Berlin. In den USA läuft ein Rennen um die Concorde-Nachfolge. Drei Firmen wetteifern um den Überschalljet der Zukunft. Aufsehen um Erstflug.
Sie gingen in die Wüste, in die Mojave-Wüste in Kalifornien. Mit der Erfolgsmeldung ließen sich die Leute von Hersteller Boom Zeit, gut zehn Tage. Erst am 2. Apri gibt die Firma über X nachträglich den Erstflug der XB-1 bekannt.
Er soll die Rückkehr eines zivilen Überschallflugzeugs markieren. Bislang gab es nur zwei Verkehrsflugzeuge dieser Art, die sowjetische Tupolew Tu-144 und die britisch-französische Concorde. Die machte ihre letzte Reise vor über 20 Jahren im Herbst 2003, doch die Legende lebt.
Auf den XB-1 folgt das eigentliche Verkehrsflugzeug
Der XB-1 ist ein Versuchsjet. Verlaufen die weiteren Tests erfolgreich, will Boom den nächsten Schritt wagen: Technik und Triebwerk für das spätere Passagierflugzeug Overture anpassen.
In den USA ist ein regelrechtes Wettrennen darüber entbrannt, wer als Erster mit einem solchen Jet auf dem Markt ist. Es konkurrieren mindestens drei Frmen:
- Das in Colorado ansässige Unternehmen kündigte für 2024 den Bau einer Fabrik an. Den ersten kommerziellen Flug stellt Boom Supersonic bis 2029 in Aussicht.
- Das Start-up Hermeus aus Atlanta will im Laufe des Jahres ein Flugzeug namens Quarterhorse Mk1 testen, öffentlich vorgestellt wurde es schon.
- Das gilt auch für X-59, eine Koproduktion zwischen dem Weltraumbehörde NASA und dem Rüstungskonzern Lockheed Martin. X-59 soll versuchsweise einige US-Städte anfliegen.
Die Mittel für die Entwicklung stammen teils von Risikokapitalgesellschaften. Teils kommen sie aus staatlichen Fördertöpfen, meist vom Verteidigungsministerium. Boom wirbt überdies damit, dass es schon 130 Overture-Vorbestellungen von Airlines vorweisen könne.
Die Nasa mischt mit und verspricht einen Leisetreter
Der Pluspunkt der Nasa ist das Versprechen, den sogenannten Überschallknall so zu dämpfen, dass die Aufsichtsbehörden Flüge über den USA erlauben. Der Jet von Boom darf wegen des Lärms nur über dem Ozean mit maximaler Geschwindigkeit fliegen.
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Zum Erstflug von XB-1 sind in erster Linie die Marketing- und Werbeabteilungen abgehoben. Ihre Erfolgsmeldungen haben indes einen Schönheitsfehler: Es gab noch keinen Überschallflug. Man wagt sich langsam und behutsam an die Schallmauer heran.
Die Maschine errechte eine Geschwindigkeit von nur etwa 440 km/h und flog auch lediglich zwölf Minuten lang. Im Zuge der nächsten 10 bis 15 Tests soll XB-1 dieses Jahr die Schallmauer durchbrechen und circa 1200 Kilometer in der Stunde fliegen.
In 3,5 Stunden in New York zum Business-Class-Preis?
Es reicht nicht, schnell zu sein. Anders als ein Militärjet muss ein Verkehrsflugzeug bequem, leise, klimafreundlich und vor allem kostengünstig sein. Marktgerecht eben.
Das war die Concorde nicht. Vollends aus der Zeit fiel sie, weil sie zu viel Sprit verbrauchte und unrentabel war. Und das, obwohl sie nur First-Class-Passagiere beförderte, die oft so steinreich waren, dass sie – wie die Marktforschung ergab – meist gar nicht wussten (oder wissen wollten?), wie viel sie dafür eigentlich bezahlt hatten.
Von Tickets zum Preis von 100 Dollar redet Boom-CEO Blake Scholl längst nicht mehr ernsthaft. Es wäre schon ein Quantensprung, wenn die Airlines einen Transatlantikflug für 60 bis 80 Passagiere von London nach New York zum Preisniveau der Business Class anbieten könnten.
Erstflug inszeniert wie ein „Top Gun“-Film
Möglich ist das. Es gab seit der Concorde – Technologie der 60er-Jahre – Fortschritte bei Aerodynamik, Materialien, Antrieb, auch im Zuge der Digitalisierung. Gegenüber CNN machte Scholl sie an einem Beispiel deutlich: Neues Design werde im Grunde im digitalen Windkanal getestet, „zu einem Bruchteil der Kosten eines echten Windkanaltests“.
Das XB-1-Programm bildet die Grundlage für Design und Entwicklung des späteren Verkehrsflugzeuges Overture. Deswegen war es so wichtig, dass Testpilot Bill „Doc“ Shoemaker den Erstflug am 22. März erfolgreich bewältigte.
Shoemaker und sein Kollege Tristan „Geppetto“ Brandenburg werden dafür gefeiert, dass sie Boom beim Erstflug in der Wüste einen Rückschlag erspart haben. Im Stil des „Top Gun“-Films werden Maschine, Pilot und Testflüge in der Dämmerung in einem Youtube-Video inszeniert. Verkauft wird: eine Vision, eine zeitgemäße Neuauflage der Concorde, die bis heute Luftfahrtfans in aller Welt begeistert.
Scholl glaubt, dass der Überschalljet sich auf der Langstrecke durchsetzen wird, so wie einst der Düsenantrieb die Propellerflugzeuge ablöste. Und er sagt in CNN voraus, „in Ihrem und meinem Leben“ würde Überschallmaschinen die heutigen Düsenflugzeuge ersetzen und dabeu „schneller, nachhaltiger und erschwinglicher“ sein.
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