Essen. In Hamburg soll der Pilotabschluss für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie erzielt werden. Anderfalls drohen 24-Stunden-Streiks.

Die wichtigste Tarifrunde des Jahres in der Metall- und Elektroindustrie steht kurz vor einem möglichen Pilotabschluss. Doch der soll diesmal nicht wie sonst in Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen ausgehandelt werden, sondern in Hamburg. Deshalb blicken auch die NRW-Verhandlungsführer gebannt in die Hansestadt. Denn die IG Metall hat ihren Verhandlungsführern Horst Ott (Bayern) und Daniel Friedrich (Küste) ausdrücklich den Auftrag gegeben, einen Abschluss für alle bundesweit fast vier Millionen Beschäftigten anzustreben.

Kommt in der Nacht zum Dienstag der erhoffte Durchbruch, müssen Knut Giesler, NRW-Chef der IG Metall, und Arbeitgeber-Präsident Arndt Kirchhoff prüfen, ob sie ihn so oder in abgeänderter Form übernehmen können. Kommt keine Einigung, will die Gewerkschaft erstmals in diesem Tarifkonflikt zu 24-Stunden-Streiks aufrufen und die Arbeitgeber damit empfindlich treffen.

Pilotabschluss von Küste und Bayern wäre ein Novum - NRW blickt gebannt nach Hamburg

Sollte im hohen Norden ein Pilotabschluss gelingen, wäre dies ein Novum: Denn erstmals verhandeln die Metall-Tarifbezirke Küste und Bayern in der vierten und womöglich entscheidenden Runde gemeinsam, sowohl Arbeitgeber als auch Gewerkschafter aus Bayern sind dafür nach Hamburg gereist, sitzen sich zur Stunde mit ihren Pendants von der Küste gegenüber. Sie vertreten Beschäftigte aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Bremen und Niedersachsen. Vor Ort sind, wie bei entscheidenden Runden üblich, auch IG-Metall-Chefin Christiane Benner und Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf, die einem Pilotabschluss zustimmen müssen.

Auch interessant

Man hat sich auf eine lange Nacht eingestellt. Da die beiden Seiten vor dieser Runde noch sehr weit auseinander lagen, ist kein schneller Abschluss zu erwarten. Wenn, dann wird die Einigung wohl am frühen Dienstagmorgen verkündet. Gewerkschaftschefin Benner erhöhte vor Beginn der Verhandlungen noch einmal den Druck, indem sie längere Streiks androhte: „Entweder wir kriegen ein Ergebnis, mit dem wir gut durch die Tür kommen. Oder wir müssen eine Stufe drauflegen und in die 24-Stunden-Warnstreiks gehen“, sagte sie bei einer Kundgebung in Hamburg.

Zuletzt lagen die Tarifparteien auch in NRW vor allem beim Thema Lohnerhöhung noch sehr weit auseinander. Die IG Metall fordert sieben Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Arbeitgeber boten zuletzt eine zweistufige Erhöhung um insgesamt 3,6 Prozent an – allerdings nach einigen Nullmonaten und für eine Laufzeit von 27 Monaten. Für die Monate Oktober 2024 bis Juni 2025 soll es keine Erhöhung geben. Ab Juli 2025 sollen die Entgelte um 1,7 Prozent erhöht werden und im Juli 2026 um weitere 1,9 Prozent.

Beim Lohn sind IG Metall und Arbeitgeber noch weit auseinander

NRW-Bezirksleiter Giesler lehnte das strikt ab: „Die Entgelterhöhungen kommen deutlich zu spät, sie sind viel zu niedrig und die Laufzeit ist zu lang“, sagte er nach der zweiten Runde, in der die Arbeitgeber dieses Angebot vorgelegt hatten. Arbeitgeber-Verhandlungsführer Arndt Kirchhoff, betonte dagegen die aktuell schwierige Lage der Metall- und Elektroindustrie, die sich zudem „Woche zu Woche weiter verdüstert“. Wegen der bedrückenden Prognosen hätten sich die Metallarbeitgeber deshalb „ausgesprochen schwergetan“, überhaupt ein Angebot mit Lohnerhöhungen vorzulegen.

Auch interessant

Sollten die designierten Zielverhandlungen scheitern, will die Gewerkschaft den Konflikt eskalieren. Bereits in den vergangenen Tagen und Wochen haben Tausende Beschäftigte auch in NRW die Arbeit stundenweise niedergelegt. Dass dies in der Regel keine großen Auswirkungen auf die Produktion ihrer Betriebe hat, soll sich im Falle gescheiterter Gespräche nach der vierten Runde ändern. Küste-Bezirksleiter Daniel Friedrich kündigte auch im Hinblick auf die Flugzeug- und Autoproduktion baldige 24-stündigen Warnstreiks an und sagte: „Dann geht kein Flugzeug raus, dann geht kein Auto raus.“ Streikt ein Großteil der Beschäftigten in den oft im Schichtbetrieb gefahrenen Werke, steht die Produktion still.