Mönchengladbach. Die Gewerkschaft Verdi fordert für die Beschäftigten im NRW-Logistikzentrum einen Tarifvertrag. Der Druck habe bereits etwas bewirkt.

Mitten in der heißen Phase des Weihnachtsgeschäftes haben Beschäftigte im Logistikzentrum des Online-Versandhändlers Zalando in Möchengladbach die Arbeit niedergelegt. Seit dem frühen Donnerstagmorgen, 5.30 Uhr, hat die Gewerkschaft Verdi Beschäftigte zum Streik aufgerufen. Der Streik soll bis Samstagfrüh, 5.30 Uhr, laufen.

Ähnlich wie beim Online-Versandriesen Amazon fordert die Gewerkschaft auch von Zalando einen „Anerkennungstarifvertrag“ für seine Beschäftigten: „Damit sollen die Regelungen der Flächentarifverträge des Einzelhandels in NRW gelten“, sagt Verdi. Für die Gewerkschaft ist es „eindeutig, dass Zalando ein Einzelhändler ist“, sagt Verdi-Sekretär Guido Meinberger am Donnerstag auf Anfrage. Laut Verdi gelte bei Zalando bis dato kein Tarifvertrag. Der Online-Versandhändler zahle höchstens in „Anlehnung“ an Tarifverträge der Logistikbranche. Diese aber lägen etwa beim Stundenlohn gut vier Euro unter denen des Einzelhandels, heißt es bei Verdi.

Zalando-Logistikzentrum in Mönchengladbach: Mehrere Hundert Beschäftigte streiken

Im Logistikzentrum von Zalando in Mönchengladbach sind laut Verdi etwa 1700 Beschäftigte tätig, nur ein Teil von ihnen sei gewerkschaftlich organisiert. Verdi spricht von insgesamt etwa 600 organisierten Mitarbeitern, die verteilt auf mehrere Arbeitsschichten bis Samstagfrüh jeweils die Arbeit niederlegen. Hinzu kämen etwa 700 Leiharbeitnehmer, die wegen des Weihnachtsgeschäfts zusätzlich im Lager tätig seien; „Diese Arbeitskräfte dürfen während eines Streiks jedoch vom Arbeitgeber nicht eingesetzt werden“, erklärt Meinberger. Damit fehlten Zalando bis Samstag täglich etwa 1300 Arbeitskräfte, um den Paketversand für die letzten Tage des Weihnachtsgeschäft logistisch im geforderten Tempo abzuwickeln. Lesen Sie auch: Nach Zalando-Übernahme: Verschwindet About You jetzt als Marke?

Bei Verdi geht man deshalb davon aus, dass der Streik die Zalando-Geschäftsführung zu einem Einlenken bewegen könnte. Schon vorangegangenen Streik-Aktionen hätten Wirkung gezeigt, sagt Guido Meinberger: Kurz vor der ersten Arbeitsniederlegung am 1. Juli diesen Jahres hätte Zalando seinen Beschäftigten eine deutliche Lohn- und Gehaltserhöhung zugesprochen, um 7,6 Prozent, „statt, wie bisher, maximal 1,5 Prozent“, berichtet Meinberger. Dennoch lägen Löhne und Gehälter „immer noch deutlich unter dem tarifvertraglichen Stundenlohn.“

Verdi: Arbeitnehmer haben von Zalando bereits Verbesserungen ertrotzt

Auch beim Urlaubsanspruch seien Zalando durch die bisherigen Streikmaßnahmen Verbesserungen abgerungen worden, sagt Meinberger: Statt bis dato 26 Tage im Jahr sei die Zahl der Urlaubstage für neue Vollzeitbeschäftigte auf 27 Tage im ersten Beschäftigungsjahr erhöht worden und in der Folge gestaffelt bis auf 30 Tage nach dem dritten vollen Kalenderjahr. Dies sei zweifellos gut für die Beschäftigten, Verdi aber störe sich daran, dass Zalando dies „nach Gutsherrenart“ entscheide, sagt Meinberger. Ein Tarifvertrag gebe den Beschäftigten Regelungen dagegen auf klarer Basis.

Der Streik im Zalando-Logistikzentrum Mönchengladbach umfasse alle fünf Arbeitsschichten am Tag, sagt Meinberger bis einschließlich Samstagfrüh, 5.30 Uhr. Für Freitag sei eine Menschenkette um das Logistikzentrum geplant.

Zalando sieht durch Streik derzeit „keine Einschränkungen für unsere Kunden“

Laut Verdi hat Zalando insgesamt drei Logistikzentrem in Deutschland. Von Mönchengladbach würden Pakete und Päckchen bundesweit versandt, auch in die Schweiz, die Niederlande und nach Belgien.

Bei Zalando gab man sich am Donnerstagmorgen unbeeindruck von dem Streik. „Die überwiegende Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen beteiligt sich nicht an den Aktivitäten, weshalb der Betrieb im Logistikzentrum weiter läuft“, sagte ein Sprecher. Das Unternehmen verfüge über ein europaweites Logistiknetzwerk, man sehe daher „derzeit keine Einschränkungen für unsere Kunden“, teilte das Unternehmen mit. Kunden könnten sich „wie gewohnt auf eine zuverlässige Lieferung ihrer Bestellungen verlassen.“

Zalando bestätigte, dass derzeit kein Tarifvertrag für die Beschäftigten gelte und sich das Unternehmen „an branchenüblichen Vergütungen für Logistiktätigkeiten orientiert.“  

Verdi-Streik auch bei zwei Amazon-Standorten in NRW

Die Gewerkschaft Verdi hat auch beim Online-Riesen Amazon in NRW zum „Weihnachtsstreik“ aufgerufen. An den Logistik-Zentren Dortmund und Werne kündigte Verdi „gezielte Streikaktionen“ an. Neben dem Kampf für einen Tarifvertrag gehe es dabei auch gegen Arbeitsplatzabbau. So habe Amazon in Werne bereits 150 Jobs gestrichen. Am Standort Dortmund stünden zudem „problematische Arbeitsbedingungen im Fokus“, teilte Verdi mit.

Ein Amazon-Sprecher wies die Vorwürfe am Donnerstag „scharf zurück“. Der von Verdi behauptete Stellenabbau sei „Unsinn“. Vielmehr investiere Amazon in Werl und Dortmund stark in den Standort und werde etwa im neuen Jahr in Werne 600 bis 800 neue Jobs schaffen. Auch Amazon gab sich zudem unbeeindruckt von den Streikmaßnahmen. Die bestreikten Logistikzentren, vor allem das in Werl, seien als „Umverteilzentren“ nicht im direkten Kundenverkehr. Kunden könnten sich deshalb „auf schnelle und zuverlässige Lieferungen ihrer Weihnachtsbestellungen verlassen.“

(dae)