Limburg/Bad Berleburg.

Beharrlichkeit und kriminaltechnische Fleißarbeit haben sich ausgezahlt. Schon bald werden die mutmaßlichen Schänder des jüdischen Mahnmals in Bad Berleburg und des jüdischen Friedhofs in Siegen vor Gericht stehen. Die Staatsanwaltschaft im hessischen Limburg hat knapp neun Monate nach der abscheulichen Tat gegen zwei junge, erwachsene Männer Anklage vor dem Schöffengericht Dillenburg erhoben.

Einer der Angeklagten stammt nach Informationen dieser Zeitung aus Siegen und wohnt inzwischen in Freudenberg, der andere wohnt im Lahn-Dill-Kreis. Dies bestätigte der Leiter der Ermittlungen, Oberstaatsanwalt Hans-Joachim Herrchen, am Mittwoch auf Nachfrage dieser Zeitung.

Sieben Tatorte in einer Nacht

Herrchen wirft den beiden Tatverdächtigen vor, in der Nacht zum 9. November 2013, dem geschichtsträchtigen 75. Jahrestag der Reichspogromnacht, an insgesamt sieben Stellen im Kreis Siegen-Wittgenstein und dem benachbarten Lahn-Dill-Kreis Transparente mit der Aufschrift „Die ewige Lüge lebt weiter“ aufgehängt zu haben. Damit haben die Täter den Völkermord der Nazis an der jüdischen Bevölkerung geleugnet und eine politische Straftat begangen.

Besonders abscheulich in Berleburg

Tatorte waren auch der jüdische Friedhof im Hermelsbach in Siegen und das Mahnmal für die entrechteten und verfolgten jüdischen Mitbürger Bad Berleburgs am jüdischen Friedhof in Berlebach. In Bad Berleburg war die Tatausführung besonders abscheulich. Neben dem Spruchband hing an einem Zaun auch das frisch abgezogene Fell eines Wildschweins. Der Kopf des Tieres war am Davidstern des Denkmals befestigt worden.

Diesem Wildschwein kommt eine Schlüsselrolle bei den erfolgreichen Ermittlungen zu: „Wir konnten dessen Herkunft anhand der Abschussmarke vom jüdischen Ehrenmal bis in das Jagdrevier zurück verfolgen, in dem es geschossen wurde“, erläutert Herrchen. Das Tier sei im „südlichen Siegerland“ erlegt worden. Da aber der Jagdpächter mit dem Verbrechen laut den Ermittlungen nichts zu tun hat, wollte Herrchen den Ort nicht genauer spezifizieren. Insgesamt sei die Wildschweindecke durch „vier Hände“ gegangen und so schließlich bei einem der Tatverdächtigen angelangt.

Weil das tote Tier einer der „wesentlichen Gesichtspunkte“ in den Ermittlungen gewesen sei, habe man auch zunächst über diesen Teil des Tathergangs geschwiegen und auch die Medien mit Blick auf einen Ermittlungserfolg um Zurückhaltung gebeten, antwortet Herrchen auf Kritik an der Informationspolitik der Behörden und nimmt auch die Medien in Schutz, deren Berichterstattung wegen ihrer Zurückhaltung bei den Tatdetails als unvollständig kritisiert worden war.

Aufwändige Ermittlungen

Neben dieser heißen und einzigartigen Spur verfolgten die Staatsanwaltschaft in Limburg und der Staatsschutz in Hagen noch weitere Anhaltspunkte. „Wir haben die Kriminaltechnik beim Landeskriminalamt ganz schön gestresst. Das waren sehr aufwändige Untersuchungen“, so Herrchen. Bei der Spurensicherung sind die Transparente und auch die Befestigungsmaterialien als Spurenträger sicher gestellt worden. Nach der völlig verregneten Nacht bestand laut Herrchen allerdings wenig Aussicht auf Erfolg. Umso bedeutsamer war es, dass an einer Kordel, mit der das Transparent in Bad Berleburg befestigt worden war, und auch an einem Plastikkabelbinder, der an einem Tatort im Lahn-Dill-Kreis verwendet worden war, DNA sichergestellt werden konnte. Diese konnte nach einem Abgleich jeweils einem der beiden Angeklagten zugeordnet werden. Komplettiert wird die Indizienkette durch Ergebnisse der Hausdurchsuchungen bei den beiden jungen Männern. Die Erkenntnisse daraus lassen eindeutige Schlüssel auf die politisch rechte Gesinnung der mutmaßlichen Täter zu. Die Angeklagten selbst haben in Vernehmungen von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht, so Herrchen abschließend.