Siegen-Wittgenstein. Am Neujahrstag 1982 nahm der ADAC mit einem am Jung-Stilling-Krankenhaus in Siegen stationierten Rettungshubschrauber den Luftrettungsdienst auf. Im Jahr 2011 musste Christoph 25 mehr als 1200 Einsätze fliegen. Das war Rekord.

Verkehrsunfall auf einer abgelegenen Straße in Richtung Bad Laasphe mit Schwerverletzten. Ein Passant hat einen Notruf abgesetzt und bei der Kreisleitstelle Hilfe angefordert. Dort alarmiert ein Disponent den zuständigen Notarztwagen des Deutschen Roten Kreuzes, die Freiwillige Feuerwehr, die Polizei sowie einen weiteren Rettungswagen. Auch ein zweiter Notarzt muss anrücken. Über die Straße würde dies weit mehr als 20 Minuten dauern. Zu entlegen ist die Unfallstelle. Deshalb entscheidet der Disponent, den zweiten Notarzt einfliegen zu lassen und alarmiert den in Siegen stationierten ADAC-Rettungshubschrauber „Christoph 25“.

Wenige Sekunden nach dem Alarm startet Pilot Markus Scheld die Turbinen des Eurocopter 135. Er hat sich die Einsatzadresse im modernen Cockpit des Hubschraubers bereits herausgesucht und die komplexen Systeme des Hubschraubers hochgefahren. Nun steigen Rettungsassistent und Notarzt zu. Eine kurze Sichtkontrolle, ob die Abflugwege frei sind und niemand im Gefahrenbereich steht und dann hebt der Hubschrauber weniger als zwei Minuten nach der Alarmierung von der Plattform ab.

Der Rettungsassistent steht in Funkkontakt mit der Leitstelle, um weitere Einzelheiten zum Unfall zu erfragen. Außerdem unterstützt er den Piloten bei der Navigation und achtet in der Luft auf Hindernisse, wie Stromleitungen, Masten, Vögel oder Baumkronen.

Millimeterarbeit Landen

Der Rettungshubschrauber Christoph 25 hebt vom Landeplatz am Kreiskrankenhaus Bad Berleburg ab.
Der Rettungshubschrauber Christoph 25 hebt vom Landeplatz am Kreiskrankenhaus Bad Berleburg ab. © WP | WP

Nach wenigen Minuten Flugzeit hat die Besatzung die Unfallstelle erkannt. Markus Scheld überfliegt die Einsatzstelle, um einen genauen Überblick zu erhalten und hat sich einen Landeplatz ausgesucht. Er parkt den Rettungshubschrauber millimetergenau auf der Straße, zwischen bäumen und Leitplanken. Noch während die Turbinen laufen, springen die Mediziner mit ihrem Material raus, um die Kollegen vor Ort zu unterstützen.

Seit 30 Jahren tun das die Frauen und Männer des Siegener Rettungshubschraubers nun. Am 1. Januar in 1982 wurde der ADAC Rettungshubschrauber am Siegener Jung-Stilling-Krankenhaus stationiert. Wie vielen Menschen er und seine Besatzungen in dieser Zeit schon gerettet haben, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Allein im Jahr 2011 wurde der Hubschrauber bereits weit über 1200 Mal alarmiert: „Wir liegen derzeit bei rund 1260 Einsätzen. Das ist absoluter Rekord seit dem Bestehen der Station. Im Durchschnitt fliegen wir drei bis vier Mal täglich“, erklärt Pilot und Stationsleiter Markus Scheld.

Dabei wird der Hubschrauber in bis zu 50 Kilometer Luftlinie rund um seinen Standort eingesetzt, manchmal auch weiter. „Wir fliegen auch mal nach Korbach oder Meschede“, erklärt der Pilot mit Blick auf die Landkarte mit dem Einsatzradius.

Der Hubschrauber wird dabei eingesetzt, wie ein Notarztwagen. Seine vorrangige Aufgabe ist es, den Notarzt schnellst möglich zum Patienten zu bringen. Der Anlass des Notfalles spielt dabei zunächst keine Rolle. Gerade auch in der sehr ländlichen Region Wittgensteins hat sich die Luftrettung dadurch einen sehr hohen Stellenwert erarbeitet.

Schnell und schonend

Aber nicht nur, um den Notarzt schnell zum Patienten zu bringen, wird der Hubschrauber eingesetzt: Durch den hohen Zeitgewinn beim Einsatz eines Hubschraubers und den schonenden Transport wird der Hubschrauber auch alarmiert, um Patienten schnell und sanft in geeignete Zielkliniken, auch wenn sie weiter entfernt sind, zu fliegen. Strecken, die mit dem Auto weit über eine Stunde dauern würden, legt der Hubschrauber in wenigen Minuten zurück. So verlegt „Christoph 25“ auch Patienten aus dem Krankenhaus in Bad Berleburg in oft hundert Kilometer entfernt liegende Spezialkliniken innerhalb kurzer Zeit.

Fabienne Ullmann mit ihrer Mutter Bianca Limper-Ullmann. Der Rettungshubschrauber brachte Fabienne nach einem Unfall in eine Spezialklinik.
Fabienne Ullmann mit ihrer Mutter Bianca Limper-Ullmann. Der Rettungshubschrauber brachte Fabienne nach einem Unfall in eine Spezialklinik. © WP | WP

Auch in Wittgenstein kommt „Christoph 25“ immer wieder zum Einsatz: Im Frühjahr 2008 hat er Fabienne schonend und schnell in eine Spezialklinik geflogen. Bei einem Kindergeburtstag war sie von der Hüpfburg gefallen und hatte sich erheblich verletzt. „Sie war zuerst gar nicht mehr ansprechbar“, erinnert sich Mutter Bianca Limper-Ullmann an die Schilderungen der Nachbarn jenem Tag. Sie selbst war mit ihrem Mann zum Fußballspiel ihres Sohnes und ist dort erst informiert worden. „Als wir ankamen, war der Notarztwagen bereits vor Ort und man sagte uns, dass der Hubschrauber angefordert worden sei, um Fabienne schonend zu transportieren.“

Direkt neben dem Haus der Ullmanns landete der Hubschrauber in einer Wiese und das Team übernahm die bereits versorgte kleine Patientin. Mit Kind und Mutter an Bord ging es in weniger als zehn Minuten ins Siegener Jung-Stilling Krankenhaus. Vom Flug dorthin hat Fabienne nicht viel mitbekommen. „Ich konnte nicht raus sehen und war sehr schlapp“, erzählt sie. Im Krankenhaus wurde Fabienne ausgiebig untersucht und es wurde eine schwere Stauchung der Wirbelsäule festgestellt. „Fabienne hat alles sehr gut überstanden. Sie hatte nur einige Wochen noch starke Schmerzen“, erklärt Bianca Limper-Ullmann.

Unermüdlich auf Kurs

Heute kann das aufgeweckte Mädchen wieder zur Leichtathletik gehen und ihrem Hobby, dem Jazz-Tanz nachgehen. Nicht zuletzt dank des schonenden Transports mit dem Rettungshubschrauber. In den 30 Jahren seines Tuns war Christoph 25 noch öfter in Wittgenstein eingesetzt, zuletzt am Dienstagmittag.

Auch im neuen Jahr wird er unermüdlich Kurs nehmen, um Menschen zu helfen – wo immer sie ihn brauchen. Dazu wünscht die Westfalenpost allzeit guten Flug und viel Erfolg.