Berlin. In 11 von 55 Bundesunternehmen arbeiten die Beschäftigten ohne Tarifvertrag. Warum ein Linken-Abgeordneter dies für heuchlerisch hält.
In jedem fünften Unternehmen, an dem der Bund beteiligt ist, bestehen keine Tarifverträge. „11 Bundesunternehmen sind aktuell ohne Tarifbindung, ohne eine Anlehnung an Tarifverträge oder einer Betriebsvereinbarung Entgelt.“ Dies geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linken hervor, die dieser Redaktion vorliegt.
Laut Bundesfinanzministerium handele es sich bei den tariflosen Unternehmen um solche des Digitalbereichs, in denen „angemessene Entgelte bezahlt werden, um das hierfür notwendige Personal überhaupt zu bekommen oder zu halten“. Insgesamt hält der Bund nach eigenen Angaben an 55 Unternehmen eine unmittelbare Mehrheitsbeteiligung.
In 16 Unternehmen – wie beispielsweise bei der Deutschen Bahn, der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), der Autobahn GmbH oder der Deutschen Flugsicherung – besteht eine Tarifbindung, so das Finanzministerium. 28 Unternehmen würden in Anlehnung an Tarifverträge bezahlt oder hätten eine kollektivarbeitsrechtliche Gesamtbetriebsvereinbarung Entgelt abgeschlossen.
Tarifflucht: Linke kritisieren Regierung scharf
Die Fraktion Die Linke kritisiert den tariflosen Zustand. „Offenkundig findet Tarifflucht und Lohndumping nicht nur bei der öffentlichen Auftragsvergabe statt, sondern auch bei Unternehmen, an denen der Bund unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist“, sagte der gewerkschaftspolitische Sprecher der Fraktion die Linke, Pascal Meiser.
„In Sonntagsreden fordern Regierungsvertreter immer wieder eine höhere Tarifbindung, aber dort, wo sie am einfachsten etwas dafür tun könnten, macht sich die Ampelregierung einen schlanken Fuß. Das ist heuchlerisch und geht gar nicht.“ Meiser fordert für Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist „endlich verbindliche Vorgaben, dass für diese Unternehmen mit den zuständigen Gewerkschaften Tarifverträge abzuschließen sind“.
Laut Bundesangaben arbeiten in den Unternehmen mit unmittelbarer oder mehrheitlicher Beteiligung des Bundes rund 7000 Beschäftigte ohne Tarifvertrag. Für etwa 13.900 Beschäftigte gilt in den Unternehmen eine Anlehnung an den Tarifvertrag. Bei Unternehmen, an denen der Bund nur mittelbar beteiligt ist, liegen der Bundesregierung keine Angaben oder Erkenntnisse vor, berichtet Meiser.
„Die Antworten des federführenden Finanzministeriums auf meine wiederholten Fragen zu diesem Thema bezeugen eine eklatante Unwissenheit und ein deutliches Desinteresse, sich ernsthaft mit dem Problem auseinanderzusetzen, insbesondere mit Blick auf die mittelbaren Beteiligungen des Bundes. Es ist höchste Zeit, dass hier vor der eigenen Haustüre gekehrt wird.“