Bad Berleburg. .

Ein ganzes Jahr mussten die Klassikfreunde warten - nun endlich sind sie wieder auf Schloss Berleburg angekommen. Die 41. Internationale Musikfestwoche präsentiert die beliebten Musiker der Salzburger Solisten sowie in jedem Jahr Künstler aus aller Welt, bekannte und weniger bekannte, die es Dank des traditionellen Sommerfestivals zu Berühmtheit und Ansehen gebracht haben.

Filmgröße mit klarer Stimme

Der erste Abend der Reihe unter der Organisation des Salzburgers Luz Leskowitz und der Bad Berleburger Kulturgemeinde, stand ganz im Zeichen der großen Dichterin Bettina von Arnim und des genialen Ludwig van Beethoven. Keine geringeren als die begnadete Filmgröße Gudrun Landgrebe und der behände Pianist Sebastian Knauer ließen Blicke in den Austausch der beiden sich überaus schätzenden Menschen des 18. und 19. Jahrhunderts zu. Gudrun Landgrebe, die zarte Erscheinung, zierlich mit dem glasklaren Blick, der prägnanten Stimme, Sebastian Knauer, elegant wie der weise Bonner Beethoven. Sie harmonieren in einem „Weltmeer“ der Musica. Denn diese „Musica ist aller Bewegung des Herzen eine Regiererin. Nichts auf der Erde ist kräftiger...“, erkannte Reformator Martin Luther und bestätigte Jahrhunderte vor dem Komponisten Beethoven und der Frankfurterin Bettina von Arnim, das, was beide in Takt und Reim treffend formulierten.

Gudrun Landgrebe und Sebastian Knauer erarbeiteten im formidablen Programm „In einem Weltmeer von Harmonie“ die liebevolle zarten Kontakte der Dichterin und des 15 Jahre älteren Komponisten. Was er in Melodie setzte, umfasste sie mit Lyrik und Prosa. Die Zuhörer im völlig ausgebuchten Schlossfoyer fanden ebenso wie die Schirmherrin der IMFW und Hausherrin auf Schloss Berleburg, Prinzessin Benedikte, Erfüllung in den Wohlklängen am Klavier Sebastian Knauers wie der Stimme Gudrun Landgrebes, die authentisch Bettina von Arnims Ausführungen rezitierte. Beide woben ein Tuch der musikalischen Reichhaltigkeit, das erkennen ließ, dass beide Künstler in vielen Momenten des Spiels und der Lesung eins sind mit Dichterin und Meister der Komposition. Stimmig wählten sie, in vorheriger Bearbeitung von Wolfgang Knauer – Vater des Pianisten, ein Hand-in-Hand zwischen Reim und Akkord. Drei Sonaten trugen den Abend, das Werk in c-moll, op. 10, Nr. 1, die Sonate in d-moll, op. 31, Nr. 2 sowie die wohl bekannteste und an Tiefe nicht zu überbietende Mondscheinsonate.

Die bekannte Stecknadel

Die bekannte Stecknadel, die hätte jeder fallen gehört in Atempausen der Künstlerin Landgrebe. Sie gab genau wie Pianist Knauer die Möglichkeit, Gehörtes wirken zu lassen, sich der Muse völlig dahingleiten zu lassen und im Weltmeer der Harmonie zu versinken. Kein Wunder, denn das, was die Menschen einst berührte vor über 200 Jahren an dichterischer, musischer Tiefe, das versetzt heutzutage gleichermaßen in Empathie. Gudrun Landgrebe hat es mit lupenreiner Authentizität überliefert – Bettina von Arnim musste wohl im Geiste ihre Hände auf ihre Schultern gelegt haben – was an hoher Wertschätzung und Liebe zwischen Beethoven und der Dichterin an Band vorhanden war. „Beethoven – Der große Zauberer“, „Musik ist die Seele“, „Ich sehnte mich nach ihm“, „Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühen?“ sowie „Tausend Briefe und Gedanken“, „Ein Weltherrscher“ und „Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß was ich leide“. Diese Sehnsucht, sie drückt das aus, was beide sich sagen konnten, in Worten und Zeichen, aber es physisch wohl nicht gelebt haben. Bettina umschrieb ihr Dasein als drei Leben, als Mutter von sieben Kindern, so wie es erwartet wurde von einer Frau einst, als Dichterin, Denkerin und als Freundin Beethovens. Beethoven sah sie parallel hierzu in drei Wohnungen leben, symbolisch wie auch im realen Leben als Mensch, unterwegs und auf der Reise.

Störrische Männer geöffnet

Der einstige DDR-Kolumnist Alfred Kantorowicz äußerte einst: „Sie muss unwiderstehlich gewesen sein, die junge Bettine;...sie hatte diese genialische Gabe, rasch vertrauen zu erwerben; auch schwierige und störrische Männer eröffneten sich ihr bei erster Begegnung.“ Auch Goethe blickte mit Begeisterung auf die Frau Bettina, und so taten es die Zuhörer auf Schloss Berleburg. Gudrun Landgrebe und Sebastian Knauer begegneten niemandem, der hier störrisch war, dennoch berauschten sie mit Worten und Klängen die Sinne derart, dass sie Weichen für die Folgeabende der 41. IMFW stellten und für sich den Erfolg verbuchten, die Herzen auf ihrer Seite hatten. Ein grandioser Lese- und Konzertabend, war der Vorgriff auf eine erheiternde und beglückende zweite Juliwoche, der bereits Otto Marburger, Vorsitzender der Kulturgemeinde Bad Berleburg, den voluminösen Hall in seiner Begrüßungsrede gab.