Berlin. Hohe Kosten beim Tierarzt sorgen bei Tierhaltern für Unmut. Doch die Anpassung war überfällig. Halter sollten frühzeitig nach Lösungen suchen.
Der Besuch beim Tierarzt ist teurer geworden. Die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT), die seit dem 1. November 2022 gilt, stellt für viele Tierhalter eine zusätzliche Belastung dar. Doch wer hier von unverhältnismäßigen Preiserhöhungen spricht, verkennt die Realität. Die Anpassung der GOT war überfällig. Die GOT legt verbindlich fest, wie viel eine tiermedizinische Behandlung kosten darf, nach Art der Untersuchung, Zeitaufwand, Schwierigkeit des Eingriffs und Spezialisierung der Praxen und Kliniken – Tierärzte können ihre Preise nicht selbst bestimmen.
Seit 1999 gab es keine grundlegende Überarbeitung der GOT, nur zwei Erhöhungen um zwölf Prozent in den Jahren 2008 und 2017. Über 23 Jahre hinweg ergibt das knapp ein Prozent pro Jahr – viel zu wenig, vor allem um die wachsenden Kosten in den Praxen selbstständiger Tierärztinnen und Tierärzte aufzufangen.
Während die durchschnittlichen Löhne der Arbeitnehmer in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren um rund 50 Prozent gestiegen sind, hinken Tierärzte deutlich hinterher. Und das in einem Beruf, der hohe akademische Anforderungen und enorme Verantwortung mit sich bringt.
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Studien zeigen: Tierärzte haben eine hohe psychische Belastung
Wer den Beruf ausüben will, braucht ein Einser-Abitur oder viele Wartesemester. Nach mindestens elf Semestern an der Uni geht es dann in die Praxis. Das Einstiegsgehalt liegt laut Sparkasse dabei monatlich lediglich zwischen 2200 und 3000 Euro brutto. Zum Vergleich: Assistenzärzte in der Humanmedizin starten laut der Arbeitgeber-Vergleichsplattform Kununu mit einem durchschnittlichen Bruttogehalt von 5475 Euro.
Gleichzeitig ist die Arbeit von Tierärzten nicht nur kognitiv anspruchsvoll, sondern auch körperlich fordernd. Die psychische Belastung ist enorm – laut einer 2021 veröffentlichten Studie des „Journal of the American Veterinary Medical Association“ haben Tierärzte die höchste Suizidrate aller Berufsgruppen.
Tierversicherungen könnten Abhilfe schaffen – müssten aber flexibler werden
Für Tierhalter bedeutet das: Ja, die Kosten sind gestiegen, und für manche Menschen sind sie zu hoch. In Deutschland sind bislang nicht viel mehr als zehn Prozent der Haustiere versichert. Dabei könnten Tierversicherungen Abhilfe schaffen – allerdings nicht, wenn die Versicherung für einen älteren Hund 1000 Euro im Jahr kostet. Außerdem müssten die Versicherungen flexibler werden und auch Kleintiere wie Nager abdecken. Es darf auch nicht sein, dass eine Versicherung nach 15 Jahren Einzahlungen plötzlich kündigt, weil ein Tier chronisch krank geworden ist.
Besonders für Menschen mit geringen finanziellen Mitteln stellt das gestiegene Kosten-Niveau eine Herausforderung dar. Hier braucht es bessere Lösungen. Staatliche oder kommunale Unterstützung oder spezielle Hilfsfonds könnten eine Möglichkeit sein, bedürftige Tierhalter zu entlasten. Kranke Tiere dürfen nicht an Tierschutzorganisationen oder Tierheimen hängen bleiben, die oft auf Spenden angewiesen sind und selbst unter finanziellen Engpässen leiden.
Wer sich ein Tier anschafft, sollte sich der Kosten bewusst sein
Am Ende liegt die Verantwortung aber bei den Tierhaltern. Wer ein Haustier anschafft, muss die laufenden Kosten für medizinische Versorgung einplanen – Impfungen, Zahnbehandlungen und Check-ups gehören dazu. Nicht zu vergessen: Oftmals machen Medikamente den Großteil der Tierarztrechnung aus, weniger die ärztliche Leistung selbst.
Wer keine Versicherung abschließen möchte, sollte nach Möglichkeit frühzeitig ein finanzielles Polster schaffen. Denn die Gesundheit der Haustiere hängt von gut ausgebildeten und fair bezahlten Tierärzten ab.