Düsseldorf/Potsdam. Die zweite Tarifverhandlungsrunde für Beschäftigte der Länder blieb ergebnislos. Nun kündigt Verdi Streiks für die kommenden Wochen in NRW an.
„Da die Arbeitgeber der Länder weder auf die Belastungssituation noch auf die unzureichende Bezahlung der Beschäftigten reagieren, wird es in den kommenden Wochen auch in NRW zu ersten Warnstreiks kommen“, erklärte Verdi-Landesleiterin Gabriele Schmidt am Freitag nach der zweiten Runde der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder, die nach ihren Angaben ergebnislos verlaufen ist.
Lesen Sie auch: Tarifstreit im Handel: Verdi setzt erneut auf Warnstreiks
„Die Arbeitgeber lehnen einen Abschluss in Höhe des Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) ab. So sinkt die Attraktivität im direkten Vergleich weiter“, äußerte sich Schmidt gegenüber der Redaktion. Es fehlten den Ländern nicht nur mehrere hunderttausend Beschäftigte, die Differenz zur Bezahlung bei Bund und Kommunen liege im Schnitt bei mehr als zehn Prozent. „Darüber hinaus lehnen sie unter anderem unsere Forderungen nach einem Tarifschutz für studentisch Beschäftigte kategorisch ab. Wertschätzend wäre es gewesen, die Forderungen der Beschäftigten ernsthaft zu diskutieren und auf ihre Leistungen mit einem ersten Angebot zu reagieren.“
Verdi kündigt Warnstreiks im öffentlichen Dienst in NRW an: „Einem öffentlichen Arbeitgeber unwürdig“
Statt die Attraktivität des öffentlichen Dienstes der Länder zu steigern und somit einem „eklatanten Personalmangel“ entgegen zu wirken, verweise die Arbeitgeberseite auf die Möglichkeit des Wohngeldbezugs, so Schmidt weiter. „Es ist für sie also vollkommen in Ordnung, dass ein Teil der Gehälter weiter im Niedriglohnbereich liegt und ergänzende Leistungen bezogen werden müssen. Das schadet unserer Gesellschaft und ist einem öffentlichen Arbeitgeber unwürdig!“
Bundesweit müssen sich Bürgerinnen und Bürger in den kommenden Tagen Warnstreiks und Protestaktionen der Beschäftigten der Länder einstellen. Betroffen sind Schulen, Unikliniken, Polizei oder Justizverwaltung. Das kündigte neben der Gewerkschaft Verdi auch der Beamtenbund dbb am Freitag in Potsdam nach der zweiten Runde der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder an.
Genauer Zeitpunkt für Warnstreiks steht noch nicht fest
Einen genauen Zeitpunkt für Streiks nannten die Gewerkschaften nicht. „Die Streik-Taktiken werden jetzt in den Bezirken, in den Ländern diskutiert und auf den Weg gebracht“, sagte dbb-Chef Ulrich Silberbach. „Wir werden den Druck auf der Straße jetzt erhöhen müssen, damit die Arbeitgeber eben sehen, wie ernst die Situation der Beschäftigten in den Ländern ist.“
Die Gewerkschaften fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr. Nachwuchskräfte sollen 200 Euro mehr erhalten. Die Tariflaufzeit soll 12 Monate betragen. Für Berlin, Hamburg und Bremen verlangen die Gewerkschaften eine monatliche Stadtstaatenzulage von 300 Euro. Die Forderungen knüpfen damit an den Tarifabschluss vom April dieses Jahres für den Bund und die Kommunen an. Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) hatte deutlich gemacht, dass sie die Forderungen für viel zu hoch und nicht leistbar hält.
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rief Mitglieder zu Protestaktionen auf
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rief ihre Mitglieder zu Protestaktionen auf. „Die Beschäftigten werden in den nächsten Wochen in den Betrieben und auf der Straße mit Streiks und Aktionen die richtige Antwort auf diesen Konfrontationskurs der TdL geben“, sagte Vorsitzende Maike Finnern. Die Inflation sei noch nicht vorbei. Die Beschäftigten hätten aus den vergangenen beiden Jahren einen großen Nachholbedarf beim Gehalt. „Lehrkräfte und Sozialarbeiter an den Schulen sind wegen des Fachkräftemangels am Limit“, sagte Finnern.
Die Gewerkschaft VBE hat die sozialpädagogischen Fachkräfte im Landesschuldienst NRW für Montag zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Zuvor war die zweite Verhandlungsrunde für die Beschäftigten der Länder erneut ohne Arbeitgeberangebot zu Ende gegangen, wie der nordrhein-westfälische Landesverband des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) am Freitag berichtete. Geplant sei am Montag eine Warnstreikaktion mit Kundgebung in Dortmund.
Lesen Sie auch: Tarifstreit im Handel: So kontert Verdi-Chef bösen Brief
Besonders weit auseinander liegen die Tarifparteien laut Verdi bei dem Tarifschutz für studentisch Beschäftigte. „Hier verweigern die Länder die Herstellung von Tarifschutz“, sagte Werneke. „Wir sind auch vollkommen auseinander bei der Frage, ob die besondere Situation der Beschäftigten in Stadtstaaten berücksichtigt werden muss. Hier lehnen die Länder eine besondere Regelung für die Beschäftigten deutlich ab.“
TdL-Verhandlungsführer: „Angesichts der Rahmenbedingungen sehr schwierige Gespräche“
Während die Gewerkschaften vehement hinter ihren Forderungen stehen, zweifelt die Gegenseite an der Umsetzung. „Wir hatten sehr intensive, aber angesichts der Rahmenbedingungen sehr schwierige Gespräche“, sagte TdL-Verhandlungsführer, Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). „Denn in der Tat, wir befinden uns in einer sehr schwierigen haushälterischen Situation.“ Am Montag finde eine Ministerpräsidentenkonferenz statt. Diese müsse die Weichen stellen für viele Fragen der Länderfinanzen. Er sei aber trotz der Schwierigkeiten und Herausforderungen optimistisch, dass es bis Weihnachten zu einer Einigung kommen könne. „Mein Fazit fällt nicht ganz so negativ aus, wie das des Kollegen Werneke“, sagte Dressel.
Ein Durchbruch könnte in der dritten Verhandlungsrunde ab dem 7. Dezember erreicht werden. Bei den Verhandlungen geht es um die Gehälter für rund 1,1 Millionen Angestellte. Betroffen sind zudem rund 1,4 Millionen Beamte, auf die das Ergebnis üblicherweise übertragen wird. Verhandelt wird etwa für Lehrkräfte an Schulen, Lehrende an Hochschulen sowie Pflegerinnen und Pfleger, Ärztinnen und Ärzte an Unikliniken. Strafvollzug und Justizwesen sind genauso betroffen wie die Kitas in Berlin. Hessen ist außen vor, da das Land nicht in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ist, mit der Verdi und der Beamtenbund dbb am Tisch sitzen. (dpa/red)