Bad Berleburg. .
„Es gibt durchaus auch Bürger, die Verständnis äußern und sagen, dass die Stadt ja sparen müsse und um diese Uhrzeit die Einwohner schließlich auch schlafen.“ Seit die Stadt Bad Berleburg Kernstadt und Ortschaften zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens im Dunkeln stehen lässt, gibt es zwei Lager unter den Bürgern.
Probephase bis Oktober
„Die Rückmeldungen sind querbeet“, weiß deshalb auch Regina Linde. Denn die Stadt wertet die Rückläufer aus, um der Politik eine Entscheidungsgrundlage zu geben. Zeit für Rückmeldungen ist, nachdem mittlerweile alle Ortschaften in den Stromspar-Versuch einbezogen sind, noch bis September. In der zweiten Oktoberwoche soll dann der Rat entscheiden, ob aus der bis dahin laufenden Probephase dauerhaft Ernst wird oder ob – rechtzeitig vor der dunklen Jahreszeit – die Zeitschaltuhren wieder abgeschaltet werden.
Probleme für Berufsgruppen
Schon jetzt zeichnet sich allerdings ab, dass es Berufsgruppen gibt, die der nächtlichen Dunkelheit wenig Verständnis entgegen bringen. Nicht nur für Zeitungsboten, die allmorgendlich bei Dunkelheit die Abonnenten beliefern müssen, wächst mit den Sparmaßnahmen das Verletzungsrisiko. „Die Zeitungsboten haben einfach Angst, sich im Dunkeln zu verletzen. Und die Gefahr wird natürlich im Winter noch wachsen. Einige haben schon gesagt, dass sie dann nicht mehr austragen wollen, wenn es dauerhaft bei der Abschaltung bleibt“, schildert Petra Ruskowski, bei unserer Zeitung für die Koordination der Zustellung in Wittgenstein zuständig, die Rückmeldungen der Boten.
Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes WaSi, deren Arbeitszeit ebenfalls in den Nachtstunden liegt, halten auch Fußgänger und Radfahrer für gefährdet, wenn sie nachts durch unbeleuchtete Ortschaften fahren. „Unsere Mitarbeiter sind zwar alle geschult“, sagt Rüdiger Beitzel. „Aber jeder Autofahrer weiß, wie schlecht Fußgänger oder Radfahrer nachts zu erkennen sind - insbesondere wenn es regnet.“ Von Einbrechern mal ganz abgesehen. „Die lieben die Dunkelheit und brechen meist nicht spontan ein, sondern erkunden vorher die Lage.“ Dabei dürfte ihnen die Uhrzeit zwischen Mitternacht und Morgengrauen im Stadtgebiet besonders gut gefallen.
Auch für die Wittgensteiner Polizei bringt die nächtliche Dunkelheit Erschwernisse. „Wir haben zwei Probleme“, nennt Bernd Dickel seine Vorbehalte. „Das erste tritt im Bereich der Eigensicherung auf. Wenn wir ein Fahrzeug anhalten, dann machen wir das meist in einem beleuchteten Bereich. Im Dunkeln können wir erst sehen, wer im Auto sitzt und was er macht, wenn wir hineinleuchten.“ Das zweite Problem betrifft die Verfolgung von Straftätern oder Randalierer. „Die können sich in der Dunkelheit leichter unerkannt um die Ecke machen.“ Dickel will deshalb alle Probleme, die sich aufgrund der Nachtabschaltung ergeben, dokumentieren.
Weniger Lebensqualität
Eine kleine Umfrage unserer Zeitung ergab unterdessen ein ähnliches Ergebnis wie die Rückmeldungen bei der Stadt: Manche Bürger haben durchaus Verständnis für die Sparmaßnahmen, andere äußern sich kritisch. „Was soll man denn machen, wenn man abends von einer Geburtstagsfeier in der Nachbarschaft kommt?“, empört sich eine Leserin aus einer Ortschaft. „Mit der Taschenlampe durch das Dorf tasten? Wie leicht kann man auf unseren maroden Straßen stürzen und sich verletzen.“ Wie bei vielen Bürgern schwingt auch hier ein Stück Angst mit. „Da bleibe ich doch lieber zu Hause. Es geht ein Stück Lebensqualität verloren.“