Feudingen. Die Tierschutzorganisation Peta kritisiert den Feudinger Kaninchenzuchtverein scharf, unterstellt Qualzucht und Rassenwahn. Der Verein reagiert.

Am kommenden Wochenende veranstaltet der Kaninchenzuchtverein W 241 Feudingen eine Rammlerschau - und ruft damit die Tierschutzorganisation Peta auf den Plan: „Rassenwahn: Falsch bei Menschen, falsch bei Tieren“ schreibt Peta in einer Pressemitteilung. Die drei Kritikpunkte der Tierschützer: Qualzuchten sorgen für vermehrtes Tierleid, die Ausstellung verursacht bei den sensiblen Tieren unnötigen Stress und Zuchten verschärfen die Situation heimatloser Tiere. Wir schauen auf die einzelnen Vorwürfe und lassen den Verein durch seinen Vorsitzenden Thomas Schlabach zu Wort kommen.

Vorwurf Eins: Qualzuchten und damit verbundenes Tierleid werden bei Ausstellungen wie der Rammlerschau zur Schau gestellt. „Zuchtverbände, die Kaninchen nach bestimmten Formen und Farben ‚kreieren‘, nehmen billigend in Kauf, dass viele der Tiere ihr Leben lang leiden und oftmals schwer krank sind“, so Annika Lewald, Fachreferentin für tierische Mitbewohner bei Peta. „Unverständlich ist auch, dass es bisher keine gesetzliche Regelung für die Ausstellung von Kleintieren gibt. Dabei ist es seit dem 1. Januar 2022 verboten, Qualzucht-Hunde zur Schau zu stellen. Hier muss die Bundesregierung dringend nachbessern.“ Qualzuchten, so beschreibt es der Deutsche Tierschutzbund, sind Tiere, die aufgrund ihrer angezüchteten Merkmale ein Leben mit Schmerzen und Schäden führen. Einzelne Merkmale werden weggezüchtet, andere wiederum hervorgehoben.

Unverständlich ist auch, dass es bisher keine gesetzliche Regelung für die Ausstellung von Kleintieren gibt. Dabei ist es seit dem 1. Januar 2022 verboten, Qualzucht-Hunde zur Schau zu stellen. Hier muss die Bundesregierung dringend nachbessern.
Annika Lewald - Fachreferentin für tierische Mitbewohner bei Peta

Als Beispiel nennt Peta hierbei das Widderkaninchen, beliebt wegen ihrer Schlappohren. Das ZDF berichtete im vergangenen Jahr dazu, dass Tierärzte davon überzeugt sind, dass 80 Prozent aller Widderkaninchen aufgrund ihrer Schlappohren an schweren Ohrenentzündungen leiden. „Wenn man zum Beispiel das CT oder das Röntgenbild eines Mittelohrs anschaut und in die äußeren Gehörgänge hinter den Knick blickt, sehen wir bei älteren Widdern, dass fast alle Widderkaninchen heftige Entzündungen haben. Daraus folgen chronische Schmerzen“, wird dabei Viola Schillinger als Kaninchen-Expertin zitiert. Auch andere Zuchttiere wie Zwergkaninchen oder Albinos nennt die Peta als Beispiel für solche Qualzuchten.

„Die Kaninchenzucht erfolgt unter den Gesichtspunkten und den Richtlinien des gesetzlichen Tierschutzes. Zu den Anschuldigungen zu Qualzuchten hat der Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter in 2022 eine Stellungnahme veröffentlicht“, antwortet uns Thomas Schlabach auf unsere Anfrage. In dieser Stellungnahme heißt es mit Blick auf Qualzuchten im Tierschutzgesetz vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: „Demnach wird dann von Qualzucht gesprochen, wenn bei einer bestimmten Verpaarung züchterische Erkenntnisse erwarten lassen, dass bei den direkten Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten.“ Zu den genannten Widderkaninchen heißt es dabei: „Hier wurden Erkenntnisse aus der Heimtierpraxis von oftmals älteren Heimtieren, die mit krankhaften Symptomen vorgestellt wurden, zusammengetragen und ohne genaues Wissen über die züchterische Herkunft der Tiere als allgemeingültig dargestellt.“

Unsere Rammlerschau am Wochenende ist im kleinen Rahmen: 64 Tiere (die Zahl der Züchter und Tiere ist in den letzten Jahren rückläufig). Sie ist nochmal eine Möglichkeit zur Bewertung der Tiere und der Abschluss des Zuchtjahres.
Thomas Schlabach - Vorsitzender des Kaninchenzuchtvereins W 241 Feudingen

Vorwurf Zwei: Die Ausstellung selbst stelle für die Tiere unnötigen Stress dar. „Derartige Veranstaltungen bedeuten für die sensiblen Tiere, die meist in sozialen Strukturen leben, zudem massiven Stress. Die Tierrechtsorganisation betont, dass alle Tiere als Familienmitglieder gesehen werden sollten und nicht zu Ausstellungsobjekten degradiert werden dürfen.“ Kaninchen sind Fluchttiere, also immer auf der Hut. In zahlreichen Kaninchenhalter-Foren wird davon berichtet, dass die Tiere in der Tat sehr sensibel sind, auf der Seite tier-im-garten.de heißt es dazu beispielsweise: „Stress ist für Kaninchen nicht nur unangenehm, sondern kann auch ernsthafte gesundheitliche Auswirkungen haben. Kaninchen sind Beutetiere, die von Natur aus vorsichtig sind. Veränderungen in ihrer Umgebung oder Routine können sie stressen. Lärm, unerwartete Besucher oder plötzliche Veränderungen im Gehege können dazu führen, dass Kaninchen sich bedroht fühlen. Dieser Stress kann sich auf ihr allgemeines Wohlbefinden auswirken.“

Das Bild zeigt ein Widderkaninchen - die Zucht dieser Tiere steht in der Kritik, da sie bei den Tieren Schmerzen verursache.
Das Bild zeigt ein Widderkaninchen - die Zucht dieser Tiere steht in der Kritik, da sie bei den Tieren Schmerzen verursache. © WR / Ralph Bodemer | Ralph Bodemer

Bei einer Ausstellung werden Kaninchen für gewöhnlich in einem Käfig ausgestellt - objektiv betrachtet sind hier Veränderungen im Gehege also gegeben, ebenso wie die Änderung in der Routine, allein durch den Transport zum Ausstellungsort und wieder zurück. Wie sieht es bei den Feudinger Kaninchenzüchtern aus? „Unsere Rammlerschau am Wochenende ist im kleinen Rahmen: 64 Tiere (die Zahl der Züchter und Tiere ist in den letzten Jahren rückläufig). Sie ist nochmal eine Möglichkeit zur Bewertung der Tiere und der Abschluss des Zuchtjahres. Die letzte Schau war 2019 mit 94 Kaninchen, früher waren es mehr“, berichtet uns dazu Thomas Schlabach. „Unsere Ausstellungen werden beim Veterinäramt des Kreises Siegen-Wittgenstein angemeldet, genehmigt und werden somit auch überwacht“, so der Vorsitzende, der kritisiert, dass Peta nicht das direkte Gespräch mit dem Verein gesucht habe, sondern ohne vorherige Kontaktaufnahme eine Pressemitteilung veröffentlicht habe. „Hier würde ein Gespräch vor Ort sicher mehr erreichen, als diese Schlagzeilen. Und dafür ist Peta leider bekannt, aggressiv, aber auch sich immer wiederholend“, spielt er auf die Tatsache an, dass der Tierschutzverein ähnliche Pressemitteilungen vor den Ausstellungen anderer Kaninchenzuchtverein veröffentlicht hatte. Das in der Pressemitteilung formulierte Ziel der Organisation ist dabei aber weniger der Austausch, sondern: „Peta fordert ein Heimtierschutzgesetz, das allen sogenannten Haustieren, die derzeit größtenteils in einem rechtsfreien Raum leben, den nötigen Schutz und ein artgerechtes Leben ermöglicht.“

Vorwurf Drei: „Menschen können dazu verleitet werden, gezüchtete Tiere zu kaufen, während in deutschen Tierheimen Tausende Tiere auf ein neues Zuhause warten.“ Das Ausstellen von gezüchteten Rassetieren wecke Begehrlichkeiten, ebensolche Tiere zu erwerben, anstatt im Tierheim nach einem Haustier zu schauen. „Der Tierverkauf steht überhaupt nicht im Vordergrund, aber wenn dann erfolgt der Austausch/Verkauf in erster Linie unter den Züchtern und nicht von den Besuchern der Ausstellung“, entgegnet Thomas Schlabach auf diesen Vorwurf.