Ruhrgebiet. Auch im Ruhrgebiet testen inzwischen immer mehr Betriebe die Vier-Tage-Woche. Doch klappt das in allen Branchen? Sechs Betriebe berichten.
Die IG-Metall möchte sie in der Stahlindustrie einführen, Handwerksbetriebe versuchen, mit ihr neue Mitarbeiter zu gewinnen – die Rede ist von der Vier-Tage-Woche. Laut englischen Studien sollen Angestellte produktiver arbeiten und weniger gestresst sein, wenn sie einen Tag mehr in der Woche frei haben. Doch wie praktikabel ist dieses Arbeitsmodell in der Realität? Wir stellen Ihnen sechs Betriebe vor, die ihre Arbeitszeit bereits umgestellt haben oder in den nächsten Wochen anpassen wollen.
Oberhausener Friseursalon Krey streicht den fünften Arbeitstag ersatzlos
So schnell kann es gehen. Nachdem das Thema Vier-Tage-Woche im April zum ersten Mal im Friseursalon von Manuela Krey in Oberhausen aufgekommen war, setzte die Chefin den Vorschlag ihrer Mitarbeiterinnen nur zwei Monate später in die Tat um. Seit Juni haben die drei Vollzeitkräfte des Salons einen Tag in der Woche frei. Anders, als in den meisten anderen Betrieben, die die Vier-Tage-Woche eingeführt haben, müssen Kreys Mitarbeiterinnen die wegfallenden Arbeitsstunden aber nicht an den anderen Tagen nacharbeiten. Das Gehalt bleibt für sie gleich.
Und was ist mit denjenigen, die in Teilzeit in dem Salon arbeiten? Die bekämen eine Lohnerhöhung, damit es gerecht bleibt, sagt die Chefin. In ihrem Salon betreffe das allerdings nur eine Mitarbeiterin. Manuela Krey ist sich sicher, dass die Vier-Tage-Woche gerade in kleinen Betrieben gut umsetzbar sei. Die Arbeitszufriedenheit steige und damit auch die Motivation, mit einer guten Leistung zum Unternehmenserfolg beizutragen.
Wittener Handwerksbetrieb: Mehr Arbeit in weniger Zeit
Ein Jahr lang wollten die Geschäftsführer Kai Ostermann und Frank Lobenstein die Vier-Tage-Woche in ihrem Betrieb testen. Doch schon nach der Hälfte der Zeit waren sich Chefs und Mitarbeiter des Wittener Handwerksbetriebs Lobotec einig – die Vier-Tage-Woche hat sich bewährt.
Der Betrieb stellt unter anderem Pokale aus Acrylglas her. Da Lobotec ausschließlich auf Bestellung arbeitet, sei die Umstellung von fünf auf vier Arbeitstage pro Woche kein Problem gewesen, so die Geschäftsführer. Seit Januar hat das zehnköpfige Team freitags frei. Die Arbeitsstunden werden auf die anderen vier Tage umgelegt, drei Arbeitsstunden wurden ersatzlos gestrichen. Das bedeutet in der Praxis eine Stunde mehr pro Tag – bei gleichem Gehalt.
Das zehnköpfige Team hatte sich von dem neuen Arbeitsmodell mehr Zeit zur Erholung und weniger Stress versprochen. Frank Lobenstein kann bestätigen, dass dieses Ziel – zumindest subjektiv – erreicht wurde. „Die positivere Einstellung der Mitarbeiter ist spürbar“, sagt er. „Dadurch, dass das Team mit der Aussicht auf einen freien Tag mehr pro Woche motivierter ist, schaffen wir in weniger Zeit mehr Arbeit.“
Zu wenig Mitarbeiter – Oberhausener Metzger muss einen Arbeitstag streichen
Auch bei der Fleischerei Bischoff in Oberhausen ist die Arbeitswoche inzwischen kürzer. Geplant habe das Metzgermeister Jörg Bischoff aber eigentlich nicht. Bis vor kurzem war sein Geschäft an sechs Tagen pro Woche geöffnet, montags bis freitags ganztägig und samstags bis zum Mittag. Für seine Mitarbeiter bedeutete das vor allem immense Überstunden, denn Bischoff fehlen Arbeitskräfte. Seine Angestellten arbeiteten fünfeinhalb Tage pro Woche. „Das kann man niemandem auf Dauer zumuten“, sagt Bischoff, der sich daher für eine Mischform zwischen Vier- und Fünf-Tage-Woche entschied.
„Jetzt arbeitet das Team an viereinhalb Tagen, schiebt keine 30 Überstunden mehr vor sich her und ist zufriedener als vorher“, meint der Metzger. Seine Hoffnung: „Dass sich herumspricht, dass man beim Bischoff mittwochs frei hat und sich wieder mehr junge Menschen bewerben.“
Herner Elisabeth-Gruppe testet Vier-Tage-Woche in Krankenhäusern
In Berufen mit Schichtsystemen ist eine Vier-Tage-Woche kaum umsetzbar, damit argumentiert nicht nur die Stahlindustrie gegen Forderungen, die Arbeitszeit flächendeckend zu reduzieren. Auch in der Pflege war das Modell bislang umstritten. Doch nun wird die Vier-Tage-Woche auch in den ersten Krankenhäusern getestet. Das gab die Herner St. Elisabeth-Gruppe im Juli bekannt.
Ab Oktober werde das Modell auf jeweils einer Station des St. Anna Hospitals in Wanne, des Marienhospitals Herne, des Marienhospitals Witten und des Rheumazentrums Ruhrgebiet getestet. Das Personal dürfe individuell entscheiden, ob sie die Vier-Tage-Woche, Viereinhalb-Tage-Woche oder Fünf-Tage-Woche in Anspruch nehmen, heißt es in der Pressemitteilung der Krankenhaus-Gruppe.
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Ziel sei es, den Arbeitnehmern größtmögliche Flexibilität zu ermöglichen und als Arbeitgeber attraktiver zu werden. Zunächst soll das Modell fünf Monate getestet werden – um zu erkennen, wie es sich beispielsweise auf Dienstpläne auswirke. Die Bedingung ist, dass alle Angestellten die tariflich vorgegebene wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden einhalten. Wer nur vier oder viereinhalb Tage pro Woche im Dienst ist, muss die übrigen Stunden an diesen Tagen nacharbeiten.
Ein Vorteil, den sich die Elisabeth-Gruppe davon erhofft: Durch die verschiedenen Schichten überschneiden sich besonders Früh- und Spätschichten deutlich länger. So können sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenseitig entlasten und Ausfälle besser ausgleichen“, erklärt Beate Birkel, Stationsleitung im St. Anna Hospital Herne, in der Mitteilung.
Bottroper Sanitärfirma ist komplett auf die Vier-Tage-Woche umgestiegen
Ein Betrieb, der die flexiblen Arbeitszeiten bereits vor einem Jahr eingeführt hat, ist die Sanitärfirma Helmut Lakenbrink & Sohn in Bottrop. Auch hier konnten die 18 Mitarbeiter zwischen der Vier-, Viereinhalb- und der Fünf-Tage-Woche wählen. Weil im Winter viele Heizungsreparaturen anstünden und die Arbeit dann aufwendiger wäre, hätten sich laut Geschäftsführer Sebastian Vermöhlen viele Kollegen gewünscht, flexibel zwischen den Modellen wechseln zu können. Denn die Arbeitszeit wird nicht gestrichen, sondern nur unterschiedlich auf die Arbeitstage verteilt. Immer zum Monatswechsel konnten die Mitarbeiter zwischen den Modellen wechseln.
Funktioniert das? „Ja“, sagt Romina Hemmers, die Assistentin der Geschäftsführung. Inzwischen werde die Wechseloption aber auch nur noch selten genutzt. „Mittlerweile arbeiten wir alle mit der Vier-Tage-Woche“, so Hemmers. Überlegungen, wieder zur Fünf-Tage-Woche zurückzukehren, gebe es nicht.