Warstein. Infineon baut den Innovationsstandort in Warstein für die Entwicklung neuer Chips für Elektromobilität und die Energiewende weiter aus.

Der deutsche Chiphersteller Infineon erweitert die Forschungskapazitäten in Warstein-Belecke. Ein 10.000 Quadratmeter großes Labor- und Bürogebäude für bis zu 500 neue Arbeitsplätze soll ab 2024 am Standort im Sauerland entstehen. Eine Investition im „höheren zweistelligen Millionenbereich“, sagt Dr. Arne Kohring, Sprecher der Standortbetriebsleitung. Der Münchner Milliardenkonzern hat grünes Licht für den Ausbau des wichtigsten Innovationsstandort bei Infineon gegeben. Von hier stammt die Intelligenz der Infineon-Leistungselektronik.

Deutschlands ältester Halbleiterstandort

Im Sauerland begann 1948 die Entwicklung und Produktion von Halbleitern in Deutschland mit der AEG. 1999 übernahm der Münchner Infineon-Konzern das Werk im Sauerland.

Dr. Arne Kohring ist Sprecher der Standortbetriebsleitung von Infineon in Warstein-Belecke.
Dr. Arne Kohring ist Sprecher der Standortbetriebsleitung von Infineon in Warstein-Belecke. © Infineon | Infineon AG

Vor allem hier werden im Unternehmen neue Produkte und immer leistungsfähigere Chips entwickelt, getestet und zur Serienreife gebracht. „Wir sind im Konzern der Leitstandort für Leistungsmodule wie sie beispielsweise für moderne Wechselrichter gebraucht werden“, sagt Dr. Arne Kohring, Sprecher der Standortbetriebsleitung. Energiewende mit dem Ausbau von Windkraft, Elektromobilität, batterieelektrische Antriebe für Schienenfahrzeuge oder Wasserstoffwirtschaft – überall sind Chips zu finden, die im Sauerland entwickelt wurden.

Wir müssen unseren technologischen Vorsprung von ein bis drei Jahren halten. In unserem Segment sehen wir gerade, wie ein massiver Wettbewerb entsteht, insbesondere durch Chinesen, die uns stark kopieren.
Dr. Arne Kohring, Infineonchef am Standort Warstein

Sind die Chips serienreif, findet die Massenproduktion in Werken in China, Malaysia oder Ungarn statt. Im Sauerland wäre auch kaum Platz für riesige Produktionsstraßen. Die Vorprodukte, sogenannte Wafer, auf die die Warsteiner Chipintelligenz gepflanzt wird, stammen aus Villach in Österreich oder Dresden.

2300 Beschäftigte in Warstein

2300 Experten arbeiten aktuell in Warstein-Belecke, davon heute bereits rund 800 Elektrotechnik- und Maschinenbauingenieure, Physiker und Chemiker. Dazu noch einmal knapp 200 Techniker. Die Nachfrage nach Chips war in den vergangenen Jahren zwischenzeitlich deutlich höher als die Produktionskapazitäten weltweit. Momentan spüre man auch bei Infineon die leicht schwächelnde Wirtschaft in Deutschland. Kohring geht aber davon aus, dass der Bedarf an Chips durch die Transformation in der Energie- und in der Automobilbranche weiter kontinuierlich steigen wird. Rund um den Globus werden Milliarden in neue Fabriken investiert – voraussichtlich auch in Deutschland, wo an den Standorten Dresden (Infineon und TSMC aus Taiwan) sowie Magdeburg (Intel) neue Fabriken entstehen beziehungsweise die Infineon-Produktion erweitert werden soll.

Bis zu drei Jahre technologischer Vorsprung vor Chinesen

Das Sauerland spielt bei der Frage der Unabhängigkeit Deutschland und Europas bei der Chipfertigung eine womöglich größere Rolle als man vermuten würde. Damit dies so bleibt, sollen die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten weiter ausgebaut werden. „Wir müssen unseren technologischen Vorsprung von ein bis drei Jahren halten. In unserem Segment sehen wir gerade, wie ein massiver Wettbewerb entsteht, insbesondere durch Chinesen, die uns stark kopieren“, sagt Warsteins Infineon-Chef Arne Kohring.

Der Chiphersteller Infineon stärkt denm Innovationsstandort in Warstein-Belecke. Hier wird in neue Labors und Büros zur Entwicklung von Hochleistungshalbleitern investiert. Das Gebädue wird wegen der Nachhaltigkeit in Holz-Hybrid-Bausweise erstellt und soll bis zu 500 neue Arbeitsplätze bieten.
Der Chiphersteller Infineon stärkt denm Innovationsstandort in Warstein-Belecke. Hier wird in neue Labors und Büros zur Entwicklung von Hochleistungshalbleitern investiert. Das Gebädue wird wegen der Nachhaltigkeit in Holz-Hybrid-Bausweise erstellt und soll bis zu 500 neue Arbeitsplätze bieten. © HPP Architekten GmbH | HPP Architekten GmbH

Das neue Gebäude soll Kfw40-Energieeffizienzstandard entsprechen und dem Traditionsstandort ein neues, sehr modernes Gesicht geben. Es wird in Holz-Hybrid-Bauweise mit viel gläsernen Fassaden errichtet und soll im Sommer 2026 bezugsfertig sein. „Ein Ziel des Projektes ist es, den Standort für Beschäftigte deutlich attraktiver zu machen“, sagt Kohring. Aktuell finde das Unternehmen für den Standort im Sauerland notwendigen Nachwuchs zu 90 Prozent an den Hochschulen in der Region, der Fachhochschule Südwestfalen, der Hochschule Hamm-Lippstadt, den Universitäten in Paderborn und Dortmund. Derzeit schnuppern 176 Werksstudenten und Praktikanten in das Unternehmen hinein. Viele von ihnen kämen nach Abschluss ihres Studiums zu Infineon, selten verlasse jemand das Unternehmen.

Künstliche Intelligenz im Labor im Einsatz

Neben Ingenieuren und Naturwissenschaftlern bestehe auch Bedarf an Datenanalysten. „Wir arbeiten hier bei ersten Anwendungen im Labor bereits mit Künstlicher Intelligenz“, verrät Kohring. Können die neuen Labors im Sommer 2026 planmäßig in Betrieb genommen werden, sollten die Kapazitäten für die kommenden fünf bis zehn Jahre ausreichen, hofft man im Sauerland.

Der Infineonkonzern selbst wird dann das Gebäude anmieten, und zwar vom Immobilienprojektentwickler Garbe, einem mittelständischen Hamburger Familienunternehmen mit rund 400 Beschäftigten, das als Investor auftritt. Zu dem hohen zweistelligen Millionenbetrag des Projektentwicklers werden auch von Infineon selbst noch ein paar Millionen für die Erweiterung und Umgestaltung des Standorts fließen.