Berlin. Strom gibt es zur Genüge, doch er kann nicht in die wachsende Stadt geliefert werden. Nun stellt sich die Frage: Wer ist schuld daran?
Die Stromversorgung ist sicher, wird in diesen Tagen häufig seitens der Bundespolitik verkündet. Und es stimmt ja auch: Strom ist vorhanden – und die Preise dafür haben sich auch wieder normalisiert. Doch Oranienburg in Oberhavel – immerhin Brandenburgs fünftgrößte Stadt – verkündet nun, dass die Kapazitäten ausgeschöpft seien. Man befindet sich sozusagen im „Stromnotstand“.
Die Stadtwerke Oranienburg GmbH hätten am Montag die Bundesnetzagentur darüber informiert, dass im vorgelagerten Hochspannungsnetz keine ausreichende Leistung für die wachsende Stadt zur Verfügung gestellt werden könne, hieß es am vergangenen Mittwoch in einer Mitteilung der Stadtwerke. „Damit sind die Versorgungsmöglichkeiten in der Stadt Oranienburg ausgeschöpft“, sagte Peter Grabowsky, Geschäftsführer der Stadtwerke. Kurzum: Wer jetzt noch ein Haus baut, bekommt vorerst keinen Anschluss ans Stromnetz, wer seine Produktionskapazitäten hochfahren will, bekommt dafür keinen zusätzlichen Strom. Wie konnte es so weit kommen?
Strombedarf ist aufgrund Bevölkerungswachstum stark gestiegen
Der Stromverbrauch in Oranienburg ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. 2011 lebten rund 41.000 Menschen in der Stadt, derzeit sind es etwa 50.000. Zum erhöhten Strombedarf hat unter anderem das starke wirtschaftliche Wachstum, der Zuzug von Neubürgern sowie der verstärkte Einbau von Wärmepumpen geführt, heißt es in der Mitteilung der Stadtwerke.
Auch der Bürgermeister lässt sich da zitieren: „Der Strombedarf unserer wachsenden Stadt hat sich enorm entwickelt, schneller, als es in der Vergangenheit vorausgesehen wurde. Hier zeigt sich die Herausforderung, die Infrastruktur genauso schnell auszubauen“, betont Alexander Laesicke.
Sind die Oranienburger also schlicht überrannt worden oder ist gar die Energiewende schuld? Tatsächlich hat die Stadt bereits 2019 eine Bevölkerungsprognose erstellt, die davon ausging, dass die Bevölkerung weiter wächst. Dort wurde ein Bevölkerungswachstum auf 51.000 Bewohner bis 2030 prognostiziert. Die Stadtwerke Oranienburg treiben zudem seit 2023 den Neubau eines eigenen Umspannwerks voran, das jedoch erst Ende 2026 den Betrieb aufnehmen soll. Der steigende Strombedarf ist also seit Langem Thema.
Stromversorgung seit Jahren Thema – Versagen der Geschäftsführung?
Ebenfalls seit Jahren Thema: Ein Streit zwischen dem ehemaligen Geschäftsführer der Stadtwerke, Alireza Assadi, und der Kommunalpolitik – inklusive mehrerer Klagen und einem Untersuchungsausschuss. Zwar ist Assadi bereits vor Jahren entlassen worden, doch die Stadt Oranienburg verkündete erst im März dieses Jahres, dass sie eine Schadenersatz-Klage gegen ihn prüfen lasse. Dass der ehemalige Geschäftsführer es offenbar versäumt hat, neben all der Streitereien die Stromversorgung der Gemeinde für die Zukunft zu sichern, ist nur der neueste Höhepunkt in der nicht enden wollenden Auseinandersetzung.
„Wir müssen jetzt schnellstmöglich Mittel und Wege finden, den Missstand zu beseitigen. Für die Kernstadt von Oranienburg und Sachsenhausen würde es sonst bedeuten, dass wir in den nächsten zwei bis drei Jahren nicht mehr bauen können. Mit dem Haushaltsbeschluss haben wir den Startschuss für das neue Umspannwerk gegeben. Ich denke, wir werden auch Möglichkeiten finden, um den Kapazitätsengpass zu beseitigen“, sagt Burkhard Wilde, der als Aufsichtsratsmitglied das Projekt eng begleitet.
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