschäft.

Vom Flughafen Paderborn/Lippstadt sind in den Sommerferien in diesem Jahr bereits 67.834 Fluggäste gezählt worden (Stand: 26, Juli 2023). Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum waren es 53.413 Fluggäste. Eine Steigerung um 27 Prozent. Die Prognose am PAD lag bei einem Plus von zehn Prozent.