Berlin. In einem zähen Ringen einigte sich die Ampel auf den Haushalt. Jetzt sorgen zwei Gutachten für Ärger: Der Streit könnte von vorne losgehen.

Es war ein mühsamer und zäher Kompromiss: Nach monatelangem Ringen einigten sich in einer Nachtsitzung Anfang Juli Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf den Haushalt für das Jahr 2025. Von „schwierigen Verhandlungen“ war damals die Rede, manch ein Beobachter wähnte währenddessen die Koalition schon vor dem Aus.

Umso zufriedener war man, vor der Sommerpause doch noch eine Einigung gefunden zu haben. Doch von Sommerruhe keine Spur: Stattdessen könnte der ganze Haushaltsstreit von vorne losgehen – und das ausgerechnet vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, bei denen laut jüngsten Umfragen den Ampel-Parteien ein Fiasko droht.

Haushalt: Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Ampel-Pläne

Denn aus Lindners Finanzministerium gibt es erhebliche Zweifel, ob der Haushaltsplan verfassungskonform ist. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Haushalt der Ampel-Koalition vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern würde. Schon Ende 2023 kassierte Karlsruhe den Nachtragshaushalt für 2021 ein, bei dem die Ampel Haushaltslöcher mit 60 Milliarden Euro aus nicht abgerufenen Krediten aus der Corona-Pandemie stopfen wollte. Nach der Pleite musste die Ampel-Koalition ihre Pläne für den Haushalt 2024 auf Eis legen. Es folgten wochenlange Debatten um Einsparungen, was die ohnehin fragile Stimmung in der Koalition weiter verschlechterte.

Eine solche juristische Schmach wollte Lindner dieses Mal verhindern – und gab daher zwei unabhängige Gutachten in Auftrag. Nun liegen die Ergebnisse vor – und sowohl der wissenschaftliche Beirat als auch der Bielefelder Rechtsprofessor Johannes Hellermann warnen vor einem Verfassungsbruch. Entsprechend seien „weitere Gespräche innerhalb der Bundesregierung sowie im Rahmen der parlamentarischen Beratungen notwendig“, hieß es am Donnerstag aus dem Finanzministerium.

Lindner will sparen – Konflikte sind vorprogrammiert

Dass sich aus diesen Gesprächen eine schnelle Einigung ergibt, darf bezweifelt werden. Denn aus dem Finanzministerium wird auch direkt die Richtung der Gespräche vorgegeben: Es soll gespart werden. So könne man „Maßnahmen zur Stärkung der Treffsicherheit der Sozialausgaben“ ergreifen. Was nichts anderes heißt, als bei den Sozialleistungen den Rotstift anzusetzen. Zuletzt war bereits eine Debatte über das Bürgergeld entbrannt.

Doch weitere Sparvorhaben dürften bei SPD und Grünen auf massiven Widerstand stoßen. Beide Parteien plädieren für eine Reform der Schuldenbremse, sie halten die derzeitigen Schuldenregeln für zu starr. Die FDP lehnt solche Überlegungen dagegen kategorisch ab. Aus der Opposition kam prompt Kritik: „Statt auf weitere Sozialkürzungen zu drängen, sollte Lindner das Geld dort holen, wo es genug davon gibt“, sagte Linken-Chefin Janine Wissler unserer Redaktion und nannte als Beispiele die Wiedereinführung der Vermögenssteuer sowie eine Übergewinn-Steuer und das Schließen von Steuerschlupflöchern. Lindners „Kürzungswahn“ treffe die Armen und verschone die Reichen, warf Wissler dem FDP-Politiker vor.

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Haushaltsloch von 17 Milliarden Euro

Aufgrund der Schuldenbremse muss die Ampel trotz der im Juli getroffenen Einigung ein Loch von rund 17 Milliarden Euro im Haushalt stopfen. Rund neun Milliarden Euro könnten dabei aus nicht abgerufenen Mitteln aus den Ministerien kommen.

Bleibt eine Lücke von acht Milliarden Euro. Und hier wurde die Ampel kreativ: An die Deutsche Bahn und an die Autobahn GmbH sollten Darlehen vergeben werden, was bereits für Zweifel sorgte.

Doch noch gravierender ist ein weiterer geplanter Schritt, der stark an die erste Schlappe der Ampel vor dem Verfassungsgericht erinnerte: Von der staatlichen Förderbank KfW wollte man nicht abgerufene Mittel aus der Zeit der Gaspreisbremse nutzen. Eine Idee, die mit „erheblichen verfassungsrechtlichen Risiken“ verbunden sei, wie nun die Gutachten der Ampel bescheinigten.