Bad Berleburg. . Ein 63-Jähriger hat seinen Beruf zum Hobby gemacht: Kaufmann Klaus Heimann gibt Einwohnern, die sich in ihrem Heimatdorf engagieren wollen, Hilfe zur Selbsthilfe, um einen Dorfladen aufzubauen. Und Heimann kennt sich aus.

„Unser Laden“ – so heißen die kleinen Lebensmittel-Märkte in Berghausen und Dotzlar. Betreut werden sie von Klaus Heimann vom Sozialwerk St. Georg in Lennestadt. Aber: Der gelernte Lebensmittel-Kaufmann hat seinen Job als Einrichtungsleiter schon längst zum Hobby gemacht. Schon jetzt berät der 63-Jährige ganz privat Dorfgemeinschaften, die ihren ganz eigenen Traum vom eigenen Laden im Ort verwirklichen wollen. Und wenn Heimann Ende 2015 in Rente geht, würde er gerne weitermachen.

Berater-Tätigkeit macht Schule

Dass die Läden in den beiden Berleburger Dörfern florieren, davon möchte Klaus Heimann gar nicht erst sprechen. Der gelernte Lebensmittel-Kaufmann, der übrigens in Wilnsdorf-Wilgersdorf lebt, sieht das sowieso ganz anders: „So ein Lebensmittel-Laden auf dem Dorf ist kein Geschäft, sondern eine soziale Einrichtung, ein Kommunikationszentrum.“ Und das gelte eben nicht nur für die Läden des Sozialwerks, die ja sowohl für die Kunden vor Ort ein Vorteil sind als auch für jene Menschen mit Assistenzbedarf, die im Laden eine Beschäftigung finden.

Vom Lebensmittel-Konzern zum Sozialwerk

Klaus Heimann (63) hat früher als Kaufmann bei einem großen Lebensmittel-Konzern gearbeitet, eine 70-Stunden-Woche war keine Seltenheit.

Eine Filiale in Burbach-Holzhausen hat er lange geführt. Als sie 1983 eröffnet wurde, ahnte Heimann schon, wohin das führt: Zwei Händler im Ort gaben auf.

Später kam Heimann das Angebot des Sozialwerks St. Georg gerade recht, die Kette „Unser Laden“ aufzubauen: „Hier bringe ich Know-how ein, baue auf, was ich früher kaputt gemacht habe.“

Vor allem in kleineren Ortschaften rechne sich so ein Tante-Emma-Laden im Grunde einfach nicht. Wenn es so einen Laden für die Nahversorgung aber nicht mehr gebe, gerate ein Dorf jedoch schnell „in eine Abwärtsspirale“, sagt Heimann. Dann wolle dort womöglich wirklich „keiner mehr wohnen“, wechselten die Senioren unter den Bewohnern schneller ins Altenheim.

Es sei denn, dass es da diese Eigeninitiative der Bewohner gibt. Wenn sie es wollen, so Heimann, könne „ihr“ Laden die Infrastruktur vor Ort verbessern. „Das Leben blüht wieder auf“, habe ihm die Erfahrung gezeigt. Der Sozialwerk-Laden in Berghausen sei dafür ein gutes Beispiel. So habe sich dort inzwischen auch ein Friseur angesiedelt.

Natürlich müssten die Bewohner „ihren“ Laden auch tatkräftig unterstützen und dort einkaufen, sagt Heimann. Obst, Gemüse, Backwaren, Molkerei-Produkte – „wenn Sie so etwas zum Beispiel in Berghausen einkaufen, ist das abzüglich Sprit-Kosten oft billiger als die Fahrt in die Kernstadt Bad Berleburg“. Kurzum: „Die Begeisterung muss aus dem Dorf selbst kommen.“ Sonst macht es keinen Sinn.

Mit seiner Berater-Tätigkeit, die zwar bisher eher hinter den Kulissen läuft, hat Heimann dennoch einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht. In den Dörfern natürlich, aber auch in den Rathäusern.

Im 650-Einwohner-Ort Elsoff böte sich Heimanns Engagement auf den ersten Blick an. Hier hat gerade im vergangenen Jahr der letzte Lebensmittel-Laden dicht gemacht. Allerdings sind hier sowohl ein Bäcker als auch ein Metzger mit ihren Wagen unterwegs, um die Bewohner mit Lebensmitteln zu versorgen. Und dieser mobilen Lösung dürfe man ganz einfach keine ortsfeste Konkurrenz mit einem Dorfladen machen, heißt es vor Ort.

Mobile Lösungen im Visier

Auch Klaus Heimann hat mobile Lösungen im Visier. In Kürze will er sich in benachbarten Hessen umschauen Hier hat ein Modell „Rollender Supermarkt“ mit Ehrenamtlichen Erfolg – mit einer Tour über eine ganze Reihe Dörfer. „Das wäre auch etwas für Wittgenstein“, kann sich Heimann gut vorstellen.

Grundsätzlich sei kein Dorf wie das andere, weiß Klaus Heimann aus Erfahrung. Vielmehr brauche jedes von ihnen eine gute, individuelle Analyse – die zeige, ob ein Dorfladen auch wirklich Sinn mache. Dörfer oder Einheiten aus mehreren Dörfern mit insgesamt mindestens 1200 Einwohnern seien dafür jedenfalls ideal. So hatte Heimann seinerzeit „eigentlich Bauchschmerzen“, eine „Unser Laden“-Filiale in Dotzlar mit aktuell rund 800 Einwohnern zu eröffnen – bis er die besonderen Verbindungen zum Nachbarort Arfeld entdeckte.

Manchmal ist es aber auch der Zufall, der hilft. Beispiel Nordenau, ein 200-Einwohner-Dorf zwischen Schmallenberg und Winterberg, mittlerweile berühmt für seinen Heilstollen: „Hier haben wir das gestemmt, einen Laden eröffnet“, erinnert sich Heimann. Und der läuft nun schon im vierten Jahr. Erfolgreich. Allerdings nicht zuletzt dank eines wohlhabenden Urlaubers, der das Projekt kräftig sponsert. Seine einzige Bedingung: Das Geschäft soll ihn irgendwie an seine Frau erinnern. Und genau deshalb heißt es auch „Annelieses Dorfladen“. Das Angebot? „Ist ganz auf das Dorf abgestimmt“, versichert Heimann. Bis hin zum gewünschten Paketdienst.