Essen. Nach nur zweieinhalb Jahren im Amt räumt die Ruhrgebiets-Wirtschaftsförderin Julia Frohne ihren Posten. Das sind die Gründe.
Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch war entzückt, als er im April 2021 in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Business Metropole Ruhr die neue Chefwirtschaftsförderin für das Ruhrgebiet vorstellte. Das „Zusammenspiel von kommunaler und regionaler Wirtschaftsförderung“ werde mit Julia Frohne an der Spitze „ein Kraftzentrum für die Wirtschaft“, sagte der SPD-Politiker seinerzeit unserer Redaktion. „Frau Frohne bringt Begeisterung für die Region mit, sie kennt deren Stärken und kann selbstbewusst damit umgehen, was wir hier zu bieten haben.“
Eiskirchs Vorschusslorbeeren konnte die 53-Jährige aber offenbar nicht erfüllen. Zum Jahresende scheidet die Kommunikations-Professorin, die zuletzt an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen beschäftigt war, schon wieder aus dem Amt. Nach einer Aufsichtsratssitzung teilten beide Seiten mit, dass man sich in gegenseitigem Einvernehmen trenne. Es habe unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung der BMR gegeben, heißt es in einer Erklärung.
„Große Erfahrungen im Marketing“
„Wir danken Frau Prof. Dr. Frohne für die wertvollen Akzente, die sie dank ihrer großen Erfahrung im Marketing setzen konnte“, erklärte Eiskirch. „Mit dem Blick der Wissenschaftlerin war sie die Richtige in schwierigen Umbruchzeiten, um die Wirtschaftsförderung in der Metropole Ruhr weiter zu entwickeln. Klar in der Analyse und mit dem Mut, auch neue Wege zu gehen. Die Metropole Ruhr kann als ganze Region selbstbewusst auftreten, dafür steht Frau Prof. Dr. Frohne.“
Das Zerwürfnis über die „strategische Ausrichtung“ kommt nicht überraschend. Bereits Anfang Januar dieses Jahres übten kommunale Wirtschaftsförderer in ungewöhnlicher Schärfe und öffentlich Kritik an Julia Frohne. Wenige Wochen zuvor hatte die Geschäftsführerin im Gespräch mit unserer Redaktion eine Studie vorgestellt, die zu dem Ergebnis kam, dass eine bessere Nutzung bestehender Gewerbegebiete die Flächennot im Ruhrgebiet lindern könne.
Kritik von Politikern und Wirtschaftsförderern
Daraufhin hagelte es Kritik. „Wir wollen vermeiden, dass in der Politik der Eindruck entsteht, man müsse nur Gewerbegebiete nachverdichten und hätte dann keine Gewerbeflächenprobleme mehr“, sagte der Bochumer Wirtschaftsförderer Ralf Meyer seinerzeit unserer Redaktion.
Das in der Studie ermittelte Flächenpotenzial in Gewerbegebieten sei „eine Seminarveranstaltung. Davon müssen wir runter und praktische Wirtschaftsförderung betreiben“, polterte auch der CDU-Politiker und BMR-Aufsichtsrat Roland Mitschke. Aufsichtsrat Michael Hübner bescheinigte Frohne zynisch, ihr Vorschlag, Parkplätze in Gewerbeflächen umzunutzen, habe „schon fast Kabarett-Niveau“.
Nach dem turbulenten Jahresauftakt ebbte die Aufregung wieder ab. Der Grundkonflikt blieb aber bestehen: Frohne ist eine ausgewiesene Marketing- und Kommunikationsexpertin, die sich bereits bei der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 einen Namen gemacht hatte, kümmerte sich mit Hingabe um das Erscheinungsbild des Wirtschaftsstandorts Ruhrgebiet nach außen, knüpfte Kontakte nach USA, Israel und in die Niederlande. Auch die Präsenz des Reviers auf der Immobilie-Ausstellung Expo Real war ihr wichtig.
Frohne: „Ich bin stolz auf das Erreichte“
Die Oberbürgermeister verlangten von ihr aber offenbar auch, dass sie sich mehr um „harte“ Themen wie die Reaktivierung von Industrieflächen und Fördermittel von der Landesregierung kümmern sollte. Eine Kompetenz, die sie aber aus ihrer Biografie heraus nicht mitbrachte. Und es gab die dem Vernehmen nach nicht erfüllte Erwartung, dass vor allem die kleineren unter den 53 Kommunen der Metropole Ruhr die BMR als Dienstleister nutzen konnten.
In einer Pressmitteilung vermittelt Julia Frohne, dass sie ihren Posten ohne Groll räume. „Wirtschaftsförderung ist ein breites und facettenreiches Feld. Hier mit den Akteuren in der Region und mit den Mitarbeitenden der BMR neue Handlungsfelder für das Ruhrgebiet zu entwickeln, war immens vielfältig und hat mir großen Spaß gemacht“, erklärt die scheidende Geschäftsführerin. „Ich bin stolz auf das Erreichte und verlasse die BMR und ein gut aufgestelltes Team, um der vom Aufsichtsrat angestrebten Ausrichtung nicht im Weg zu stehen.“
Wie die Revier-Wirtschaftsförderung künftig aufgestellt sein soll, blieb zunächst offen. Dabei dürfte auch der frühere NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin ein gewichtiges Wort mitzureden haben. Der SPD-Politiker soll im kommenden Jahr Direktor des Regionalverbands Ruhr werden. Der RVR ist die Muttergesellschaft der Wirtschaftsförderungsgesellschaft BMR, die nun eine neue Geschäftsführung braucht.