Essen. Beim Energiekonzern Steag konzentrieren sich die Verkaufsgespräche auf wenige Bieter. Stadtwerke wollen Schlussstrich ziehen. IGBCE mischt mit.
Der Verkauf des Essener Energiekonzerns Steag rückt näher. Möglichst noch in diesem Jahr wollen die am Unternehmen beteiligten Stadtwerke ihren Ausstieg bei der Steag besiegelt haben. Ende August könnten Verkaufsverträge unterzeichnet werden, ist zu hören – etwas später als zwischenzeitlich angestrebt. Der Abschluss der Transaktion sollte im Laufe des Jahres erfolgen. Dafür müssten allerdings auch die Wettbewerbshüter zustimmen, die bei einem womöglich milliardenschweren Deal zu konsultieren sind.
Zwei Bieter seien noch im Rennen, berichtet die auf Wirtschaftsnachrichten spezialisierte Agentur Bloomberg. Neben dem tschechischen Milliardär Daniel Křetínský mit seinem Konzern EPH gebe es auch Gespräche mit der Fondsgesellschaft Asterion Industrial Partners. Der Tscheche Křetínský ist in der deutschen Energiebranche eine eingeführte Größe. Schon im Jahr 2016 hat er dem Energiekonzern Vattenfall das ostdeutsche Braunkohlegeschäft der Leag mit Kraftwerken und großen Tagebaugebieten in der Lausitz abgekauft.
Spanische Fondsgesellschaft Asterion bringt sich in Stellung
Asterion muss sich in Deutschland hingegen noch bekannt machen. Mit Beteiligungen im Wert von rund fünf Milliarden Euro sei Asterion der führende Infrastruktur-Fonds in Spanien, erklärt eine beauftragte Kommunikationsagentur. Bei 15 Unternehmen, in denen Asterion das Sagen habe, seien rund 7000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Europa beschäftigt. Ein Beispiel sei der italienische Energiekonzern Sorgenia mit Sitz in Mailand, bei dem der spanische Fonds durch entsprechende Investitionen „und aktives Management den Anteil der erneuerbaren Energien im Erzeugungsmix deutlich“ gesteigert habe.
Der Steag-Konzern, der seit Jahrzehnten von Kohlekraftwerken geprägt wird, steht ebenfalls vor einem
Umbau. Mit der Firmentochter Iqony, die zum Jahreswechsel gestartet ist, sollen grüne Geschäfte vorangebracht werden. In Iqony hat die Steag unter anderem ihre Solar-, Wind-, Geothermie-, Energiespeicher- und Wasserstoff-Projekte gebündelt.
Im Zuge einer Konzern-Aufspaltung ist ein großer Teil der Belegschaft zur neuen Tochterfirma gewechselt: rund 2300 Beschäftigte, davon gut 2000 in Deutschland. Das Kraftwerksgeschäft der Steag (3200 Beschäftigte) – unter anderem mit großen Standorten in Duisburg, Herne, im Saarland und im türkischen Iskenderun – trägt nun den Namen Steag Power. Zum Verkauf stehen sämtliche Bereiche der Steag. Entsprechend aufmerksam dürfte auch die Gewerkschaft IGBCE den Verkaufsprozess begleiten.
IGBCE-Chef Vassiliadis: „Langfristiges Zukunftskonzept“ entscheidend
Der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis äußert sich gegenüber unserer Redaktion optimistisch mit Blick auf den anstehenden Verkauf. „Der Steag-Verkaufsprozess liegt im Plan“, sagt Vassiliadis. „Für die Mitarbeitenden und die IGBCE ist entscheidend, dass ein möglicher Käufer ein nachhaltiges und langfristiges Zukunftskonzept für die Steag verfolgt, das den Konzern als Einheit weiterentwickelt und Standorten wie Beschäftigten neue Perspektiven bietet. Diese Kriterien erfüllen alle Kandidaten.“
Auch die Essener RAG-Stiftung wird regelmäßig ins Gespräch gebracht, wenn im Ruhrgebiet Unternehmensverkäufe anstehen – so auch bei der Steag. Die Stiftung habe sich nicht offiziell als Käufer beworben, erklärte Jürgen Rupp, der Finanzchef der Stiftung Anfang Juni. Aber es liege „in der Natur der Sache“, dass der Name RAG-Stiftung im Zusammenhang mit der Steag „immer wieder fällt“, fügte Rupp noch hinzu.
Derzeit gehört die Steag sechs Stadtwerken aus dem Ruhrgebiet, die vor mehr als zehn Jahren eingestiegen sind. Für insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro übernahmen die kommunalen Betriebe den Energieversorger vom Chemiekonzern Evonik. Nach Querelen zur Strategie des Konzerns wollen sich die Steag-Städte – Essen, Bochum, Duisburg, Dortmund, Oberhausen und Dinslaken – bald verabschieden. In der Energiekrise brummt das Geschäft der Steag. Die beteiligten Städte können kurz vor ihrem Ausstieg aus dem Konzern mit einem milliardenschweren Gewinn rechnen.