Wittgenstein. . Wechselnde Mehrheiten, je nach Thema und Interessenlage? Oder doch so eine Art Koalition? In Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück müssen sich die Parteien verständigen – sonst wird es nichts mit einer zielorientierten Arbeit in den Stadt- und Gemeinderäten. Wer mit wem oder lieber doch nicht – erste Trends sind erkennbar.

Die Kommunalwahl ist vorbei, die drei Wittgensteiner Räte stehen. Jetzt kommt die Zeit der Gespräche zwischen den Parteien. Erste Ideen für politische Allianzen gibt es bereits.

Bad Berleburg

13:13 steht’s für CDU und SPD bei der Sitzverteilung im Bad Berleburger Rat – ein Patt. Zumindest vorläufig. Denn: Auf dem künftigen Bürgermeister kommt es an – und der wird in Bad Berleburg bekanntlich erst nach der Stichwahl am 15. Juni feststehen.

Mitgliedschaft im Rat: Reserveliste zieht bei allen Fraktionen

Hier die neu gewählten Vertreterinnen und Vertreter in den drei Wittgensteiner Räten auf einen Blick:

Bad Berleburg

CDU: Werner Wegener, Elmar Knoche, Christoph Hippenstiel, Ursula Belz, Eberhard Lauber, Martin Schneider, Kai-Uwe Jochims, Heinrich Limper, Anke Fuchs-Dreisbach, Uwe Weinhold (alle Direktmandate), Eberhard Friedrich, Andreas Lückel, Hermann Kaiser (alle Reserveliste)

SPD: Bernd Weide, Andreas Meinecke, Bodo Hüster, Dirk Jung, Karl Heinrich Sonneborn, Dietmar Beuter (alle Direktmandate), Iris Gerstmann, Brigitta Schöneborn, Michael Sittler, Ulrike Dirkmann, Ulrich Dienst, Simone Hess, Otto Marburger (alle Reserveliste)

UWG: Hans Ullrich Seibel, Horst Günter Linde (beide Reserveliste)

FDP: Günter Schmidt (Reserveliste)

Grüne: Oliver Junker-Matthes, Susanne Bald (beide Reserveliste)

Die Linke: Siegfried Petri (Reserve)

Erndtebrück

SPD: Heiko Becker, Henning Gronau, Antje Laues-Oltersdorf, Irmlind Laues, Andreas Nölling, Tim Saßmannshausen (alle Direktmandate), Lothar Menn und Hartmut Koppe (beide Reserveliste)

CDU: Lorenz Benfer, Fritz Hoffmann, Steffen Haschke (alle Direktmandate), Heinz-Josef Linten, Carsten Dreisbach, Matthias Völkel, Heiko Strack, Ralf Boshof (alle Reserveliste)

FDP: Heinz Georg Grebe (Direktmandat), Karl Wilhelm Flender, Doris Benfer (beide über Reserveliste)

UWG: Matthias Althaus (Direktmandat), Heinrich Wilhelm Wörster, Olaf-Karsten Kettler (Reserveliste)

Bad Laasphe

CDU: Christian Conrad, Martin Achatzi, Thomas Kreutter, Wolfgang Jäger, Elvira Hassler, Petra Loretta Tang, Karl-Hein Lehmann, Günter Wagner, Erich Horchler, Werner Treude, Sebastian Stiller (alle Direktmandate), Sven Boris Kämmerling (Reserveliste)

SPD: Waltraud Schäfer, Christel-Marianne Rother, Stephan Hochdörffer, Björn Strackbein (alle Direktmandate), Luiza Licina-Bode, Nils Wacker, Paul-Friedrich Schuppener, Nikolaj Schäfer, Margot Leukel, Daniela Schneider, Stephan Wagner, Peter Lorke, Armin Joenke (alle Reserveliste)

FDP: Klaus Preis (Direktmandat), Rüdiger Petri, Michael Ermert, Ulrich Krüger (alle Reserveliste)

Grüne: Annegret Bade, Edgar Kuhly, Viola Schneider (alle Reserveliste)

„Das ist für uns noch die große Unbekannte“, sagt SPD-Fraktionschef Bernd Weide. Würde es Dietmar Beuter, hätten die Sozialdemokraten eine Stimme mehr an Gewicht für die nächsten sechs Jahre im neuen Rat. Eine Art „große Koalition“ mit der CDU schließt Weide gleich aus. Die UWG, die pauschal den Bürgerwillen in den Vordergrund stelle, zeige „kein Profil“. Die Linke sei „ein neuer Faktor im Rat, die Leute uns nicht bekannt“. Und mit der FDP verbinde die SPD vielleicht am ehesten der Wunsch, den nichtöffentlichen Arbeitskreis Gesundheit zu einem regulären Ausschuss aufzuwerten – allein schon mit Blick auf die kritische Situation der Kliniken vor Ort.

Mit den Grünen gebe es dagegen viele Gemeinsamkeiten, findet Weide. Läuft’s auf wechselnde Mehrheiten hinaus? Oder ist da in Sachen Kooperation doch mehr drin? Fragen, mit denen sich am heutigen Dienstag auch die SPD-Fraktion erst einmal intern befassen möchte.

CDU: Keine Gespräche mit UWG

Die CDU-Fraktion im Rat findet sich am kommenden Montag in ihrer neuen Form zusammen. Auch für CDU-Fraktionschef Eberhard Friedrich gibt es Parteien, mit denen man wahrscheinlich nicht sprechen werde: die Linke und – die UWG, die im Wahlkampf mit ihren Angriffen allzu persönlich geworden sei. Zu den Grünen dagegen gäbe es schon ein gewisse Nähe, sagt Friedrich – zumindest bei bestimmten Themen. Und mit der SPD rede man sowieso.

Die für die Bündnis-Grünen neu in den Rat gewählte Susanne Bald kann sich „durchaus wechselnde Mehrheiten“ bei Beschlussfassungen vorstellen. „Wir sitzen da nun als doppelte Kraft und werden Gas geben, diskutieren und viel arbeiten. Es kommt Bewegung in die Politik.“ Und Oliver Junker-Matthes ergänzt: „Wir werden die Dinge ausdiskutieren – am besten bis zum Konsens.“

Den Schwerpunkt seiner künftigen Ratsarbeit möchte Siegfried Petri (Linke) auf die Sozialpolitik legen. Dazu zähle, dass „sich der Umgang mit Hartz -IV-Empfängern verbessern“ müsse. Nach eigenen Angaben will Petri „selbst versuchen, über einen 400-Euro-Job im Asylbewerberheim in Bad Berleburg zu arbeiten und meine Erfahrung dort dann im Rat einbringen.“

Bad Laasphe

Die Verhältnisse haben sich zugunsten der SPD verschoben. Aber ist das auch der letzte Schluss aus dem Wahlergebnis?

Wenn es nach den reinen Zahlen geht, ist die SPD mit 40,53 Prozent (+3,26 Prozent) und 13 Mandaten (eines mehr als 2009) klarer Sieger der Stadtratswahl in Bad Laasphe. Nimmt man aber die Direktmandate, geht diese Wahl klar an die CDU, die erneut immerhin elf ihrer insgesamt zwölf Sitze (einer weniger als 2009) mit siegreichen Wahlkreiskandidaten besetzen kann. Außerdem konnte der wieder in die Union eingetretene Martin Achatzi der SPD den Wahlkreis IV abnehmen.

Die Genossen haben nur vier Direktmandate geholt. Dafür aber zieht die Reserveliste bis zum zehnten Platz. „Das ist der Waltraud-Bonus“, sagt der bisherigen CDU-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Jäger anerkennend. Schäfers Wahlkreis-Ergebnis wurde zu allerletzt bekannt gegeben. 404 Stimmen für die SPD und 77 für die CDU. Klare Sache. „Unsere Arbeit hat sich ausgezahlt“, freut sich Waltraud Schäfer. Ähnlich kommentiert auch Wolfgang Jäger den Ausgang der Wahl vor allem mit den durchsetzungsfähigen Kandidaten: „Wir haben einiges bewegt und wollen diese Truppe auch so zusammenhalten“, sagt Jäger. Nimmt man Martin Achatzi mal heraus, gibt es in der CDU drei echte Neulinge in der Fraktion. Die heißen Petra Tang (für ihren Vater Jürgen Tang), Thomas Kreutter (für Volker Gautsch) und Sven Boris Kämmerling (Reserveliste).

Liberale stellen sich ganz neu auf

Zünglein an der Waage sind in Bad Laasphe die FDP oder die Grünen. Die Liberalen stellen sich mit ihren erneut vier Mandaten um ihren bisherigen Fraktionsvorsitzenden Klaus Preis (Direktmandat) sowie die Neulinge Rüdiger Petri und Michael Ermert ganz neu auf, können aber auf die Erfahrung von Ulrich Krüger (von der FWG zur FDP) bauen. Weil die FDP nicht mehr angetreten ist, konnte sich Bündnis90/die Grünen über ein hinzugewonnenes Mandat freuen. Mit Anne Bade an der Spitze ziehen die Neulinge erstmals Edgar Kuhly (Für Matthias Mellmann) und Viola Schneider in den Rat ein.

Erndtebrück

Erndtebrücks Bürgermeister Karl-Ludwig Völkel zeigt sich mit dem Wahlausgang vom Sonntag zufrieden. „Das Ziel der SPD, einen Sitz dazu zu gewinnen, ist erreicht.“ Und sechs Direktmandate – das sei schon „ein gutes Ergebnis“, eine Überraschung inklusive: Tim Saßmannshausen holte den Wahlbezirk Schameder, bislang eher ein gutes Pflaster für die CDU. Deren Kandidat Carsten Dreisbach, bislang Ortsvorsteher Schameder, kommt aber dennoch in den neuen Erndtebrücker Rat – per Reserveliste.

Ob die SPD-Politik in der Edergemeinde wie bisher mit wechselnden Mehrheiten weitergeht, „werden die Gespräche mit den anderen Parteien ergeben“, so Völkel. Festere Konstellationen würde sich der Bürgermeister allerdings wünschen.

Und was wird, wenn die Amtszeit des Bürgermeisters im kommenden Jahr endet? Im September 2015 werde es erst einmal eine Wahl geben, so Amtsinhaber Völkel – mit einem guten SPD-Kandidaten. Ein Wechsel seinerseits in die eigene SPD-Ratsfraktion sei bislang allenfalls „eine Option“, betont Völkel.