Bad Berleburg. .

Der rheinische Frohsinn lacht aus ihren Augen, ihre Kölschen Wurzeln kann und möchte Claudia van den Berg auch gar nicht verbergen. Auch nach neun Jahren in ihrer Wahl-Heimat Bad Berleburg. Dort hat sich die heute 41-Jährige vor sieben Jahren als Damenschneiderin niedergelassen. Ihre Nähmaschine surrt seitdem in ihrem kleinen Atelier im Ulmenweg. Allerdings ist dort für zwei Monate im Jahr Ruhe – dann ist Claudia van den Berg auf dem Schiff.

Urlaub? Kreuzfahrt? Von wegen! Es ist ein knallharter Job, den die Berleburgerin leistet. Bis zu 15 Stunden am Tag schneidert und misst sie die Garderobe für die Schiffsmannschaft – vom Spüljungen bis zum Kapitän. Aber dazu kommen wir später.

Angefangen bei Null

Anstatt als Schneiderin in die Industrie zu gehen, in der Fabrik zu arbeiten, hat sich Claudia früh für die Selbstständigkeit entschieden und ein drittes Jahr an ihrer Schneiderlehre gehängt. Das notwendige Rüstzeug für ihren Handwerksberuf erhielt die junge Frau bei einer Mode-Designerin im Bergischen.

Begonnen hat alles in Berleburg bei Null. „Noch keine Kunden, aber hohe Motivation,“ blickt die 41-Jährige zurück. Hauptsächlich über Mundpropaganda durch Freunde und Bekannte hat sich Claudia van den Berg dann schnell einen Namen gemacht. „Vielleicht weil es bei mir alles gibt?“, mutmaßt die Damenschneiderin, die vom Knopf annähen über Hosen kürzen bis zur Neuanfertigung von Kleidern und Kostümen ein Allround-Programm anbietet. Gefragt ist sie auch bei der Änderung von Motorradkluften; denn: „An Leder traut sich nicht jeder ran,“ sagt sie mit verschmitztem Lächeln.

Auf ihr Können ist offenbar auch die Sauerländer Firma IP-Textilien aufmerksam geworden. Die meldeten sich nämlich vor einem Jahr am Telefon und boten den Job auf dem Schiff an. „Solche und ähnliche Anrufe kriegst du immer wieder und hakst sie ab“, plaudert Claudia aus dem Nähkästchen. Diesmal aber hatte sie Gelegenheit, das Angebot bei einem Besuch im Lager in Winterberg genauer unter die Lupe zu nehmen. „Der erste Eindruck war gut. Ich hab gedacht, das versuchst du und hab zugesagt.“

Verantwortlich für die Dienstkleidung

Eine Woche verbrachte die Schneiderin in Köln auf einem Flusskreuzfahrtschiff auf dem Rhein. In dieser Zeit holten dort 250 Frauen und Männer ihre Dienstkleidung ab: Blusen, Hemden, Hosen, Röcke, Krawatten, Tücher, Anzüge und Westen. Nicht immer trafen die zuvor bei der Bestellung angegebenen Größen zu. Hier und da musste gekürzt, verlängert und erweitert werden; je nach Dienstgrad verpasste Claudia van den Berg den schmucken Uniformen die entsprechenden Streifen am Ärmel. Nachdem alle eingekleidet waren, ging der gleiche Job in Paris, in Potsdam oder im Rhonetal weiter – immer auf dem Schiff.

Kunden haben schon gewartet

Vor wenigen Tagen ist die 41-Jährige erneut von einer längeren „Schiffsreise“ zurück gekommen. Zwei Wochen hat sie in Linz auf der Donau gearbeitet. Das Schiff „Prestige“ hat nun eine adrett gekleidete Crew. Für die Karnevalszeit – logisch – hat Claudia eine Pause eingelegt, um anschließend auf dem Rhein in der Nähe der deutsch-niederländischen Grenze das Personal für 17 (!) Flusskreuzfahrtschiffe anzuziehen. „Außer Schriftkram ging es dabei auch wieder ums Ausmessen und Nähen. Da muss ja alles ordentlich sitzen,“ beschreibt Claudia van den Berg ihren Job, der wohl kein Traumjob ist; denn: „Vor 12 Uhr nachts ist kein Feierabend; 15 bis 17 Stunden brauchen wir im Team, um unsere Arbeit zu schaffen.“

Für sie als selbstständige Damenschneiderin seien diese „Ausflüge“ ohnehin „nur saisonal möglich, sonst würde man auf dem Zahnfleisch gehen“. Aber, und das betont sie, es gibt „schöne Erfahrungen in der Teamarbeit, nette Leute und Einblicke in eine andere Welt.“. Das sei schon etwas anderes als „allein hier in meinem Atelier“.

Dort ist Claudia van den Berg inzwischen wieder angekommen und auf ihre verständnisvolle, aber wartende Kundschaft getroffen: „Die kann ich jetzt doch nicht im Stich lassen.“