Wittgenstein/Kiel. . Wara, nicht Waltraud, bloß nicht! Ihren Vornamen findet sie „so schrecklich“, dass sie sich einen neuen zugelegt hat. Einen, der schön klingt, international, nicht nach Piefigkeit und den 50er Jahren. Deshalb ab hier: Wara.
Wara Wende also freut sich auf den Feierabend. „Ausnahmsweise“ hat sie an diesem Tag schon um halb fünf frei, sagt sie im Telefongespräch. Das kommt selten vor, die Frau hat viel zu tun. Ihre Arbeitswoche zählt selten weniger als 60 Stunden, auch am Wochenende reist sie, die seit Juni 2012 Bildungsministerin in Schleswig-Holstein ist, kreuz und quer durch Norddeutschland. Wende, die nie in einer Partei war, macht jetzt Politik – Torsten Albig (SPD), der Ministerpräsident, berief die damalige Präsidentin der Uni Flensburg in sein Kieler Kabinett.
Ihr Werdegang begann Ende der 50er in Röspe. Dort wuchs Wara Wende, heute 55, auf. Mit ihrem Heimatdorf verbindet sie jedoch kaum noch etwas: „Seit meine Eltern gestorben sind, bin ich so gut wie nie mehr da.“ Wittgenstein aber hat sie geprägt: Vor allem ihre Zeit am Berleburger Johannes-Althusius-Gymnasium sei lehrreich gewesen.
Volksschulzeit in Birkelbach
Zunächst besuchte sie die Volksschule in Birkelbach, später die Erndtebrücker Realschule. „Eine gute Zeit“, sagt Wende, „da könnte ich Ihnen von vielen Streichen erzählen. Aber auch von tollen Lehrern, da hat es Spaß gemacht, in die Schule zu gehen Leistung zu bringen.“ Dann wechselte sie aufs Gymnasium – „rückblickend die unschönsten drei Jahre in meiner Biografie“. Sie habe diese Schule als Ort „ohne Willkommenskultur“ erlebt. „Die Lehrer haben sich nicht wirklich um die Schulwechsler gekümmert, und die Mitschüler waren so brav, haben im Mainstream gedacht, nur auf ihre Noten geguckt.“
Lehramtsstudium in Siegen
Damals wurde ihr klar, wie sie ihr Leben gestalten wollte: nicht stringent, nicht auf nur ein Ziel ausgerichtet. Eine Lehre aus ihrer Berleburger Zeit ist heute ihr Credo als Bildungsministerin: „Eltern und Schulen sollten junge Menschen nicht unter Druck setzen. Sie sollten sie fördern, aber auch gelassener sein, Kinder einfach mal loslassen. Sie finden schon irgendwann ihren Weg.“
Nach dem Abi ging Wende zum Studieren nach Siegen, sie wollte Deutschlehrerin werden. Ihre Eltern, die eine Spedition betrieben, seien „nicht so erfreut gewesen“ über die Studienwahl. „Die hätten mich lieber in der Medizin gesehen.“ Ihre Noten hätten es möglich gemacht, betont sie.
Wende blieb auch nach Abschluss und Habilitation an der Uni, wurde Dozentin in Siegen, Witten, Kassel und Mainz. Seit 2000 unterrichtete sie zehn Jahre lang „Literatur und Kultur der deutschsprachigen Gebiete“ im niederländischen Groningen. „Ich habe mein Leben nie geplant“, sagt sie.In der Politik komme ihr das zugute: „Ich habe eine gewisse innere Souveränität, weil ich keine Berufspolitikerin bin und nicht wie andere Politiker an meinem Stuhl klebe.“
Wara Wende verabschiedet sich. Am Abend muss sie noch mit ihrem Hund raus. Auch der Norfolk Terrier hört auf einen ungewöhnlichen Namen: Er heißt Wolpino. Ein Hasso, Bello oder Rex – wie Hunde eben normalerweise so heißen – käme ihr nicht ins Haus.