Berlin. Noch immer trauen sich viele Frauen das Thema Finanzen nicht zu. Sollten sie aber, sagt eine Expertin – und gibt entscheidende Tipps.
Fast 18.000 Euro hätte Natascha Wegelin (37) vor gut acht Jahren beinahe verloren, weil sie auf eine dubiose Finanzberaterin hörte. Doch kurz bevor die nächsten Gebühren fällig wurden, zog Wegelin die Notbremse. Daraufhin begann die damalige Endzwanzigerin, sich in Finanzfragen fortzubilden.
Heute hat Wegelin daraus ein Geschäftsmodell gemacht: Ihr Start-up Madame Moneypenny hilft anderen Frauen, finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen, folgenschwere finanzielle Fehler zu vermeiden und die eigene Altersvorsorge aufzubauen. Mehr als 3000 Frauen haben das firmeneigenen Mentoringprogramm bislang absolviert.
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Bis mehr Frauen ihre Finanzen in die eigenen Hände nehmen, sei aber noch viel zu tun, sagt Natascha Wegelin, der auf Instagram mehr als 230.000 Accounts folgen. Das habe auch historische Gründe. „Meine Oma durfte noch kein eigenes Konto haben, meine Oma durfte ohne die Zustimmung meines Opas auch nicht arbeiten und falls doch, hätte mein Opa das Arbeitsverhältnis jederzeit wieder kündigen können“, erzählt sie.
Auf Instagram folgen der Finanzexpertin 230.000 Accounts
Immer wieder komme es daher auch heute noch vor, dass verheiratete Frauen für das eigentlich gemeinsame Konto nur eine Vollmacht hätten oder bei der zusammen gekauften Wohnung nicht im Grundbuch stünden, so Wegelin. Sicherheit biete so ein Modell jedoch nicht.
In solchen Fällen rät die Unternehmerin betroffenen Frauen, das Gespräch mit ihren Männern zu suchen. In Partnerschaften hält Wegelin generell ein Drei-Konten-Modell für sinnvoll: ein gemeinsames und jeweils eines pro Partner. Wegelin geht aber noch weiter, wenn es um die gerechte Geldverteilung in Partnerschaften geht.
Das ist Madame Moneypenny
Trotz BWL-Studiums und mehrjähriger Tätigkeit bei Firmen wie Google oder Parship fühlte sich Natascha Wegelin in Finanzfragen nie ganz sattelfest. 2015, nach einer Finanzberatung, die sie fast um ihr Erspartes gebracht hätte, entschied Wegelin dann, das zu ändern. Was folgte waren „1000 Stunden Selbststudium, circa 200 Bücher und Seminare“, so die Gründerin, die heute mit ihrem Start-up Madame Moneypenny Frauen in Finanzfragen berät. Wichtig ist Wegelin dabei vor allem, dass Frauen dabei ihre eigenen Entscheidungen treffen können. Dabei hilft auch das achtwöchige Mentoringprogramm der Firma. Wegelin stellt einen Teil ihrer Inhalte aber auch online zur Verfügung. Auf Instagram folgen der Mutter eines einjährigen Kindes mittlerweile mehr als 230.000 Accounts.
Denn nicht nur Kindererziehung, sondern auch Arbeiten im Haushalt bleiben oft stärker an Frauen hängen. Sichtbar machen das Statistiken wie das Gender Care Gap, wonach Frauen pro Tag im Durchschnitt 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit aufwenden als Männer. Das führt laut Wegelin auch dazu, dass Frauen im Beruf zurücksteckten, in Teilzeit arbeiteten und letztlich auch weniger Rente erhalten würden.
Was Frauen mit Blick auf ihre Finanzen ansprechen sollten
Dem Bundesfamilienministerium zufolge erwirtschaften Frauen in ihrem gesamten Berufsleben rund 49,8 Prozent weniger Vermögen als Männer. Wegelin bringt deswegen Ausgleichszahlungen ins Spiel, die der Mann an seine Partnerin leisten sollte. „Der sauberste Weg wäre auszurechnen, was der Frau an Einkommen verloren geht und das sowohl während der Elternzeit, als auch danach, wenn sie zum Beispiel nicht mehr Vollzeit in ihrem Beruf tätig sein kann, weil stattdessen Kinder zu betreuen sind“, erklärt sie.
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Das Geschäftsmodell von Madame Moneypenny setzt aber nicht nur bei finanzieller Unabhängigkeit an. Es geht auch darum, einen Plan für die Altersvorsorge aufzustellen. Dafür sei es wichtig, die eigene Rentenlücke – also die Differenz zwischen dem regulären Nettoeinkommen und der zu erwartenden Rente – zu kennen. Diese Lücke betrage bei Kundinnen ihrer Firma inflationsbereinigt nicht selten 2000 Euro und mehr, sagt Natascha Wegelin.
Wie Madame Moneypenny hilft, die Rentenlücke zu schließen
An dem, was im Alter fehlt, setzt das achtwöchige Mentoringprogramm des Berliner Start-ups an. Auch mithilfe von Experten nimmt Madame Moneypenny unter die Lupe, wie es um die Finanzen der Frauen bestellt ist, welche Verträge und Versicherungen es gibt und was für die eigene Altersvorsorge getan werden muss, um auch im Alter den bisherigen Lebensstandard halten zu können. „Rundum-sorglos-Paket“, nennt Wegelin ihr Programm.
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Mit 5500 Euro Kosten ist das allerdings nicht gerade günstig. „Es geht ums Investieren. Und damit ich investieren kann, sollte vorher einiges passiert sein. Wer verschuldet ist, für den ist das Programm nichts“, sagt die Gründerin. Das, was Madame Moneypenny geben könne, sei die „absolute Sicherheit, dass dabei Experten tätig sind, die die Frauen dazu ermächtigen, selbst zu wissen, was sie tun. Sie haben dann einen Finanzplan für immer, brauchen nie wieder einen Berater und haben die Sicherheit, dass sie keine Fehler gemacht haben“, sagt Wegelin.
Forscher: Frauen sind am Aktienmarkt langfristig oft erfolgreicher
Gehts es ums Investieren, empfiehlt Madame Moneypenny als langfristige Strategie mit der besten Rendite stets „Buy and hold“ – also kaufen und halten, egal, wie sich die Kurse entwickeln. Gekauft werden passive ETFs. Das sind Fonds, die einen bestimmten Aktienindex nachbilden und ohne aktives Management auskommen. Mindestens zehn Prozent des monatlichen Nettoeinkommens sollten investiert werden.
Mit Blick auf die erzielte Rendite sind Frauen langfristig oft erfolgreicher als Männer. „Frauen haben gezeigt, dass sie der Versuchung widerstehen, auf die tägliche Volatilität des Aktienmarktes zu reagieren“, sagt etwa Merih Sevilir vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Das bedeutet, dass Männer zwar öfter mit Aktien handeln, aber weniger verdienen als Frauen. Dennoch würden viele Frauen weiterhin denken, sie seien nicht gut im Investieren. Sevilir erklärt das auch mit noch immer vorherrschenden Klischees.
Wie der Staat finanzielle Ungleichheit in Beziehungen befördert
Anne Steuernagel vom ifo Zentrum für Soziale Marktwirtschaft und Institutionenökonomik sieht auch den Gesetzgeber in der Pflicht. „Die Politik trägt dazu bei, das finanzielle Ungleichgewicht in Partnerschaften zu vergrößern“, sagt Steuernagel und führt als Beleg dafür zum Beispiel das Ehegattensplitting an, das Arbeitsanreize für Zweitverdienerinnen in der Ehe verringert.
Bei Madame-Moneypenny-Gründerin Natascha Wegelin selbst ist die Altersvorsorge inzwischen gesichert. Erst kürzlich verkaufte sie eine ihrer Firmen an Immoscout24. Und was hat die Finanzfachfrau in ihrem eigenen Depot? Vor allem ETFs, sagt Wegelin, aber auch ein paar Einzelaktien.
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