Bad Laasphe. . Otto Piene, in Bad Laasphe geboren, ist ein Pionier der Kunstavantgarde. Er war Wegbereiter der Licht- und Feuerkunst und hat die Medienkunst erfunden. Der in Bad Laasphe geborene Pionier der modernen Kunst wird am Donnerstag 85 Jahre alt.
Pinsel und Farbe? Interessieren den Künstler Otto Piene nicht. Er malt mit Licht und Rauch, flambiert Leinwände und schießt Regenbogen in den Himmel - wie bei den Olympischen Spielen in München 1972.
Die Dunkelheit des Zweiten Weltkrieges hat Pienes Schaffen geprägt. Als der Krieg vorbei war, konnte man wieder Lampen aufstellen. „Das war ein unglaublicher Moment der Befreiung, dass man nachts wieder etwas sehen konnte und nicht vor jedem Licht weglaufen musste, weil da doch gleich ein Flieger kam, der da was drauf ballern wollte. Wenn man das existenziell erfährt, ist das wirklich eine sehr wichtige Sache“, erinnert sich Piene in einem Interview mit 3sat.
Überdimensionale Grubenlampe
Also lässt der Meister das Licht tanzen, schafft Lichtballette, so wie die Installation „Die Geschichte des Feuers“, der ab 2014 im neuen LWL-Kunstmuseum in Münster dauerhaft ein eigener Raum gewidmet wird. Sein wohl bekanntestes Werk in NRW ist die Skulptur „Geleucht“: eine überdimensionale Grubenlampe in Form eines 90 Meter hohen Leuchtturms aus Stahl auf der Halde Rheinpreußen in Moers. 61 Beleuchtungskörper lassen die gesamte Installation abends weithin sichtbar erstrahlen. 35 Leuchtmasten tauchen zudem eine Fläche von rund 8000 Quadratmetern der Halde in ein rubinrotes Licht, das flüssiges Eisen symbolisieren soll. Geleuchtet wird im Sommer von 21 bis 23 Uhr, im Winter von 19 bis 22 Uhr.
Als Reaktion auf die junge abstrakte Kunstrichtung des Informel um den Hagener Maler Emil Schumacher gründete Otto Piene gemeinsam mit Heinz Mack 1957 in Düsseldorf die international einflussreiche Künstlergruppe Zero: Zero wie Null, wie Neuanfang.
Dafür, dass er die Kunstwelt so nachhaltig verändert hat, ist Otto Piene eigentlich viel zu wenig bekannt. Denn der gebürtige Bad Laaspher ist nicht nur Wegbereiter der Licht- und Feuer-Kunst sowie der Sky Art, sondern auch Erfinder dessen, was heute mit Medienkunst bezeichnet wird. 1974 übernimmt er am MIT in Boston, der weltweit führenden Hochschule für technologische Forschung, das Medienlabor für künstlerisch-optische Experimente – die Geburt der Medienkunst, denn Piene führt Video, Laser und Holographie in die Reihen der künstlerischen Ausdrucksmittel ein.
Avantgarde-Pionier
20 Jahre hat er sein Labor geleitet und zu einem der international wichtigsten Forschungszentren gemacht. Die Verknüpfung von Kunst, Natur, Wissenschaft und Technik zu ganz neuen eigenständigen Ausdrucksmöglichkeiten ist seine Lebensleistung.
Westfalen hat die Bedeutung des Avantgarde-Pioniers früh erkannt. Bereits 1968 würdigte ihn der Landschaftsverband mit dem Konrad-von-Soest-Preis. Unzählige weitere Ehrungen folgten, darunter 2003 der Weltkunstpreis und im Februar 2013 der mit 50.000 Euro dotierte Max-Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt. Seine Wittgensteiner Heimat hat ihn 2003 mit einer Ausstellung im Museum für Gegenwartskunst in Siegen geehrt. Aus diesem Anlass besuchte er auch die Geburtsstadt Bad Laasphe, in der sein Vater Gründungsdirektor des heutigen städtischen Gymnasiums war. Heute lebt und arbeitet der Großmeister in Groton/Massachusetts, Boston und Düsseldorf.
Kunst ist für Otto Piene kein konzeptionelles, sondern ein energetisches Phänomen. Seine Arbeiten nennt er Energiefelder: „Weil sie Energie übertragen. Und die Energie wird bei den Empfängern dadurch wirksam, dass das Publikum lustig wird oder traurig. Das heißt, die Leute gehen ins Museum, um sich aufzuladen. Und insofern sind die Bilder Energieproduzenten.“