Bad Berleburg. Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg ist am Mittwoch 80 Jahre alt geworden. Im Interview offenbarte der Naturschützer und Forstwirt, was er von der Reform des Landesjagdgesetzes oder Listen mit den reichsten Familien Deutschlands hält. Und er erklärte seine Sicht zum Rechtsstreit um die Wisente.

Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg ist gestern 80 Jahre alt geworden. Die Wittgensteiner Heimatzeitung hat gratuliert und der Jubilar nahm sich an seinem Ehrentag Zeit für ein zweistündiges Interview. Darin offenbarte der Naturschützer und Forstwirt auch, was er von der Reform des Landesjagdgesetzes oder Listen mit den reichsten Familien Deutschlands hält. Und er erklärte seine Sicht zum Rechtsstreit mit den Hochsauerländern um die Wisente.

Wie feiern Sie diesen runden Geburtstag?

Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg: Wenn man 80 wird, müsste man ganz viele Menschen, Verwandte und Mitarbeiter, einladen. Ich bin aber kein großer Feierer, wissen Sie. Bei mir gibt es heute nur ein Abendessen mit der Familie.

Prinz Richard, wenn Sie auf die bisherigen 80 Jahre Ihres Lebens zurückblicken, worüber freuen Sie sich heute am meisten?

Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg: Dass ich überhaupt 80 geworden bin! Ich hab’ ein paar Mal richtig Glück gehabt: Das erste Mal als kleiner Junge im Krieg. Da ist ne Bombe keine 30 Meter neben mir eingeschlagen. Die wollten das Schloss treffen, aber die Bombe ist in den Schlosspark gefallen.

Das nächste Mal hatte ich Glück bei einem Autounfall in Sterzhausen. 1956 musste ich mit einem Volkswagen Cabrio einer Frau ausweichen, die mit dem Motorrad abgebogen ist. Mein Wagen kam in der Ortsdurchfahrt ins Schleudern, ist gegen eine Wand gefahren und hat sich überschlagen. Ich blieb unverletzt und bin sofort hinter der Frau hergelaufen, hab’ sie aber nicht mehr erwischt. Als ich zurückkam, stand der Dorfpolizist neben dem Auto und hat nach dem Fahrer gesucht. Er hat mir nicht geglaubt, dass ich das war. Dann ist mal ein Pferd auf mich gefallen. Ich wäre um ein Haar zerquetscht worden. Und vor zwei Jahren musste ich mich an der Bauchschlagader operieren lassen – von einem Spezialisten in Dänemark. Der hat mich vorher jedes Jahr untersucht. Seine Miene wurde jedes Mal finsterer und dann hat er gesagt: Du musst dich operieren lassen. Ich habe geantwortet: Ja, machen wir. Nach der Jagdsaison im Januar. Da hat der Arzt mich angeschaut und gesagt: Bis dahin bist Du tot. Also hab ich mich operieren lassen.

Kürzlich kursierte ein Papier in den Medien, auf dem die reichsten Deutschen Familien aufgelistet sind. Sie zählen zu den 500 reichsten . . .

Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg: Ja, das hab ich gesehen und mich gewundert, dass wir auf einer Stufe mit Thurn und Taxis stehen. Aber wissen Sie, dass ist doch alles Quatsch. Wenn ich die 13 000 Hektar mit Bäumen drauf nehme, dann sind das auf dem Papier ein paar Hundert Millionen Euro. Aber wer zahlt mir die denn, wenn ich verkaufe? So ein Unsinn. Außerdem stehen Namen auf dieser Liste, da frage ich mich, haben die Geld oder vielleicht doch nur Schulden? Wieder andere klagen sofort vor Gericht, wenn ihr Name in so einem Zusammenhang veröffentlicht wird.

Sie setzen sich für Naturschutz und bedrohte Arten ein, besitzen den größten privaten Forstbetrieb in NRW und sind passionierter Jäger. Was halten Sie von der geplanten Reform des Landesjagdgesetzes?

Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg: Das ist eine ganz traurige Sache. Naturschutzverbände wie der BUND und der NABU haben die Macht, weil dahinter Hundertausende Mitglieder stehen. Die zahlen fünf Euro Beitrag und glauben dann, dass sie was von Naturschutz und Jagd verstehen. Wir Jäger haben eine wahnsinnig schwierige Ausbildung hinter uns, ehe wir uns Jäger nennen dürfen.

Jetzt wollen die, dass künftig nur noch deutsches Wild in den Wäldern lebt. Das heißt beispielsweise keine Muffel mehr. Von Dammwild, das auch nicht heimisch ist, redet aber keiner. Und sie wollen ein Fütterungsverbot. Wenn wir aber im Winter nicht füttern, dann frisst das Rotwild den ganzen Wald auf oder verhungert. Also müsste ich alle diese Tiere totschießen. Das macht doch keinen Sinn.

Und was wildernde Katzen angeht: Wir schießen sie nicht. Das macht auch keinen Sinn. Trotzdem glauben viele, wenn ihre Katze nicht nach Hause kommt, war’s der Jäger. Es gibt aber einen viel größeren Katzenjäger im Wald. Das ist der Fuchs.

Mit selbst angelegten Biotopen haben Sie in ihren Wäldern Lebensräume beispielsweise für den Schwarzstorch geschaffen und jetzt den Wisent in die Wittgensteiner Wälder geholt. Wie stehen sie zum Luchs, der von Hessen her zurückdrängt oder aber der vorhergesagten Rückkehr des Wolfes?

Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg: Also, es glaubt doch keiner, dass die Wölfe von Polen hier her eingewandert sind. Die sind auf den Militärgeländen ausgesetzt worden. Das gleiche gilt für die Luchse. Die Russen haben die Wölfe mitgebracht und die Amis die Luchse – als Haustiere. Als das Militär abgezogen ist, wurden diese Tiere frei gelassen. Und das Interessante ist, wenn die Luchs oder Wölfe Schafe oder Fohlen reißen, dann kommen Naturschutzverbände und zahlen die Schäden. Deshalb hört davon auch keiner was Negatives.

Die Wisente sorgen wegen geschälter Bäume für großen Streit diesseits und jenseits des Rothaarkamms. Geht es da nur um die Wisente und Bäume, oder sind das auch alte, historische Rechnungen zwischen den ‘Kölschen’ und dem Haus Sayn-Wittgenstein?

Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg: Nein! Diese Zeiten sind lange vorbei. Aber ich sage Ihnen, was die Sauerländer stört. Es geht nicht um die Schälschäden. Buchen überwalmen solche Stellen. Und es geht auch nicht darum, dass diese Buchenbestände Saatgutbestände sein sollen – dann wäre sie registriert. Es geht einzig und allein um die Jagd. Die ist gestört, weil das Rotwild weg ist und dann gibt es in diesem Jahr auch noch weniger Sauen als sonst. In einem normalen Jahr habe ich an einem Tag 200 Sauen gesehen, heute brauche ich 200 Tage um eine Sau zu sehen.

Und ich sagen Ihnen noch eins, wie diese Kritiker aus dem Sauerland den Umweltminister Remmel angeschrien haben, das geht überhaupt nicht.

Ihr Cousin Ludwig-Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg in Bad Laasphe hat die Windkraft als Geschäftsfeld für sich entdeckt. Das gleiche gilt für Landbesitzer in Wingeshausen, deren Flächen an Ihre grenzen. Sie gelten dagegen nicht als Freund der Windräder. Was stört Sie daran?

Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg: Mit mir wird es so eine Verschandelung der Landschaft nicht geben. Nicht da, wo ich sie sehen kann. Es hat ja Ideen gegeben, zum Beispiels vier, fünf Windräder auf dem Reifelscheid oder bei Girkhausen aufzustellen. Da sage ich: Nur über meine Leiche! Auch die Waldgenossenschaft in Wingeshausen will welche aufstellen. Die sollen sich mal überlegen, was sie unserer Landschaft damit antun.