Wittgenstein. Ein großer Teil der praktizierenden Haus- und Fachärzte in Wittgenstein ist weit über 50 Jahre alt. Während in naher Zukunft ein Versorgungsmangel droht, schließen sich immer mehr Ärzte in Kooperationsverbänden zusammen. So wollen sie weiterhin effektive Behandlung möglich machen.

Noch sind die Kommunen im Kreis Wittgenstein mit Hausärzten relativ gut versorgt und auch an Fachärzten scheint es im Regierungsbezirk Arnsberg nicht zu fehlen. Das geht zumindest aus einem Versorgungsplan, Stand 22. September 2014, der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe hervor. Doch in einigen Jahren könnte der Versorgungsgrad – das Verhältnis von Ärzte- zu Einwohnerzahl – kippen. Darauf deutet die Altersstruktur der aktuell praktizierenden Ärzte hin.

Zwar würden faktisch mehr junge Ärzte zugelassen, die Anzahl der Arbeitsstunden hat sich aber insgesamt verringert. Auch die Tatsache, dass immer mehr Frauen, die zwischenzeitlich Familien gründen, ein Medizinstudium absolvieren, trägt zu Veränderungen bei. Und dann gebe es noch einen nicht unerheblichen Teil an Medizin-Absolventen, die den Arztberuf gar nicht ergreifen, so der Allgemeinmediziner Ulrich Gauß aus Bad Laasphe.

Patienten haben längere Wege

In Bad Berleburg zum Beispiel ist der Bedarf an Hausärzten aktuell zu 99,8 Prozent gedeckt. Knapp 24 Prozent der 17 Hausärzte sind allerdings über 65, fast 30 Prozent über 60 Jahre alt. Mit einem Versorgungsgrad von 128,8 Prozent ist Bad Laasphe derzeit sogar überversorgt. Weit mehr als 50 Prozent der Hausärzte sind aber immerhin schon älter als 55 Jahre. Und die Zahlen seien relativ, wie Ulrich Gauß erklärt. Wenn in kleinen Städten nur ein Arzt wegfällt, ändert sich die Quote stark. Je größer die Gesamtfläche der Kommune, desto größer sind auch die neuen Anfahrtswege, die dann auf Patienten zukommen.

Was die Ärztestruktur in Wittgenstein betrifft, sieht der Hausarzt die Veränderungen in Gesundheitsreformen der vergangenen Jahre begründet. Konkret habe sich zum Beispiel die Kliniklandschaft geändert. „Es gibt immer mehr private als kommunale oder kirchlich getragene Krankenhäuser“, erklärt Ulrich Gauß, der eine Hausärztliche Gemeinschaftspraxis betreibt. Viele Krankheiten würden nicht mehr vor Ort, sondern in weit entfernten Fachkliniken behandelt. „Die Medizin ist auf wirtschaftliche Aspekte umgestellt.“ Der Trend gehe zu Schließung oder eben Spezialisierung. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) machen den niedergelassenen Fachärzten Konkurrenz, weshalb sich letztere oft zusammenschließen – wie bei Gauß selbst der Fall – zum Beispiel in Gemeinschaftspraxen. Denn: „Vernetzte Strukturen sind kostengünstiger und effektiver“, erklärt der Mediziner.

Kooperation soll Patienten helfen

Kooperationsverband Ärzte der Region

„Der Patient im Mittelpunkt“ ist Prämisse des grenzübergreifenden Kooperationsverbands AdR.

Den Patienten soll weiterhin eine wohnortnahe qualifizierte Versorgung ermöglicht werden.

Eine Zusammenarbeit der Haus- und Fachärzte soll Behandlung bequemer, effektiver und transparenter machen.

Bei der Arztsuche hilft der gemeinsame Internetauftritt:

Aber auch Ärztenetzwerke spielen eine immer bedeutendere Rolle: Ulrich Gauß ist 1. Vorsitzender des Kooperationsverbandes Arzt der Region Hinterland/Wittgenstein (AdR). Im Jahr 2007 gegründet, gehören dem Verband inzwischen 46 niedergelassene Fachärzte an, die 15 verschiedene Fachbereiche repräsentieren. Eie gute Vernetzung ermögliche zum Beispiel den direkten Austausch von Krankendaten, zwischen Haus- und Fachärzten, aber auch unterschiedlichen Fachärzten und Ärzten mit Apotheken. Für Patienten würden zum Beispiel kürzere Wartezeiten auf Behandlungstermine anfallen, Doppelbehandlungen könnten vermieden und gute Ärzte schneller gefunden werden, so Ulrich Gauß.