Bochum. Stadtwerke-Chef Spohn beklagt ein „Wirrwarr von Entscheidungen“ in der Energiepolitik und sieht den Kohleausstieg in Gefahr.
Bochums scheidender Stadtwerke-Chef Dietmar Spohn sieht den Kohleausstieg im Jahr 2030 angesichts fehlender Gaskraftwerke in Gefahr. „Wenn nicht wirklich schnell der Bau neuer Gaskraftwerke auf den Weg gebracht wird, ist der politisch gewünschte Kohleausstieg im Jahr 2030 nicht zu schaffen“, sagte Spohn im Gespräch mit unserer Redaktion. „Nur wenn es genügend Kraftwerke gibt, ist Versorgungssicherheit möglich. Die Verantwortung dafür liegt bei der Bundesregierung.“ Sie müsse eine Basis dafür schaffen, dass Investoren bereit seien, den Bau von Gaskraftwerken zu finanzieren.
„Entscheidungen der Bundesregierung lassen bislang auf sich warten. Daher bin ich mittlerweile fest davon überzeugt, dass Kohlekraftwerke über das Jahr 2030 hinaus am Netz bleiben müssen“, erklärte Spohn. Auch die Tatsache, dass die deutschen Kernkraftwerke abgeschaltet worden sind, spiele dabei eine Rolle. „Innerhalb so kurzer Zeit aus der Atomkraft und der Kohle aussteigen zu wollen, ohne einen Plan für den Ausbau gesicherter Gaskraftwerksleistung zu haben, ist Harakiri.“
„Hin und Her der Politik in den vergangenen Jahren“
„Das Hin und Her der Politik in den vergangenen Jahren hat es uns vor Ort schwer gemacht“, sagt Spohn rückblickend. „Vor nicht allzu langer Zeit sind wir noch ermutigt worden, in Kohlekraftwerke zu investieren. Es folgte das plötzliche Aus für die Kernenergie, kürzlich nun die überhasteten Pläne für das neue Heizungsgesetz – mir fallen viele abrupte Kurswechsel ein. Wir müssen dann vor Ort die Konsequenzen tragen.“ Die Energiewirtschaft habe „in den letzten Jahren ein Wirrwarr von Entscheidungen erlebt“.
Zum Jahreswechsel geht Spohn im Alter von 65 Jahren in den Ruhestand. Seine Nachfolgerin wird Elke Temme, die zuletzt Leiterin des Geschäftsbereichs Laden und Energie beim Autokonzern Volkswagen war. „Ich habe fast 40 Jahre in der Energiewirtschaft gearbeitet. Aber gerade in der jüngsten Vergangenheit war es eine wilde Zeit“, sagt Spohn. „Der Energieszene gehe ich nicht ganz verloren.“ Seine Aufsichtsratsmandate bei RWE Power und RWE Generation, zwei Tochterunternehmen des Essener Energiekonzerns, werde er weiter ausüben.