Hagen. Immer mehr Landwirte wollen laut Deutschem Bauernverband Bio-Landbau betreiben. Markus Rippin ist Inhaber des Marktforschungsunternehmens „AgroMilagro research”, das im vergangenen Oktober die Studie „Öko-Absatzpotentiale in NRW” vorgelegt hat.

Denken in der Tat immer mehr Landwirte über eine Umstellung auf Öko-Landbau nach?

Markus Rippin Foto: wp
Markus Rippin Foto: wp © rippin

Markus Rippin: Ja. Wenn die Politik eindeutige Signale sendet und die vorübergehende Verunsicherung überwunden ist, werden vermehrt Betriebe umstellen. Aber davor ist ist es unerlässlich, konkrete Abnahmeverträge zu haben, denn der Bio-Markt ist noch klein. Und kleine Schwankungen haben gleich große Auswirkungen.

Sind die Boomjahre der Bio-Branche nicht vorbei?

Rippin: Auf keinen Fall. Das abgeschwächte Umsatzwachstum ist keine Überraschung, eine natürliche Entwicklung. Die gesellschaftlichen Trends zeigen in Richtung pro Öko. Zwar drückt die Wirtschaftsituation deutlicher auf die Bremse als angenommen, aber der mittelfristige Trend ist eindeutig positiv.

Was macht Sie so optimistisch?

Rippin: Gerade in Zeiten globaler Finanzkrisen ist ein verantwortungsbewusster Umgang mit den Ressourcen und eine langfristig nachhaltige Wirtschaftsweise vom Erzeuger über die Vermarktung bis hin zu den Finanzinstituten der richtige Weg. Wir müssen eine neue tragfähige Lebens- und Wirtschaftskonzeption erarbeiten, und dabei können wir viel von den Bio-Pionieren lernen. Eben nicht immer nur Gewinnmaximierung.

Welche Rolle spielen Discounter?

Rippin: Solange sich die Markenhersteller und Naturkostfachgeschäfte nicht eindeutiger profilieren, bleibt dem Kunden eigentlich nur übrig, das billigste Bio zu kaufen. Das ist der Hauptgrund, warum Bio im Discount boomt, obwohl das Vertrauen in diese Unternehmen nicht sehr groß ist, wie das Meinungsforschungsinstitut Emnid ermittelt hat. Aber wenn ich nur den Preis als Unterscheidungsmerkmal habe und kaum in die Kommunikation investiert wird, ist der Discount der Gewinner.

Ist der Biomarkt unübersichtlicher geworden?

Rippin: Ja. Das ist aber in einem weltweit rasch wachsenden Markt nicht ungewöhnlich ist. Sogar unvermeidlich.

Ist die Branche anfälliger für Betrüger geworden? Provoziert der Preisabstand zwischen konventionell produzierten Waren zu Ökoprodukten Verbrauchertäuschungen?

Rippin: Anfällig war sie schon immer, da Preisaufschläge immer zu solchen Spekulationen verleiten. Je mehr Betriebe auf den Markt kommen, umso unübersichtlicher wird es - wenn nicht gleichzeitig die Kontrollkapazitäten mitwachsen.

Reichen die derzeitigen Kontrollsysteme aus?

Rippin: Nein. Die sind zu schwach ausgeprägt. Intensivere Kontrollen würden deutlich mehr kosten, und davor hat man bislang zurückgeschreckt. Zudem haben die Kontrollstellen zu wenig Durchblick über ihre Kontrolldaten. Eine Gegenprüfung passiert nicht oder nicht ausreichend systematisch, so dass Unregelmäßigkeiten nicht auffallen. Auch arbeiten die Kontrollstellen zu wenig miteinander.

Welche Auswirkungen haben Skandale wie der jüngste in einem ostwestfälischen Betrieb, der Bio-Geflügel auch mit konventionellem Futter gemästet haben soll?

Rippin: Die Auswirkungen könnten verheerend sein. Es sieht aber so aus, dass der Fall ein Einzelproblem ist. Das sollte jedoch nicht davor zurückhalten, das komplette Kontrollsystem auf den Prüfstand zu stellen. Und schwarze Schafe müssten öffentlich genannt werden können.

Die Fragen an Markus Rippin stellte Rolf Hansmann.