Berlin. Keine Boni für Vorstände, weniger Geld vom Staat – der Sparzwang erreicht die Bahn und könnte auch zu weniger neuen ICE-Zügen führen.
Nach starker Kritik an den hohen Bonuszahlungen für die Vorstände der Deutschen Bahn stellt der Aufsichtsrat das System der erfolgsabhängigen Vergütungsanteile neu auf. Für 2023 erhalten die Vorstände des Konzerns, der DB Regio, DB Fernverkehr und DB Cargo sogar überhaupt keine Bonuszahlung, weil der Konzern Staatshilfen in Anspruch genommen hatte.
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„Die Deutsche Bahn hat für das Jahr 2023 vom Bund mehr als 50 Millionen Euro aus der Strompreisbremse erhalten. Für 2023 wird es daher keine Boni geben“, sagte Martin Burkert, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der DB und Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. „Für 2022 werden die Boni aber gezahlt.“ Aufgrund der großen Unpünktlichkeit und Qualitätsmängel bei der Bahn hatten die hohen Zahlungen zuletzt heftige Kritik ausgelöst. Bahnchef Richard Lutz erhält demnach 1,2 Millionen Euro, der Infrastrukturvorstand Berthold Huber knapp 700.000 Euro.
Laut Burkert gelten ab sofort für die „variablen Gehaltsbestandteile“ für das Führungspersonal der Deutschen Bahn strengere Regeln. So werden zum Beispiel gemeinsame langfristige Ziele zur Pünktlichkeit, Qualität und zum Betriebsergebnis der Bahn vorgegeben. Alle vier Jahre wird überprüft, ob das Management die Vorgaben erreicht und damit den Anspruch auf eine Sonderzahlung erarbeitet hat.
Deutsche Bahn: Vorstände müssen hohe Ziele erreichen
Ergänzt werden die kollektiven Ziele durch individuelle Vorgaben. „Die Ziele sind hochambitioniert“, versichert Burkert. So erhält Personalvorstand Martin Seiler die volle Punktzahl nur, wenn 86 Prozent der Auszubildenden ihre Lehre erfolgreich abschließen. Zuletzt schafften dies nur 85 Prozent. Seiler muss sich also mehr anstrengen. Auch Fernverkehrs-Chef Michael Peterson muss mehr schaffen, wenn er das Maximum an Erfolgsvergütung erhalten will. Bisher wurde er nur daran gemessen, dass Züge pünktlich auf das Gleis gesetzt wurden. Künftig gehören auch funktionierende Klimaanlagen oder Toiletten zum Kriterienkatalog. Und auch Verspätungen auf der gesamten Strecke sorgen für Abzüge.
Schwierige Zeiten erlebt die Deutsche Bahn auch durch die gekürzte Investitionssumme bis 2027, die um 13,5 Milliarden Euro geringer ausfällt als geplant. Im März will der Aufsichtsrat beschließen, welche Neu- und Ausbauprojekte deshalb erst einmal verschoben werden. Dann stehen womöglich weitere Einschnitte an.
„Alle Vorstandsbereiche müssen derzeit Sparvorschläge einreichen“, sagte Burkert dieser Redaktion. Möglicherweise steht auch ein Teil der Bestellungen für den ICE L infrage. „Das könnte womöglich über 50 bestellte ICE betreffen.“ Dies würde wiederum weitere Fragen nach sich ziehen, etwa ob die Pläne für ein weiteres Instandhaltungswerk noch vorangetrieben werden müssen.
„Wer immer noch glaubt, dass die Einsparungen schmerzfrei verlaufen, wird morgen eine böse Überraschung erleben. Es steht nicht mehr und nicht weniger als die Substanz der Zukunft auf dem Spiel“, kritisierte Burkert. „Wenn beispielsweise die Bahn aus Kostengründen ICE-Bestellungen zurücknehmen muss, dann hätte dies enorme Konsequenzen nicht nur für die Zuverlässigkeit der Schiene, sondern für die gesamte Industrie mit all ihren Beschäftigten.“ Diese permanente Arglosigkeit mache wütend, „denn damit ist die Verkehrswende insgesamt gefährdet“.
Burkert treibt noch eine weitere Sorge mit Blick auf die im Juli beginnende Generalüberholung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim um. So fehlen noch viele Busfahrer für den geplanten Schienenersatzverkehr. Da die Bahn den Fahrern Zulagen von bis zu 1000 Euro im Monat gestrichen habe, ließen sich nicht genügend Fahrer dafür finden. Dieses Problem könne auch bei den folgenden der über 30 Sanierungsprojekte auftreten, vor allem bei der Sanierung der Strecke zwischen Berlin und Hamburg.
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