Berlin. Viele Reisende nutzen Online-Tickets. Trotzdem wollen sie nicht auf Schalter und Automaten verzichten. Eine Sache ärgert sie besonders.
Bei der Deutschen Bahn buchen die meisten Kunden ihre Tickets digital. Dennoch wollen die Reisenden nicht darauf verzichten, ihre Fahrkarten auch künftig an Automaten oder Schaltern kaufen zu können. 64 Prozent finden es „eher schlecht oder sehr schlecht“, wenn sie Bahnfahrkarten künftig ausschließlich über das Internet oder Apps buchen können. Dies hat eine repräsentative Umfrage der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) unter 1000 Menschen über 16 Jahren ergeben, die dieser Redaktion vorliegt.
Besonders kritisch sehen den reinen Online-Verkauf die Älteren. 75 Prozent der Menschen über 50 Jahre halten dies für schlecht. Aber selbst unter den 16- bis 29-Jährigen der Generation Z sieht jeder zweite Befragte (49 Prozent) den reinen Online-Verkauf kritisch.
Die Chefin der Verbraucherzentrale, Ramona Pop, fordert die Bahn auf, niemanden durch die Digitalisierung zu benachteiligen: „Menschen dürfen nicht vom Ticketerwerb oder günstigen Tarifen ausgeschlossen werden, nur weil sie keinen Online-Zugang haben oder lieber ohne Angabe privater Informationen mit der Bahn fahren wollen.“ Die Deutsche Bahn müsse „ihrer Rolle gerecht werden und ihre Angebote für alle Menschen verfügbar machen“.
Deutsche Bahn: Spartickets gibt es nicht mehr am Automaten
Besonders ärgerlich für viele: Bereits heute bietet die Bahn Spar- und Superspartickets nicht mehr an ihren DB-Automaten an. Vielmehr können dort nur noch die deutlich teureren Flex-Tickets gekauft werden. Wer ein Spar- oder Superspartickets am Schalter kaufen möchte, muss dort dann eine E-Mail-Adresse oder Handynummer hinterlegen.
Pop kritisiert dieses Vorgehen scharf: „Dass ausgerechnet der Erwerb günstiger Spar- und Superspartickets erschwert wird, birgt auch soziale Sprengkraft. Diejenigen, die sowieso jeden Euro zweimal umdrehen müssen, dürfen nicht das Nachsehen haben und zusätzlich mit ihren Daten zur Kasse gebeten werden. Digitalisierung mit der Brechstange lässt zu viele Menschen zurück.“
Der Kauf von Sparpreis-Tickets an Automaten müsse weiterhin möglich sein, fordert Pop. Zudem müsse die Angabe von persönlichen Kontaktinformationen am Schalter freiwillig bleiben.
Bahn baut digitales Angebot aus
Die Deutsche Bahn hat in den vergangenen Jahren ihre digitalen Angebote deutlich ausgebaut. Aktuell buchen laut Bahn 84 Prozent aller Reisenden ihre Fernverkehrstickets per DB-App oder im Internet. „Tendenz steigend“, sagt eine Bahn-Sprecherin. Vor 10 Jahren machten dies nur 51 Prozent.
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„Digitale Services gehören für die ganz große Mehrheit der Menschen in Deutschland mittlerweile genauso zum Alltag wie bisher der Gang zum Supermarkt“, sagt die Bahn-Sprecherin. Die Bahn baut ihre digitalen Angebote deshalb weiter aus. Durch digitale Tickets könnten Kunden zudem besser darüber informiert werden, wenn sich Ankunfts- oder Abfahrtzeiten oder Gleise änderten.
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Auch die BahnCards sollen in diesem Jahr auf digitale Produkte umgestellt werden. Dies leiste auch einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit. „Allein durch den Verzicht auf die analogen Karten wird die DB 30 Tonnen Plastik pro Jahr einsparen“, so die Bahn-Sprecherin. Dennoch sei es der Bahn wichtig, niemanden auf dem Weg der Digitalisierung alleine zu lassen.
Pro Bahn sieht Printticket als Nostalgieprodukt
Der Fahrgastverband Pro Bahn hält es für sinnvoll, Tickets zunehmend auf den Online-Verkauf umzustellen. „Ausgedruckte Tickets werden langfristig zu Nostalgieprodukten. Für die Zeit der Transformation ist es jedoch wichtig, dass alle auch alternativ noch ihre Tickets an Automaten oder Schaltern erhalten können“, sagt der Ehrenvorsitzende von Pro Bahn, Karl-Peter Naumann. „Möglicherweise werden irgendwann Extragebühren für Papiertickets fällig, da der Schalterverkauf hohe Kosten verursacht.“
Wichtig sei es zudem, dass es bei Digitaltickets eine Rückfallebene für Kunden gibt, falls das Bahnsystem mal nicht funktioniert. Ab wann es Bahntickets wohl nur noch digital gibt, kann Naumann nur schätzen: „Hier reden wir eher von Jahren als von Jahrzehnten.“
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