Essen. Der Essener Chemiekonzern Evonik spürt Gegenwind. Der Betriebsgewinn ist eingebrochen. Der Vorstand reagiert mit einem Sparprogramm.

Zum Jahresauftakt hat der Essener Chemiekonzern Evonik einen Gewinneinbruch erlitten. In den ersten drei Monaten stürzte das Betriebsergebnis (bereinigtes Ebitda) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 44 Prozent auf 409 Millionen Euro ab, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. „Der Jahresauftakt war alles andere als schön. Er war sogar noch etwas weniger schön, als wir ohnehin schon befürchtet hatten“, kommentierte Evonik-Vorstandschef Christian Kullmann die Ergebnisse.

Das erste Quartal 2023 sei von einer schwachen Nachfrage geprägt gewesen, besonders in den ersten Wochen des neuen Jahres hätten die Evonik-Kunden Lagerbestände abgebaut, berichtet der Vorstand des Chemiekonzerns. Der Umsatz fiel Unternehmensangaben zufolge um elf Prozent auf rund vier Milliarden Euro. Die Absatzmengen seien um 14 Prozent zurückgegangen. Nach einem schwachen Start ins Jahr habe sich allerdings eine gewisse Erholung abgezeichnet, sagte Kullmann: „Sowohl im Februar als auch im März konnten wir ein höheres Ergebnis als im Vormonat ausweisen.“

Für das Gesamtjahr geht Evonik davon aus, „eher das untere Ende“ der angestrebten Gewinnziele zu erreichen. Der Konzern hat bislang eine „Prognosespanne“ von 2,1 bis 2,4 Milliarden Euro für das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) veröffentlicht. Sinkende Preise bei einem für Evonik wichtigen Produkt hinterlassen Spuren in der Bilanz: Beim Tierfutter-Zusatzstoff Methionin, der unter anderem in der Hühnerzucht zum Einsatz kommt, spürt der Essener Chemiekonzern eigenen Angaben zufolge Preisdruck.

Mit Kostensenkungen will der Evonik-Vorstand gegensteuern. „Sparmaßnahmen durch weniger externe Berater, strengere Reisevorschriften sowie Disziplin bei Neueinstellungen tragen erste Früchte“, teilt das Unternehmen mit. Der Großteil der angestrebten Einsparungen in Höhe von 250 Millionen Euro werde allerdings erst im weiteren Jahresverlauf realisiert.

Firmenverkäufe sollen Kasse von Evonik füllen

Geld soll auch durch einen Firmenverkauf in die Kasse kommen. Vom Geschäft mit Superabsorbern, die für Babywindeln gebraucht werden, will sich der Vorstand um Christian Kullmann trennen. „Potenzielle Bieter wurden im März angesprochen und der Prozess schreitet planmäßig voran“, heißt es in der Quartalsbilanz. „Wir streben eine Unterschrift in diesem Jahr an“, sagte die neue Evonik-Finanzchefin Maike Schuh kürzlich vor Journalisten in Essen. Im Superabsorber-Bereich arbeiten Unternehmensangaben zufolge rund 1000 Beschäftigte weltweit, etwa die Hälfte davon in Krefeld. Der Umsatz des Geschäfts liege bei jährlich rund 900 Millionen Euro. Insgesamt gehören weltweit 34.000 Beschäftigte zum Evonik-Konzern.

Noch größer als der Superabsorber-Bereich ist ein weiteres Geschäft, das auf der Verkaufsliste des Vorstands steht: der sogenannte C4-Verbund, der in der Konzernbilanz bisher für rund zwei Milliarden Euro steht – mehr als ein Zehntel des gesamten Umsatzes von Evonik. „Auch für die C4-Chemie ist unser

Evonik-Chef Christian Kullmann: „Der Jahresauftakt war alles andere als schön. Er war sogar noch etwas weniger schön, als wir ohnehin schon befürchtet hatten.“
Evonik-Chef Christian Kullmann: „Der Jahresauftakt war alles andere als schön. Er war sogar noch etwas weniger schön, als wir ohnehin schon befürchtet hatten.“ © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Zeitplan, dass wir uns in diesem Jahr mit einem Käufer einigen möchten“, berichtete Finanzchefin Schuh. In der C4-Chemie arbeiten ihren Angaben zufolge etwa 1000 Beschäftigte. Insbesondere am nordrhein-westfälischen Standort Marl spielt das Geschäft eine bedeutende Rolle, außerdem im belgischen Evonik-Werk Antwerpen.

„Zeitdruck haben wir nicht. Einen Verkauf unter Wert wird es mit uns nicht geben“, betonte die Managerin. Wie aus der aktuellen Quartalsbilanz hervorgeht, verzeichnet Evonik derzeit bei den Produkten des C4-Verbunds sinkende Preise. C4-Chemikalien sind die Basis für zahlreiche Alltagsprodukte – zum Beispiel für Kunststoffe und Beschichtungen, etwa in Autos oder PVC-Böden.

Der Evonik-Konzern gehört mehrheitlich der RAG-Stiftung, die auf dem Essener Welterbe-Areal Zollverein residiert. Aufgabe des Stiftungskonzerns ist es, Geld für die Ewigkeitskosten des Steinkohlenbergbaus zu erwirtschaften. Evonik war in den vergangenen Jahren ein verlässlicher Dividenden-Lieferant. Die Stiftung will Anfang Juni ihre Jahresbilanz für 2022 vorlegen.

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