Essen. Die Essener RAG-Stiftung ist an vielen Konzernen beteiligt. Kommen weitere hinzu? So blickt der Stiftungsvorstand auf Thyssenkrupp und Steag.

Als Chef der RAG-Stiftung führt Bernd Tönjes einen ebenso weit verzweigten wie finanzkräftigen Mischkonzern. Zum Vermögen der Stiftung, die auf dem Essener Zollverein-Areal residiert, gehören nicht nur Revierfirmen wie Evonik und Vivawest, sondern auch jede Menge Unternehmensbeteiligungen unterschiedlicher Art. Beispiele sind die ehemalige Thyssenkrupp-Aufzugsparte TK Elevator sowie Immobilien-Gesellschaften der österreichischen Signa-Gruppe des Geschäftsmanns René Benko, darunter Warenhäuser wie das KaDeWe in Berlin oder das Alsterhaus in Hamburg. Geld, das damit in die Kasse der Essener Stiftung kommt, soll dazu dienen, die sogenannten „Ewigkeitsaufgaben“ zu finanzieren, die nach der Schließung von Deutschlands Steinkohlenzechen entstanden sind.

Das Vermögen der Stiftung ist zwar spürbar geschrumpft, aber weiterhin groß. Ende 2022 lag es bei 16,8 Milliarden Euro, wie Jürgen Rupp, der Finanzchef der Stiftung berichtet. Ein Jahr zuvor waren es noch 21,3 Milliarden Euro. Rupp spricht in diesem Zusammenhang von einer „Wasserstandsmeldung“. So sei unter anderem der Marktwert der Immobilienfirma Vivawest stark gesunken. Entscheidend sei aber, welche Erträge die Stiftung erwirtschafte. Auf der Habenseite stehen hier 347 Millionen Euro in der Bilanz für das vergangene Jahr. Für die „Ewigkeitsaufgaben“, darunter das Pumpen von Grubenwasser, hat die Stiftung knapp 247 Millionen Euro benötigt, rund 17 Millionen weniger als im Vorjahr. Damit habe sich das Stiftungsmodell in einer Zeit „multipler Krisen“ bewährt, urteilt Vorstandschef Tönjes.

Das Kuratorium der RAG-Stiftung, das den Vorstand kontrolliert, ist politisch besetzt. Seit November vergangenen Jahres ist der frühere CDU-Chef Armin Laschet der Kuratoriumsvorsitzende. Er hält sich – wie sein Vorgänger, der Unternehmer und frühere RWE-Chef Jürgen Großmann – mit öffentlichen Äußerungen

Bernd Tönjes, Vorstandschef der Essener RAG-Stiftung: „Wir haben mit Herrn Habeck einen sehr guten Kontakt aufgebaut.“
Bernd Tönjes, Vorstandschef der Essener RAG-Stiftung: „Wir haben mit Herrn Habeck einen sehr guten Kontakt aufgebaut.“ © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

zur Stiftung zurück. Auch Politiker wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst gehören dem Gremium an. „Wir haben mit Herrn Habeck einen sehr guten Kontakt aufgebaut“, berichtet Tönjes auf Nachfrage bei der Bilanzpressekonferenz. Insgesamt seien es nun drei Grünen-Politiker im Kuratorium. „Das ist neu für die RAG-Stiftung.“

RAG-Stiftung hält sich bei der Steag noch zurück

Der Essener Stiftungskonzern wird regelmäßig ins Gespräch gebracht, wenn im Ruhrgebiet Unternehmensverkäufe anstehen – so auch nun beim Essener Energiekonzern Steag, von dem sich mehrere Stadtwerke aus dem Ruhrgebiet trennen wollen. Die Stiftung habe sich nicht offiziell als Käufer beworben, erklärt Finanzchef Rupp. Aber es liege „in der Natur der Sache“, dass der Name RAG-Stiftung im Zusammenhang mit der Steag „immer wieder fällt“. Ob sich an der Zurückhaltung der Stiftung noch etwas ändern könne? „Die Welt ist vielfältig“, sagt Rupp dazu. Insbesondere die Frage, wie es mit den Steinkohlekraftwerken der Steag weitergeht, dürfte beim geplanten Verkauf eine wichtige Rolle spielen.

Zurückhaltend zeigt sich die RAG-Stiftung auch mit Blick auf Geschäfte, die bei Thyssenkrupp zum Verkauf stehen könnten. Für die Dortmunder Wasserstoff-Tochterfirma Nucera strebt Thyssenkrupp einen Börsengang an. Investoren sucht der Konzern auch für die traditionsreiche Stahlsparte mit großen Standorten in Duisburg, Bochum und Dortmund. „Wir kümmern uns aktuell nicht um diese Thematiken“, sagt Finanzchef Rupp dazu. Wenn sich die Frage stelle, werde die RAG-Stiftung das „adäquat prüfen“. Es gelte der Grundsatz: „Wir sind wie immer an all den Themen interessiert, die sich in der Wirtschaft tun.“

Börsengang von TK Elevator möglich

Vor rund drei Jahren ist die RAG-Stiftung bei TK Elevator eingestiegen – als Juniorpartner an der Seite der Finanzinvestoren Advent und Cinven. Die ehemalige Thyssenkrupp-Aufzugsparte, die mehr als 50.000 Mitarbeiter weltweit beschäftigt, hat danach ihren Sitz von Essen nach Düsseldorf verlagert. Mehr als 17 Milliarden Euro ließ sich das Konsortium das bisherige Flaggschiff von Thyssenkrupp kosten. Das Ziel der Investoren sei, das Unternehmen zu entwickeln und zu einem besseren Preis weiterzuverkaufen, sagt Jürgen Rupp. „Auf diesem Pfad ist TK Elevator.“ Ein Szenario sei ein Börsengang. „Da muss man schauen, wann der richtige Zeitpunkt ist.“ Die Entscheidung liege allerdings bei den Mehrheitseigentümern und nicht bei der RAG-Stiftung.

Zufrieden äußert sich der Finanzchef der Stiftung zur Beteiligung an den Immobilien-Firmen „Prime“ und „Development“ der österreichischen Signa-Gruppe, die auch beim Essener Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof das Sagen hat. Die RAG-Stiftung wolle an ihren Signa-Beteiligungen festhalten, so Rupp.

Mit den Einnahmen aus Unternehmensbeteiligungen fördert die Essener Stiftung auch Projekte aus Bildung, Wissenschaft und Kultur – insbesondere im Ruhrgebiet. Allein im vergangenen Jahr lag das Budget bei 32 Millionen Euro. Seit dem Start der Stiftung im Jahr 2007 seien rund 210 Millionen Euro geflossen, so Vorständin Bärbel Bergerhoff-Wodopia. Ein Schwerpunkt liege bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen in den ehemaligen Bergbauvierteln.

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