Bad Berleburg/ Bad Laasphe. Zuvor betrunken Auto gefahren, nun auf einem E-Scooter erwischt. Die Entschuldigung des 40-Jährigen vor Gericht zieht nicht
Ein 40-jähriger Mann aus Bad Laasphe wurde zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate betrunken auf einem Fahrzeug erwischt. Ende August 2023 wurde er mit fast 1,5 Promille Alkohol auf dem Weg zur Arbeit auf seinem E-Scooter angehalten. Das Problem: Zwei Monate zuvor musste er bereits seinen Führerschein abgeben, da er betrunken Auto gefahren war. Zu seiner Entschuldigung gab der 40-Jährige vor dem Amtsgericht Bad Berleburg an: Er sei auf ein Fahrzeug angewiesen, um zur Arbeit nach Marburg zu kommen, weil er ein schweres Herzleiden habe.
Herzerkrankung macht Fahrzeug unentbehrlich
Seit 2021 leide er an einer Erkrankung und habe nur noch eine Herzleistung von 20 Prozent. Daher hat ihm der Kreis Siegen-Wittgenstein einen Schwerbehindertenausweis mit 80 Prozent ausgestellt. Ohne Auto habe er es nun sehr schwer. Er fahre eineinhalb Stunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit, müsse vom Bahnhof aber noch einmal 1,5 Kilometer laufen. „Für mich ist es belastender als für Menschen mit gesundem Herzen. Deshalb habe ich mir das Fahrzeug als Unterstützung zugelegt“, erklärt der Angeklagte. Das Fahrzeug habe er inzwischen an einen Freund verkauft.
Alkoholsucht bisher unbekannt
Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel weist ihn darauf hin, dass nicht die Tatsache, dass er mit dem E-Scooter gefahren sei, sondern, dass er dabei betrunken gewesen war, im Vordergrund des Verfahrens stehe. Und dies zum zweiten Mal innerhalb von weniger als zwei Monaten.
Sein Verteidiger Frank Henk deutet eine Alkoholsucht aufgrund der Krankheit und familiärer Probleme an, die dem Gericht bisher noch nicht bekannt war. Man solle bedenken, dass einige Menschen nicht trinken, weil sie es wollen, sondern weil sie es müssen. „Das muss ich ehrlich sagen, ist erschreckend. Dann beantrage ich, das Strafmaß von fahrlässiger Trunkenheit auf vorsätzliche Trunkenheit zu erhöhen“, so die Oberamtsanwältin.
Anwalt fordert Verfahren einzustellen
Henk versucht, das Verfahren einstellen zu lassen, da sein Mandant aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen ein Fahrzeug zwingend benötigt. Außerdem herrsche Uneinigkeit, ob ein E-Scooter als Kraftfahrzeug eingestuft wird. Falls dies nicht der Fall sei, gelte eine Promillegrenze von 1,6 anstelle von 1,1. Judith Hippenstiel sieht dies anders. „Für mich besteht kein Zweifel, dass es sich bei einem E-Scooter um ein Kraftfahrzeug handelt.“
Zudem habe der Strafbefehl aus dem vorherigen Verfahren nichts genutzt, da der Angeklagte erneut betrunken am Straßenverkehr teilgenommen habe. Er sei unbelehrbar und eine Geldstrafe reiche dieses Mal nicht aus. „Mir ist das zu schematisch. Mein Mandant ist nicht jemand, der nichts daraus lernt. Er hat versucht, für sein Mobilitätsproblem eine Lösung zu finden. Diese persönliche Situation des Angeklagten ist zu berücksichtigen. Er ist anders zu behandeln, als ein gesunder Mensch“, so der Verteidiger.
Darauf geht auch die Oberamtsanwältin ein und fordert keine Haftstrafe, sondern eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 40 Euro, eine Sperrfrist von 18 Monaten und ein Fahrverbot von nochmal sechs Monaten. Der Verteidiger fordert aufgrund einer äußerst geringen Selbstschuld 60 Tagessätze, außerdem solle auf eine isolierte Sperre für den E-Scooter verzichtet werden sowie auf das Fahrverbot. Der Angeklagte müsse sich fortbewegen können. „Die Rückkehr zum Führerschein, den er zwingend braucht, zu erschweren, leuchtet mir nicht ein“, sagt Frank Henk.
Fahrverbot bleibt bestehen
Richter Torsten Hoffmann entschied, die Anklage weiterhin bei fahrlässigem Fahren zu belassen. „Ich halte Ihnen zugute, dass Sie sich noch fahrtüchtig fühlten“, so sein Urteil. Der Angeklagte muss 80 Tagessätze zu je 40 Euro zahlen. Nach dem Ablauf der Frist von einem Jahr wird auch keine Fahrerlaubnis erteilt und es gilt weiterhin eine sechsmonatige Sperre. Das Fahrverbot bliebe aufgrund des vorangegangenen Verfahrens mit dem PKW sowie weiterer Verkehrsdelikte in den vergangenen Jahren bestehen. „Wer sich so im Straßenverkehr verhält, hat dort nichts zu suchen“, schloss der Richter seine Belehrung.