Essen. Die EVG hat die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn abgebrochen, es droht ein unbefristeter Streik. Die Auswirkungen wären auch in NRW spürbar.
Die Tarifverhandlungen zwischen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Deutschen Bahn sind gescheitert. Es drohen unbefristete Bahn-Streiks - ausgerechnet zur Sommer-Reisezeit. Das hätte natürlich auch Auswirkungen auf den Reiseverkehr in NRW. Wir haben einige Reaktionen aus NRW eingeholt.
Der Fahrgastverband „Pro Bahn“ achte die Tarifautonomie, so Sprecher Detlef Neuß. „Aber ein Streik schadet der Mobilitätswende. Gerade jetzt kurz nach der Einführung des Deutschlandtickets ist er kontraproduktiv.“ Wer in den NRW-Ferien geplant habe, seine Urlaubsreise mit der Bahn anzutreten, komme ins Grübeln: „Wenn ich in Oberstdorf sitze und nicht mehr zurückkomme, nützt mir auch eine Fahrpreiserstattung nichts.“
Es drohen Streiks in den Stellwerken
Pro Bahn fordert: Wenn Nahverkehr als Daseinsvorsorge gilt, müsse auch bei Streik eine Mindestversorgung sichergestellt werden. „Es kann nicht sein, dass Fahrgäste die einzigen Leidtragenden sind, wenn sich Bahn und Gewerkschaft nicht einigen können“, so Neuß.
Zumal Angebot und Forderungen nahe beieinander lägen: Vor wenigen Tagen hatten sich EVG und das Bahnunternehmen Transdev geeinigt, das unter anderem die Rhein-Ruhr-Bahn am Niederrhein und im Münsterland betreibt. Das Gehaltsplus bei Transdev unterscheide sich minimal vom letzten Angebot der Bahn. Transdev wird womöglich im Streikfall dennoch nicht fahren, da Arbeitsniederlegungen in Stellwerken drohen. Betroffen wäre neben Transdev auch National-Express, das die RRX-Linien betreibt.
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Streiks sind "nicht die Perspektive", mit der man in den Urlaub fahren will
Der Lobbyverband „Allianz pro Schiene“, in dem Bahn und Gewerkschaften wie GdL und EVG organisiert sind, wird ebenfalls überraschend deutlich: „Den Fahrgästen ist ein sich weiter in die Länge ziehender Tarifkonflikt zwischen Bahn und EVG nur noch schwer vermittelbar. Unbefristete Streiks sind wahrlich nicht die Perspektive, mit der die Menschen im Land in ihren Sommerurlaub fahren wollen“ so deren Geschäftsführer Dirk Flege. Man brauche eine schnelle Lösung.
EVG hatte Verhandlungen abgebrochen
Am Mittwochabend hatte die Tarifkommission der EVG die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn für gescheitert erklärt. Sie begründete den Abbruch damit, dass die von der Bahn angebotene Gehaltserhöhung zu niedrig sei und zu spät komme. Die dabei vorgesehene Vertragslaufzeit von 27 Monaten sei „deutlich zu lang“, hieß es. Die Bahn reagierte mit Unverständnis.
Der Tarifkonflikt dauert seit Ende Februar an. Die EVG ging mit dem Ziel einer Festbetragserhöhung von mindestens 650 Euro im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen in die Gespräche. Die Laufzeit sollte nach ihren Vorstellungen ein Jahr betragen.
Die Bahn hat nach eigenen Angaben zuletzt einen hohen Festbetrag, 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie und weitreichende strukturelle Verbesserungen bei 27 Monaten Laufzeit des Tarifvertrags in Aussicht gestellt. Die Details nannte sie nicht.
Elf Millionen Deutschlandtickets verkauft
Die Streikdrohung kommt gut sieben Wochen nach dem Start des Deutschlandtickets. Dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zufolge sind bislang bis zu elf Millionen Ticket-Abos verkauft worden. In NRW bevorzugen die meisten Kunden in den ersten Wochen nach dem Start des 49-Euro-Tickets die klassische Chipkarte. (mit dpa)