Dortmund-Wambel. Ein Tag auf der Galopprennbahn in Dortmund: Wieso die Menschen wieder auf die Rennbahn strömen, was sie dort verwetten und was sie anziehen.
„Ich habe keine Ahnung von Pferden“, sagt Bernd Althoff und lacht. Damit steht er heute vielleicht allein da: Er verkauft in seinem Büdchen seit 10 Uhr Waffeln, Crêpes, Würstchen und Pommes auf der Dortmunder Galopprennbahn. Heute ist Renntag.
Galopprennbahn in Dortmund: Umsatz hat sich verdoppelt
Für sein Team könnte es ein umsatzstarker Tag werden. Die Sonne scheint, es ist Sonntag, 23 Grad. Fast 3000 Schaulustige sind zur Galopprennbahn in Dortmund gekommen, um sich die Pferderennen anzuschauen. Althoff hat 500 Würstchen mitgebracht – mal sehen, wie viele davon er heute verkauft.
Seit der Corona-Pandemie werden Galopprennen in Deutschland wieder beliebter. „Wir haben einen extremen Zuwachs an Zuschauerzahlen in ganz Deutschland“, sagt Oliver Sauer, der Chef der Dortmunder Galopprennbahn. Dieses Jahr habe der Umsatz auf der Rennbahn sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt, nachdem das Interesse an Pferderennen seit den 90er-Jahren eigentlich nachgelassen habe. Was vor ein paar Jahren noch wie eine Szene aus einem historischen Film wirkte, ist heute wieder im Trend.
Der Renntag bietet nicht nur schnelle Pferde. Mindestens genauso wichtig sind den Besuchern die Imbissbuden und Getränke-Stände. Frauen und Männer tummeln sich auf dem Gelände in Dortmund-Wambel, unterhalten sich und nippen an ihren Kaltgetränken. Auf der Wiese neben der Rennbahn liegen kleine Strohballen, ein paar größere Gruppen haben es sich auf Picknickdecken gemütlich gemacht. Zufriedene Hunde liegen hechelnd in der Sonne. Auch Familien sind gekommen: Neben der Galopprennbahn sind zwei Hüpfburgen aufgebaut, Kinder dürfen toben und auf Ponys reiten. 12 Euro kostet der Eintritt zur Rennbahn.
So viel Geld wetten die Besucher beim Pferderennen im Schnitt
Das meiste Geld geben die Besucher beim Wetten aus. In der Schlange vor der Wettkasse stehen Aperol Spritz nippende Frauen mit bunten Sommerröcken und eleganten Sandaletten neben Männern in ausgeblichenen Jeans und Baumwollshirt. Einige Besucher tragen Hüte, mal ausladend und auffällig, mal klein und kompakt. Die einen wollen sehen und gesehen werden, die anderen sind hier, um vielleicht mal was zu gewinnen.
Jeder und jede kann hier Geld darauf wetten, welches Pferd das Rennen gewinnen wird. Mindesteinsatz: Zwei Euro. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt. „10 bis 15 Euro pro Person werden im Schnitt gewettet“, sagt Wettberater Klaus Lukaschewski. Manche werfen aber auch mal 500 oder sogar 1000 Euro für ihr Lieblingspferd in den Topf, sagt er. Lukaschewski trägt eine gelbe Warnweste und ist am Renntag im Einsatz, um Interessierten zur Seite zu stehen und sie vielleicht auch vor unklugen Entscheidungen zu bewahren.
Auf Bildschirmen vor dem Wettbüro können die Schaulustigen sehen, auf welche Pferde am meisten Geld gewettet wird. Daraus ergibt sich die Quote: Je höher der Wetteinsatz auf ein Pferd, desto geringer die Quote, weil das Gewinnergeld dann auf mehr Menschen verteilt werden muss.
„Du hast den Spaß deines Lebens, wenn du zwei Euro wettest“
Der Wetteinsatz sei seit dem vergangenen Jahr stark gestiegen, betont Rennbahn-Chef Sauer. „Wir hatten dieses Jahr pro Renntag 45.000 Euro Bahnumsatz. Letztes Jahr waren es ungefähr 30.000 Euro“, sagt er. „Das ist teilweise 40 bis 50 Prozent höher als vergangenes Jahr.“ Das heißt: 45.000 Euro haben die Besucher an einem Tag für ihre Wetten aufs Spiel gesetzt. Viele Besucher reisen den Galopprennen in NRW hinterher: Der nächste Renntag findet am 14. Juli auf der Galopprennbahn in Mülheim an der Ruhr statt.
Ralf ist heute mit seiner Frau Tanja auf dem Gelände. Er wettet auch gerne mal mit, sagt er, aber keine hohen Beträge: „Du hast den Spaß seines Lebens, wenn du hier zwei Euro wettest“, sagt er und lacht. Dann muss er weiter, das Rennen beginnt gleich.
Dominik und Romina sind zum zweiten Mal beim Pferderennen. Das junge Ehepaar hat einen Fünfer auf das Pferd Tiamo Hilleshage gesetzt – der Favorit im zweiten Rennen des Tages. 58 Kilogramm, drei Jahre alt, fuchsfarbenes Fell. Gebannt stehen die beiden am Spielfeldrand, als die Pferde aus ihren Boxen preschen.
Die Konkurrenten von Tiamo Hilleshage haben Namen wie Walkabove, Laxxio, Shining Past oder Icon. Die größte Gefahr für Tiamo ist aber heute Waterproof – drei Jahre alt, 58 Kilogramm. Gegen den liefert sich der Tiamo Hilleshage beim 2400-Meter-Rennen ein beeindruckendes Finale, liegt erst hinter ihm und donnert dann auf der Zielgeraden an Waterproof vorbei.
Rennpferd Tiamo Hilleshage setzt sich gegen Konkurrenz durch
„Tiamo Hilleshageeeeeeeee“, brüllt der Kommentator ins Mikrofon. Die Menge neben der Rennbahn tobt– so wie Besucher der Galopprennbahn eben toben können. Hier und da wird sich mit Sekt zugeprostet, dann strömt das Publikum nach und nach von der Wiese, um sich eine Waffel oder eine Limo zu kaufen. Bis zum nächsten Rennen sind noch dreißig Minuten Zeit. Tiamo Hilleshage tänzelt aber noch einige Minuten unruhig über die Rennbahn, während sein Reiter Sean Byrne – ein Jockey in rot-blauer Jacke, weißer Hose und schwarzer Sonnenbrille – interviewt wird. Für sein Team bedeutet der Sieg ein Preisgeld von 6000 Euro.
Auch Dominik und Romina können sich freuen: Sie haben mit Tiamo auf das richtige Pferd gesetzt. Nach dem Rennen stellen sie sich wieder an der Wettkasse an, um ihren Gewinn abzuholen.
Da Tiamo Hilleshage ohnehin der Favorit im Rennen war, liegt die Quote für ihn bei 2,2. Das heißt: Wer zwei Euro auf ihn gesetzt hat, bekommt 4,40 Euro wieder. Dominik und Romina haben fünf Euro gewettet, bekommen also 11 Euro ausgezahlt. Das reicht allemal für ein Würstchen am Stand von Bernd Althoff.