Bad Berleburg. 70 Anlagen planen Unternehmen aktuell in Bad Berleburg. Aber es gibt auch gute Neuigkeiten zu Vorrangzonen aus Arnsberg.

Die Windkraft boomt weiter in Bad Berleburg. Am Ende könnten es - Stand jetzt - 70 Anlagen im gesamten Stadtgebiet sein. Auch Stand jetzt: Bei sieben bis acht Anlagen könnte das Planungsrecht der Stadt noch greifen und einen Bau verhindern, weil sie außerhalb der allerdings noch nicht final gültigen Vorrangzonen liegen. Doch auch hierzu gibt es Neuigkeiten von der Bezirksregierung in Arnsberg. Aber dazu später mehr.

Im April 2022, kurz nach Ostern, hat die Stadt Bad Berleburg „Nein“ zu Bauvorhaben der Westfalenwind Planung GmbH & Co. KG. gesagt, die aktuell 40 Standorte in Bad Berleburg im Auftrag der Wittgenstein-Berleburg‘schen Rentkammer überplant. Betroffen von dem Veto der Stadt sind die Anlagen am Elstrauch (3), Neujagen (1), Rentmeisterkopf (2) und östlich von Wingeshausen (2). Diesen Bauvorhaben hatte die Stadt das „behördliche Einvernehmen“ versagt und auch bei der Genehmigungsbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein eine Zurückstellung beantragt. Das Interessante ist: In der von der Redaktion beim Kreis angefragten aktuellsten Auflistung der Windkraftbauvorhaben sind diese Anlagen immer noch aufgeführt.

Diese Anlagen dürfen gebaut werden

Zusätzlich zu den bereits errichteten vier Anlagen in der alten Vorrangzone Osterholz und den vier am Prenzenberger Kopf kommen sicher die bereits genehmigten acht Anlagen der Firma Wenger-Rosenau GmbH - ebenfalls nahe dem bestehenden Windpark Prenzenberger Kopf - und die vier der Winterscheid Energy GmbH & Co. KG, die zwischen Trufte und Meistetal auf dem Höhenkamm errichtet werden.

Diese Standorte sind in Planung

Darüberhinaus plant die Eurowind Energy GmbH am Hermannstein sieben Anlagen und am Kilbe in Berghausen drei. Die größte Anzahl an Anlagen, 40 Stück, plant die Westfalenwind Planung GmbH & Co. KG. Am Kilbe in Berghausen sind es vier, am Lauberg nahe dem Forsthaus Homrighausen ebenfalls vier, 19 sind es im Paulsgrund - dem Dreieck zwischen Kernstadt, Wingeshausen und Berghausen, drei am Elstrauch, vier am Homberg, eines am Neujagend und zwei am Rentmeisterskopf und zwei weitere bei Wingeshausen.

Das ist die aktuelle Rechtslage

Auf Nachfrage der Redaktion erläutert der Kreis Siegen-Wittgenstein die rechtliche Situation: „Die Stadt Bad Berleburg hatte im Frühjahr vergangenen Jahres für insgesamt sieben Windenergieanlagen aus verschiedenen Antragspaketen (es handelt sich um die unter den Titeln Elstrauch, Neujagen, Rentmeisterkopf und Wingeshausen eingereichten Antragspakete) das Einvernehmen nach § 36 BauGB unter Berufung auf die von der Stadt im Jahr 2003 in ihrem Flächennutzungsplan dargestellte Konzentrationszone versagt.“ Die Stadt hat sich also auf die damals bestehende Windkraftvorrangzone „Osterholz“ bezogen. Der Kreis erläutert weiter: Zum damaligen Zeitpunkt hätte das fehlende Einvernehmen durch die Genehmigungsbehörde, also die Kreisverwaltung als Untere Immissionsschutzbehörde – wie schon bei den Anlagen der Eder-Energy am Prenzenberger Kopf bei Arfeld – ersetzt werden müssen, weil die Vorrangzonenplanung aus dem Jahr 2003 durch eine veränderte Rechtslage nicht mehr als Argument für eine Ausschlusswirkung genutzt werden konnte. Die Vorrangzone Osterholz mit den vier bestehenden Anlagen ist schlicht zu klein, um für die Forderung der Landesregierung auszureichen. Damals hieß das, der Windkraft substanziell - also ausreichend - Raum, zu bieten. Genau definiert wurde dieses „substanziell“ aber nicht.

Nur die „Spinner beweisen Weitblick“

In unserer Berichterstattung über Windkraft in Bad Laasphe hatten wir stellvertretend den SPD- und CDU-Fraktionsvorsitzenden zitiert. Beide unterstrichen, dass die Bad Laaspher Politik die Vorrangzonen einmütig mitgetragen habe und man nun entrüstet darüber ist, dass außerhalb der Zonen Windkraft geplant werde. Dieser Einschätzung widerspricht Markus Schmidt von „Die Partei“ Bad Laasphe, die als „Die Fraktion“ im Rat sitzt: „Unsere Fraktion ist von den derzeitigen Entwicklungen kein bisschen überrascht, sondern hat das bereits im Juni 2023 im Zuge der Beratungen über die abschließende Beschlussvorlage zum Prozess der Vorrangzonenplanung in Fachausschuss und Rat prognostiziert. [...] Die zugehörige Aktion, unser Abstimmverhalten von einem Würfel bestimmen zu lassen, hat in Reihen von SPD und CDU nicht zum Nachdenken angeregt, sondern nur Empörung und Spott hervorgerufen. Heute ist zu konstatieren, dass die ,Spinner‘ der Partei als Einzige im Rat der Stadt Bad Laasphe Gespür und Weitblick für die Situation bewiesen haben.“ Markus Schmidt kritisiert aber auch das Statement der CDU-Landtagsabgeordneten Anke-Fuchs-Dreisbach: „Wir sind sehr verwundert, dass bei den im Landtag vertretenen Parteien offenbar gar kein Informationsfluss zu ihren kommunalen Mandatsträgern besteht. Die fallen an der Basis aus allen Wolken, wenn sie dann teilweise aus den Medien erfahren, was ihre Parteikollegen in Düsseldorf da in Hinterzimmern so verhackstücken (Transparenz Fehlanzeige) und wie respektlos gegenüber der kommunalen Selbstverwaltung und allen damit verbundenen Aufwänden agiert wird.“

Weil der Verweis auf die Vorrangzone Osterholz nicht mehr griff, hat sich die Stadt eines zweiten juristischen Hebels bedient. Das erläutert der Kreis so: Die Stadt Bad Berleburg hat unter Hinweis auf das laufende Verfahren zur Aufstellung neuer Vorrangzonen „hilfsweise die Zurückstellung des Baugesuchs bis zum 1. Februar 2024 nach § 15 Abs. 3 BauGB beantragt. Diese Vorschrift dient dem Schutz einer laufenden kommunalen Bauleitplanung und ermöglicht es, Bauvorhaben temporär zurückzustellen“. Begründet wird das rechtlich nachvollziehbar damit, dass der Bau von Windkraftanlagen außerhalb der noch nicht genehmigten Windkraftzonen die Ziele der Stadt gefährdet. „Diesem Antrag der Stadt wurde entsprochen. Nach Ablauf der genannten Frist kann die Rückstellung auch auf Antrag der Stadt um ein weiteres Jahr verlängert werden. Dies bleibt abzuwarten.“

Bezirksregierung genehmigt Vorrangzonen

Aus sich der Stadt Bad Berleburg ist der Fall aber klar: „Die Sachliche Teilflächennutzungsplan Windenergie der Stadt Bad Berleburg ist mit Stand vom 9. Januar 2024 genehmigt, sodass er nun nach Bekanntmachung planmäßig vor dem 1. Februar 2024 in Kraft treten wird. Insofern entfaltet die Verweigerung des Einvernehmens bei den acht geplanten Windenergieanlagen von Westfalenwind außerhalb der beschlossenen kommunalen Konzentrationszonen weiterhin seine Wirkung“, berichtet der zuständige Dezernent Christoph Koch auf Anfrage.