Essen. Verbände kritisieren, dass Banken immer mehr Debitkarten ausgeben, die Händler teilweise aber nicht annehmen. Was Lösungen dafür sein könnten.

„Mit Karte bitte“: Diesen Satz hören Einzelhändler, Supermärkte oder Restaurants täglich. Das Zahlen ohne Scheine und Münzen wird immer beliebter. Ärgerlich nur, steht man als Kunde mit einem vollen Einkaufskorb an der Kasse und die bargeldlose Zahlung wird nicht akzeptiert. Das passiert vermehrt bei der Nutzung von Debitkarten. Das Problem ist schon länger bekannt, aber immer noch aktuell. Banken teilen die Karten immer mehr aus, aufgrund von höheren Gebühren gegenüber der Girokarte nehmen viele Händler sie aber nicht an. Die Nutzerinnen und Nutzer können das vorher gar nicht wissen.

Zahlen des Kölner Handelsinstituts EHI zum Einzelhandelsumsatzes 2023 zeigen, dass die Girocard (Nachfolger der EC-Karte) immer noch die beliebteste Zahlungsmethode in Deutschland ist. Sie liegt mit 42,4 Prozent des Gesamtumsatzes deutlich vor Kreditkarten im klassischen Sinne (8,6 Prozent) und deren neuen Debitvarianten (4,1 Prozent). Aber: Vor allem Visa Debit und mit Abstrichen auch Debit Mastercard weisen aktuell das größte Wachstum auf. Ihr Anteil lag im Vorjahr noch bei 2,9 Prozent.

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Die verstärkte Nutzung dürfte mit der Einstellung der Maestro-Funktion Mitte 2023 zusammenhängen, die bisher Zahlungen und Geldabhebungen im Ausland per Girokarte ermöglichte. Die neue Debitkarte vereint nun die Funktionen von Giro- und Kreditkarte: Sie erlaubt Zahlungen im Internet und Ausland, das Abheben von Bargeld und das Bezahlen in Geschäften. Im Gegensatz zur Kreditkarte wird der Betrag bei der Debitkarte jedoch sofort abgebucht, nicht erst nach vier Wochen.

Debitkarte: Deutliche höhere Gebühren für Händler als bei Zahlung mit Girokarte

Die Debitkarte stößt insbesondere bei Kreditvergaben, wie zum Beispiel bei Hotelbuchungen, an ihre Grenzen, wenn eine Kaution hinterlegt werden muss. Auch das Geldabheben an Supermarktkassen, ein Service, mit dem viele Banken werben, ist oft nicht möglich. Dafür ist dann eine Kreditkarte erforderlich. Ein häufiges Problem stellt zudem die Zahlung im Einzelhandel dar. Laut EHI nehmen viele Händler, häufig im Mittelstand, Debitkarten nicht an und bevorzugen stattdessen Barzahlung oder die Girokarte. Der Grund hierfür sind die höheren Gebühren, die bei Debitzahlungen anfallen.

Das bestätigt auch der Handelsverband NRW: „Gerade vor dem Hintergrund der steigenden Kosten, fällen manche Händler die schwierige Entscheidung, nur bestimmte Karten zu akzeptieren.“ Ein Problem ist das in ganz Deutschland.

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„Bei Zahlungen mit Girokarte fallen für Händlerinnen und Händler Gebühren von etwa 0,2 Prozent des Umsatzes an“, erklärt Ulrich Binnebößel, Abteilungsleiter für Zahlungsverkehr beim Handelsverband Deutschland (HDE). Bei Debitkartenzahlungen können die Kosten bis zu viermal so hoch ausfallen. „Außerdem müssten auch die zugehörigen Kreditkarten akzeptiert werden, was mit noch höheren Gebühren verbunden sein kann.“ Diese können zwischen ein und drei Prozent des Umsatzes liegen.

Probleme bei der Zahlung mit Debitkarte: „Dann stehen die Menschen an der Kasse und können nicht zahlen“

Während die Debitkarte für Händler zunehmend ein Kostenproblem darstellt, ist sie für Nutzer oft die günstigere Wahl. Für Kreditkarten zahlen Kunden meistens die höchste Jahresgebühr. Viele Banken erheben inzwischen auch Gebühren für die Girokarte, während Debitkarten häufig kostenlos sind. Bei der DKB zahlen Kundinnen und Kunden beispielsweise 0,99 Euro im Monat für die Girokarte, die Debitkarte ist kostenlos. Ähnlich sieht es bei der ING aus: Die Debitkarte ist kostenlos, für 0,99 € pro Monat (ab 01.12.2024: 1,49 €) kann eine Girokarte dazu gebucht werden. Bei der Düsseldorfer Targobank können sich Kunden zwischen einer Visa-Debitkarte und einer Girokarte entscheiden – beide gleichzeitig zu nutzen, geht nicht.

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„Die meisten Händler möchten Kartenzahlung anbieten, setzen jedoch auf das bewährte Girocard-System der Deutschen Kreditwirtschaft, da es für sie am kostengünstigsten ist“, sagt Binnebößel. Er kritisiert, dass Banken ihren Kunden Debitkarten ausstellen, die ausschließlich auf globale Zahlungssysteme wie Visa oder Mastercard setzen, ohne sie ausreichend über potenzielle Probleme zu informieren. Binnebößel: „Dann stehen die Menschen an der Kasse und können nicht zahlen.“

Händler müssen sich im Gegenzug jedoch bewusst sein, dass sie womöglich Kunden verlieren. Denn in Zukunft werden immer mehr Bankkunden ausschließlich über eine Debitkarte verfügen. Auch durch die Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge könnten bald noch mehr Debitkarten mit Visa oder Mastercard Bezahlsystemen im Umlauf sein. Der HDE warnt vor überhöhten Kosten für Handelsunternehmen und fordert die Politik auf, sich die Gebühren der Kartenbetreiber mit anzusehen.

Viele Bundesländer planen einen Debitkarte für geflüchtete Menschen.
Viele Bundesländer planen einen Debitkarte für geflüchtete Menschen. © dpa | Julian Stratenschulte

Starker Anstieg von Visa-Nutzung: „Wollen in die Akzeptanz in Deutschland investieren“

Visa verzeichnete im Jahr 2023 einen deutlichen Anstieg: Das Zahlungsvolumen mit Visa Debit- und Kreditkarten wuchs um 25 Prozent, wie das Unternehmen im Februar mitteilte. Die Anzahl der Debitkarten stieg auf 16 Millionen – ein Zuwachs von 33 Prozent im Vergleich zu Ende September 2022. „Das zeigt das wachsende Vertrauen von Banken, Händlern sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern in Visa und digitale Zahlungen“, heißt es von Albrecht Kiel, Regional Managing Director für Zentraleuropa bei Visa.

Die Zahl der Visa Akzeptanzstellen im stationären Handel seien außerdem auf 1,27 Millionen bis Ende Dezember 2023 gestiegen. Das entspreche einer Zunahme von 20 Prozent. „In diesem Jahr wollen wir erneut bis zu elf Millionen Euro in den Ausbau der Akzeptanz in Deutschland investieren“, so Albrecht. Was genau das heißt und ob Gebühren dadurch sinken könnten, bleibt offen.

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HDE: Karte, die alle Funktionen vereint, könnte Zukunft sein

Der HDE fordert eine Co-Badge-Lösung, die Giro- und Debitfunktion auf einer Karte vereint. „Die meisten Banken aus dem Sparkassen- und Volksbankenbereich haben sich für diese kundenfreundliche Variante entschieden“, sagt Binnebößel. Aber: Kundinnen und Kunden der Sparkasse haben mit der Kombikarte zwar keine Akzeptanzprobleme an der Kasse, zahlen jedoch bei jeder Kartenzahlung, Überweisung oder Gutschrift eine Gebühr. Die Zahlungen mit der Kreditkarte dagegen sind kostenlos.

Laut Binnebößel liegt ein weiterer Vorteil der Girokarte darin, bei Störungen das elektronische Lastschriftverfahren (ELV) zu verwenden. Hierbei bestätigt der Kunde per Unterschrift den Kauf, die Bank bucht den Betrag später ab. So könne der Kunde auch in solchen Situationen, die nicht selten vorkommen, zahlen. Das ELV funktioniere allerdings nur mit Girokarten.

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Eine neue Variante kommt aus Skandinavien und versucht jetzt, den europäischen Markt zu erobern. Das finnische Unternehmen Enfuce bringt seine E2-Karte gemeinsam mit Mastercard nach Deutschland. Das ist eine „Kombikarte“, die Debit- und Kreditfunktion auf einer Karte vereint, auf der sich zwei Zahlungskartennummern befinden. Die Nutzer müssten sich nur eine PIN merken und könnten beim Bezahlen ihre bevorzugte Zahlungsart festlegen.

Dazu sagt Ulrich Binnebößel: „Aus Kundensicht könnten zwei Funktionen auf einer Karte durchaus sinnvoll sein.“ Es müsse aber immer mitgedacht werden, dass auch dieses Modell nicht von allen Händlern akzeptiert werde. Zukunftsfähig sei eine Karte, die alle Optionen – einschließlich der Girofunktion – vereint. „Das ermöglicht dem Händler, in Absprache mit dem Karteninhaber die für den jeweiligen Geschäftsvorfall günstigere Zahlungsart zu nutzen“, so Binnebößel. Nutzer könnten dann zum Beispiel über ihr Wallet, eine digitale Geldbörse, auf dem Smartphone auswählen, welche Funktion sie benötigen, ähnlich wie es zum Beispiel bei Apple Pay ist.