Berlin. Luftverkehrsexperte warnt vor drastischen Konsequenzen für Reisende und den Wirtschaftsstandort Deutschland. Was der Staat ändern muss.
Die Pläne des Billigfliegers Ryanair versetzen die Branche in Aufruhr. „Die drastische Reduzierung des Angebots von Ryanair am Flughafen Berlin-Brandenburg sollte von der Bundesregierung als eindeutiges Alarmzeichen verstanden werden: Die Kostenschraube für den Luftverkehr in Deutschland ist überdreht“, sagt Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), unserer Redaktion und fordert die Bundesregierung auf, auf die Kostenbremse zu treten.
Die Airlines kämen zunehmend zu der Ansicht, dass es sich aufgrund immer höherer Steuern und Gebühren betriebswirtschaftlich nicht mehr lohne, nach Deutschland zu fliegen. „Das ist ein fatales Signal für Reisende und den Wirtschaftsstandort. Spätestens jetzt sollte klar sein, dass dem fortlaufenden Anstieg der staatlichen Standortkosten für Luftverkehr in Deutschland ein Riegel vorgeschoben werden muss.“
Konkret fordert der Verband ein „Belastungsmoratorium bei den staatlichen Standortkosten“. Ryanair will wegen zu hoher Flughafenkosten und Steuerbelastungen sein Flugangebot 2025 am Hauptstadtflughafen Berlin (BER) um ein Fünftel streichen. Die Branche fürchtet, dass dem Beispiel andere Airlines folgen könnten.
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Flüge von Ryanair: Gebühren auf 30 Euro je Passagier verdoppelt
Fakt ist: Deutschland verlangt über die Luftverkehrsteuer, Luftsicherheitsgebühr für die Sicherheitskontrolle am Flughafen und Flugsicherungsgebühr neben den Niederlanden mit die höchsten staatlichen Standortkosten in Europa. Bereits im Jahr 2019 lag die Differenz zwischen den günstigen europäischen Flughäfen und den Standorten in Deutschland bei rund 2000 Euro pro Flug, rechnet Lang vor. „Inzwischen haben sich die Gebühren nahezu verdoppelt – und die Differenz ist auf bis zu 4000 Euro gestiegen. Das entspricht rund 30 Euro pro Passagier.“
Und damit nicht genug, warnt der Verbandschef: „2025 stehen weitere Kostensteigerungen mit entsprechend absehbaren Folgen bevor: Die maximale Höhe der Luftsicherheitsgebühr steigt von 10 auf 15 Euro, auch die Kosten für die Flugsicherung steigen weiter, da die Bundesregierung pandemiebedingte Einnahmeausfälle in Höhe von 1,2 Milliarden Euro auf die Folgejahre umlegt.“
Für Billigflugairlines wie Ryanair, Easyjet oder Eurowings, die einen durchschnittlichen Ticketpreis von 66 bis 110 Euro erheben, lohne es sich damit immer weniger, nach Deutschland zu fliegen. Vielmehr verlegen sie ihre Flugstrecken zu anderen Orten außerhalb Deutschlands. Die Folge, warnt Lang: „Bei der Erholung des Angebots nach der Corona-Pandemie verliert der Standort zunehmend Anschluss an die Entwicklung in den anderen europäischen Ländern.“
Deutlich weniger Flüge aus Deutschland
Die Folgen bekommt Deutschland längst zu spüren: Nach der Corona-Pandemie hat sich der Luftverkehr hierzulande deutlich schlechter erholt als in anderen europäischen Ländern. „Während der Luftverkehr in Deutschland im kommenden Winterflugplan nur 83 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreichen wird, steigt das Angebot im restlichen Europa auf 110 Prozent“, berichtet der BDL-Chef.
Auch die Gewerkschaft Verdi sieht die Entwicklung mit großer Sorge. „Der Luftverkehrsstandort Deutschland ist nicht per se gesichert, sondern er ist de facto bedroht“, sagt Dennis Dacke, Verdi-Bundesfachgruppenleiter Luftverkehr, unserer Redaktion. „Insbesondere Low-Cost-Airlines (Billigflieger) sind in ihrer Kalkulation sehr eng gestrickt“, sagt der Gewerkschafter. Die hohe Steuerbelastung halte Low-Cost-Airlines fern.
Höhere Kosten könnten zu weiteren „Reduzierungen der Flugbewegungen an allen Flughäfen führen und in letzter Konsequenz auch zum Abbau von Arbeitsplätzen“, ist Dacke überzeugt. „Für einen gesunden Luftverkehrsstandort Deutschland braucht es angemessene Standortkosten, eine effiziente Abfertigung, eine klare Position für deutsche und europäische Airlines sowie sichere Arbeitsplätze.“