Feudingen. Achim Wickel freut sich über doppelten Zuwachs im Artenschutz-Zentrum. Geschlecht und Namen können erst in den nächsten Wochen bestimmt werden.
Die Schritte sind noch wackelig und unsicher, das Fell ein wenig zerzaust. Der Blick immer auf der Suche nach seiner Mutter. Und doch weiß das kleine Bisonkalb, das vergangenen Dienstagnachmittag im Artenschutz-Zentrum von Achim Wickel geboren wurde, schon geschickt Herzen zum Schmelzen zu bringen.
„Die ersten 24 Stunden sind die entscheidenden“, sagt Achim Wickel. „Da zeigt sich, ob das Kalb durchkommt.“ Dieses hier zeigt Lebenswillen und sorgt auch gleich für Überraschung. „Ich hatte erst in zwei Wochen mit ihm gerechnet“, gibt Wickel mit einem Lachen zu. „Aber es wollte unbedingt zur 800-Jahr-Feier da sein.“
Das Kälbchen ist das zweite Bison, das hier in Wittgenstein im Artenschutz-Zentrum geboren wurde. Erst vor zwei Jahren kam Bruder Dörnie dazu. Der lebt noch immer in der Herde, ist fast schon so groß wie die älteren Bisons, die bis zu 40 Jahre alt werden können.
„Letztes Jahr hatten wir kein Kalb“, sagt Wickel. „Aber Bisons bekommen nur alle ein bis zwei Jahre Nachwuchs.“ Damit sind es derzeit eine Kuh und drei Bullen. Eine Negativrechnung, wie Wickel weiß. „Aber es wäre schön, wenn das Kalb ein Weibchen wird.“
Tradition folgen
Doch wie findet man das bei den Bisons heraus, die 24 Stunden am Tag auf ihrer großen Weide leben? „Da müssen wir warten, bis wir es zum ersten Mal beim Pinkeln sehen“, sagt Wickel.
Unterschied zwischen Arten zeigen
Ziel des Artenschutz-Zentrum ist es, Bisons und Wisente zu zeigen. So können Besucher kostenlos die Unterschiede zwischen den Rassen sehen. Derzeit lassen sich die neu eingezogenen, scheuen Wisente allerdings nur mit Glück entdecken.
Wickel betreibt eine Kooperation mit Russland, denn dort waren bis vor einigen tausend Jahren Bisons heimisch und sollen es wieder werden. Unterstützt wird er dabei von der kanadischen Regierung, denn von dort kommen auch seine Bisons.
Denn auch wenn er durch den Zaun nah an die Tiere herankommt, nah genug, um den Unterschied zu sehen, darf er nicht. Das würde Mutter Dorola nicht zulassen. Die beäugt uns bei unserem Besuch misstrauisch, stößt brummende Warnlaute aus und ruft ihr Kalb immer wieder zu sich. Doch sie zeigt Vertrauen, bleibt an ihrem Platz liegen. „Das wäre bei den Wisenten gar nicht möglich, die wären längst über alle Berge“, sagt Wickel. „Aber diese Bisons haben bis in die 1950er keine Menschen gekannt.“
Und wie sieht es mit dem Namen aus? Nach Bruder Dörnie soll auch das neueste Herdenmitglied der Namens-Tradition und mit einem D beginnen. Wie genau es heißen wird, dafür wird aber erst abgewartet, welches Geschlecht es ist. Auch wenn Wickel mittlerweile die Vermutung hat, dass es ein Bulle werden wird.
Überraschung bei den Wisenten
Und noch jemand will stolz und völlig unerwartet ein Kälbchen präsentieren: Die kürzlich eingezogenen Wisente. „Damit habe ich noch gar nicht gerechnet“, gibt Wickel zu.
Immerhin bekommt selbst er die scheuen Wisente nur selten zu Gesicht, so geschickt verstecken sie sich im hohen Gebüsch. Erst die Mutterrufe der Wisent-Mama haben ihn auf die Überraschung aufmerksam gemacht. Ein Glücksfall. Denn die Wisent-Kuh sollte ursprünglich nach Rumänien umziehen; da Frank Zentner aus der Damerower Werder in Mecklenburg-Vorpommern der schwangeren Kuh diese Reise jedoch nicht zutraute, landete sie stattdessen bei Wickel.