Bad Berleburg.
Soll die Flüchtlingsunterkunft in Bad Berleburg demnächst erweitert werden? Über die Maximal-Kapazität von 450 Personen hinaus? Für einige Bürger ist das ein Grund zur Sorge. Überhaupt kein Gedanke, sagen dazu die Verantwortlichen unisono. Und dann ist da noch eine gewisse Angst in der Bevölkerung um die eigene Sicherheit.
Mit 450 Menschen ist der Platz in der Notunterkunft, die anfangs maximal 300 Personen vorübergehenden Wohnraum bieten sollte, ausgereizt. Ist ein Anbau geplant?
Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg, ist das „nicht bekannt“. Das Einzige, was an der ehemaligen Rothaarklinik baulich noch verändert werden müsse: der Brandschutz. Dazu müsse tatsächlich etwas angebaut werden – und zwar Fluchttreppen außen am Gebäude. Auch das Gerücht um eine Unterbringung weiterer Flüchtlinge in der leer stehenden früheren AHG-Klinik am Breidenbach hält sich hartnäckig. Vom Bad Berleburger Bürgermeister Bernd Fuhrmann kommt dazu ein „Nein“: Das sei definitiv nicht geplant.
Wie berichtet soll in allen NRW-Flüchtlingsunterkünften eine „Task Force“ der Bezirksregierungen unterwegs sein, um sich vor Ort mit möglichen Problemen und Miss-Ständen zu befassen. Wie sieht es damit in Bad Berleburg aus?
Das sei gerade in Bad Berleburg als mittlerweile „dauerhafte Einrichtung“ nicht notwendig, erläutert Behörden-Sprecher Christoph Söbbeler. Hier sei die Bezirksregierung nämlich „von vornherein mit Mitarbeitern“ präsent gewesen.
In Bad Berleburg sind es aktuell zwei. Ziel der „Task Force“ sei es derzeit eher, „in kurzfristig geschaffenen Flüchtlingseinrichtungen präsent zu sein“, erläutert Söbbeler – um dort „Verwaltungsdinge“ zu klären, aber auch beschleunigt Asyl-Verfahren anzugehen. Grundsätzlich seien die Mitarbeiter der Bezirksregierung in den Notunterkünften jetzt zusätzlich angehalten, „ihr Augenmerk auf Hygiene, vernünftige Verpflegung der Bewohner und deren medizinische Versorgung“ zu richten.
Eine weitere personelle Aufstockung sei erst realistisch, so Söbbeler, sollte das Land NRW tatsächlich in eine angedachte Phase „Erstaufnahme-Einrichtung gemeinsam mit dem Kreis Siegen-Wittgenstein“ einsteigen.
Wie lange laufen die Mietverträge des Landes mit der Helios-Klinik als Eigentümer des Gebäudes am Spielacker?
Die Mietverträge mit Helios als Eigentümer seien zwar „zeitlich begrenzt“, so Söbbeler, könnten aber jederzeit verlängert werden. In diesem Zusammenhang hält Helios-Sprecher Tobias Pott die Entscheidung seines Unternehmens, den ohnehin leer stehenden Klinik-Komplex als Notunterkunft an das Land NRW zu verpachten, nach wie vor für richtig. Das sei damals eine „extreme Notlage“ gewesen – und heute noch vielmehr.
Damit sei Bad Berleburg und den Flüchtlingen womöglich eine wirklich menschenunwürdige Zeltstadt wie in anderen Städten oder Gemeinden des Landes erspart geblieben. Schon aus ethischen Gründen sehe sich Helios dazu verpflichtet, etwas für Flüchtlinge zu tun. Auch weiterhin, solange es nötig sei. Die Einnahmen aus der Verpachtung der Rothaarklinik kommen nach Angaben Potts dem Reha-Zentrum von Helios vor Ort zugute.
Wie sollte man mit den Ängsten in der Bevölkerung umgehen?
Jürgen Hecker vom DRK Westfalen-Lippe als Betreiber der Notunterkunft:Von Ängsten in der Bad Berleburger Bevölkerung, die sich abends und nachts selbst in der Kernstadt nicht mehr sicher fühlten, höre er „zum ersten Mal“. Sicher: Das Haus am Spielacker sei grundsätzlich „eine offene Einrichtung“, deren Bewohner kommen und gehen könnten, wann sie wollten. Er könne sich aber nicht vorstellen, so Hecker, dass sich Bewohner da nachts noch großartig in der Kernstadt aufhielten. Er werde dem Hinweis aber gerne nachgehen.
Behördensprecher Christoph Söbbeler, der die Einrichtung von eigenen Besuchen kennt, hält nächtliche Bedrohungen durch Bewohner für eher unwahrscheinlich. Gleichwohl „gibt es auch immer subjektive Befindlichkeiten“, sagt er – „das muss man respektieren“. Hier sei einmal mehr der „Runde Tisch“ in Bad Berleburg gefragt, findet Söbbeler. Möglicherweise müssten die Aktiven dort das Gespräch mit Anwohner-Vertretern und kritischen Bürgern suchen. Dabei sei allerdings zu prüfen: „Was sind das für konkrete Situationen?“ Die Polizei könne jedenfalls nicht anrücken, nur weil sich jemand unsicher fühle.
Vielleicht müsse man aber auch die Bewohner der Unterkunft noch einmal ansprechen und gezielt mit „Verhaltensregeln im öffentlichen Raum“ vertraut machen. Das ist nicht einfach, räumt Söbbeler ein, wenn die Verweildauer der Bewohner in Bad Berleburg im Verlauf ihres Asylverfahrens üblicherweise bei zwei bis drei Wochen liege. Und diese Menschen „ihrerseits unsicher“ seien.
Bad Berleburgs Bürgermeister Bernd Fuhrmann: Die Ängste und Sorgen in der Bevölkerung habe er gegenüber NRW-Innenminister Ralf Jäger bei dessen Besuch in Bad Berleburg bereits deutlich gemacht, betont Fuhrmann. Dem jetzt entgegenzuwirken, sei „ein Muss“, so der Bürgermeister. Er werde das Thema aber demnächst nochmals bei einer Konferenz der Bürgermeister und Landräte ansprechen, zu der Arnsbergs Regierungspräsident Gerd Bollermann eingeladen habe.
Wie berichtet sollen Städte und Gemeinden in NRW mehr Zuschüsse für Unterbringung und medizinische Versorgung der Flüchtlinge erhalten. Was davon fließt nach Wittgenstein?
Generell sei in den Kommunen tatsächlich auch „Handlungsbedarf“, bestätigt Jürgen Hecker vom DRK Westfalen-Lippe. Die Erstattungen des Landes für die Unterkünfte dort seien jedenfalls bislang nicht kostendeckend gewesen. Diese Regelung möge für die Stadt Bad Laasphe und die Gemeinde Erndtebrück gelten, aber nicht für Bad Berleburg, betont Bürgermeister Bernd Fuhrmann – weil die Notunterkunft am Spielacker eben eine Einrichtung des Landes NRW sei und von Düsseldorf aus direkt finanziert werde. Dass das Land jetzt vor allem die soziale Betreuung der Bewohner in den Notunterkünften stärken und die Standards bei den Sicherheitsdiensten deutlich verbessern möchte, begrüßt Fuhrmann auf jeden Fall ausdrücklich.
Wird es auch in Bad Berleburg eine direkte Anlaufstelle für Beschwerden geben, wie sie der Flüchtlingsgipfel auf Einladung von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kürzlich angekündigt hat?
Hier bittet Behördensprecher Söbbeler noch um Geduld. Um das vernünftig zu organisieren, brauche man noch ein wenig Zeit.