Wittgenstein. Orkan Zoltan beschert „nasse Weihnachten“ : Umgestürzte Bäume, Hochwasser halten Kräfte auf Trab. Noch gibt es keine Entwarnung.
Es war ein Weihnachtsfest, dass vielen Wittgensteinern in Erinnerung bleiben wird. Orkan Zoltan sorge mit starken Windböen immer wieder für umgestürzte Bäume und weckte Erinnerungen an Kyrill. Der mit seinen Orkanböen Dächer abdeckte und Millionen Festmeter Fichten in einer Nacht umwarf. Damals am 17. Januar 2007 schnitten umgestürzte Bäume Verkehrsverbindungen zu Ortschaften in Südwestfalen ab. Nach der Borkenkäferkatastrophe aber droht diese Gefahr nicht mehr in dem Ausmaß. Dafür sorgt der Dauerregen für Probleme - vor allem im Odeborn- und Edertal in Bad Berleburg, oder an der Banfe in Banfe.
„Das Unwetter hatte seinen Höhepunkt am Samstagabend“, berichtet der stellvertretende Stadtbrandinspektor Jens Schmitt aus Bad Berleburg. Die Lage in Bad Berleburg war dabei am dramatischsten. Die Wassermassen der Odeborn ließen Keller in Girkhausen, Schüllarhammer und der Bad Berleburger Kernstadt volllaufen.
Orkan Zoltan: Hochwasser in Girkhausen
Situation an der Odeborn
In der Ortsmitte von Girkhausen, wo Odeborn und Osterbach zusammenfließen, musste die Freiwillige Feuerwehr mehrere Häuser vor dem Wasser mit Sandsäcken schützen und auch Keller auspumpen. „Wir wohnen jetzt seit 23 Jahren hier, aber so hoch war das Wasser noch nie“, berichtet Manuela Sonneborn, die mit ihrem Mann einen Kfz-Betrieb direkt am Fluss betreibt und das Hochwasser hautnah miterlebt.
Die Löschgruppe Schüllar-Wemlighausen hat bereits am Freitag Garagen und Kellereingänge im tief gelegenen Schüllarhammer mit Sandsäcken vor dem Odeborn-Hochwasser zu schützen begonnen. Am Samstag dann blockierte ein Baum eine Kreisstraße am Heidebach, und wenige Stunden später musste ein weiterer umgestürzter Baum mit Hilfe der Drehleiter aus Bad Berleburg von einer Stromleitung entfernt werden, bevor es weiter zum nächsten Einsatz ging. Eine mit Regenwasser vollgelaufenen Baugrube musste ausgepumpt werden.
Feuerwehr Schüllar-Wemlighausen im Dauereinsatz
Situation an der Eder
An Heiligabend hatte dann die Löschgruppe Schwarzenau „feuchte Weihnachten“. 22 Tonnen Sand wurden in Säcke gefüllt, berichtet die Löschgruppe auf ihrer Facebookseite und bedankt sich beim Bauhof der Stadt Bad Berleburg, dem Baustoffhandel Rempel, der Firma Kuhmichel Holz, der Firma Gelbach und den Kameraden aus Richterin und Sassenhausen für die Zusammenarbeit. Im gesamten Edertal ist der Fluss über die Ufer getreten überspült die Weiden, Felder und Wege.
„Wir hatten seit 23. Dezember alle Einsätze, die es gibt“, berichtet Jens Schmitt. Neben einem Kaminbrand, einem Verkehrsunfall mit Verletzten, Bäumen auf Straßen, einer Türöffnung. einer Brandmeldeanlage, einem Einsatz mit Gas im Gebäude war das gesamte Spektrum dabei: „Wir hatten 2022 ein Jahr mit 151 Einsätzen allein im Löschzug 1. Das war Rekord. Inzwischen stehen wir 2023 bei 156 Einsätzen. Das ist noch einmal eine Steigerung“, rechnet Schmitt vor.
Bad Laasphe und Erndtebrück
In Bad Laasphe war die Lage dagegen außergewöhnlich ruhig. „Wir mussten wegen einiger Bäume auf Straßen ausrücken“, berichtet Stadtbrandinspektor Dirk Höbener. Der Hochwassereinsatz in Banfe blieb bislang der einzige.
Und in Erndtebrück freute sich Gemeindebrandsinspektor Karl-Friedrich Müller über ruhige Weihnachten für seine Kameraden, nachdem dort am 23. Dezember unter anderem mit umgewehten Bäumen und in der Kaserne noch viel zu tun war.
So sehen die Pegelstände am 26. Dezember aus
Die Eder: Noch ist keine Entwarnung zu geben: Der Ederpegel in Müsse steigt. Am 2. Weihnachtsfeiertag erreicht er morgens seinen bisherigen Höchststand von 173 Zentimetern. Drei Zentimeter über dem ersten Spitzenwert vom 23. Dezember. Zwischenzeitlich war der Wasserstand in der Eder generell leichtrückläufig, nachdem er seit dem Mittwoch kontinuierlich gestiegen war. Am 20. Dezember wurden gegen 14 Uhr noch 66 Zentimeter gemessen. Am Samstagnachmittag, 23. Dezember, gegen 13 Uhr erreichte der Messwert den vorläufigen Höhepunkt mit 170 Zentimetern. Der Historische Höchststand der vergangenen acht Jahre lag hier im Februar 2022 bei 248 Zentimetern.
Flussabwärts, am Pegel in Beddelhausen, stieg der Pegel von Mittwochmorgen 6 Uhr stark an. Von 75 bis 80 Zentimetern ging es bis Samstagabend 23 Uhr auf 224 Zentimeter. Am Heiligabend morgens lag er dann um 8 Uhr wieder bei 213 Zentimeter - Tendenz fallend. So wie aber in Müsse die nächste Hochwasserwelle angezeigt wird, steigt auch der Wasserstand in Beddelhausen.
Die Odeborn: Der Ederzufluss zeigte eine der bedrohlichsten Entwicklungen und sorgte für volle Keller in Girkhausen, Schüllar und der Bad Berleburger Kernstadt. Einen Messpunkt gibt es mit dem Odeborn-Pegel in Raumland neben dem THW-Standort. Dort meldeten die Messinstrumente einen Wasserstand der sich innerhalb weniger Stunden mehr als verdreifacht. Am Donnerstag, 21. Dezember, um 10 Uhr meldete der Messpunkt noch 53 Zentimeter Wassertiefe. Am Samstagabend gegen 22 Uhr erreichte er seinen vorläufigen Höchststand von 172 Zentimetern. Am 2. Weihnachtsfeiertag lag er um 9 Uhr wieder bei 121 Zentimetern. In den letzten acht Jahren lag er aber zwei Mal deutlich höher: Im Februar 2021 wurden hier 251 Zentimeter. Und im September 2022 wurden hier 211 Zentimeter gemessen.
Die Lahn: Im Bereich der Lahn gibt es in Wittgenstein nur einen Messpunkt am Oberlauf in Feudingen. Hier stieg das Wasser bereits ab Dienstag, 19. Dezember, an. Um 18 Uhr waren noch 48 Zentimeter gemessen worden. Der höchste Stand war am Samstag, 23. Dezember, um 11 Uhr mit 135 Zentimetern erreicht. Am Heiligabend vormittags werden hier 119 Zentimeter gemessen. Inzwischen pendelt der Wasserstand am 2. Weihnachtsfeiertag um die 120 Zentimeter. Der Historische Höchststand der vergangenen acht Jahre lag hier im September 2022 bei 230 Zentimetern. Insgesamt sechs Mal wurde hier die Marke von 190 Zentimetern überschritten: im Juni 2016: 225 cm; Januar 2021: 212 Zentimeter; Juli 2021: 195 Zentimeter; Januar 2022: 221 Zentimeter; April 2022: 224 Zentimeter.
Flussabwärts in Biedenkopf werden in der Lahn am Samstag, 23. Dezember, gegen 11 Uhr 198 Zentimeter Wassertiefe gemessen. Und am 26. Dezember immer noch 186 Zentimeter. Der Historische Höchststand der vergangenen acht Jahre lag hier bei 221 Zentimeter im Mai 2021.
So sah es am Samstagabend aus
Die aktuelle Lage am Samstagabend scheint dabei in Bad Berleburg am dramatischsten zu sein: In Bad Berleburg ist vor allem das Hochwasser der Odeborn stark angestiegen. In der Ortsmitte von Girkhausen, wo Odeborn und Osterbach zusammenfließen, muss die Freiwillige Feuerwehr mehrere Häuser vor dem Wasser mit Sandsäcken schützen und auch Keller auspumpen. „Wir wohnen jetzt seit 23 Jahren hier, aber so hoch war das Wasser noch nie“, berichtet Manuela Sonneborn, die mit ihrem Mann einen KfZ-Betrieb direkt am Fluss betreibt und das Hochwasser hautnah miterlebt.
Viele Einsätze in Schüllar-Wemlighausen
Die Löschgruppe Schüllar-Wemlighausen hat bereits am Freitag Garagen und Kellereingänge im tief gelegenen Schüllar-Hammer mit Sandsäcken vor dem Odeborn-Hochwasser zu schützen begonnen. Am Samstag dann blockierte ein Baum eine Kreisstraße am Heidebach, und wenige Stunden später musste ein weiterer umgestürzter Baum mit Hilfe der Drehleiter aus Bad Berleburg von einer Stromleitung entfernt werden, bevor es weiter zum nächsten Einsatz ging. Eine mit Regenwasser voll gelaufenen Baugrube musste ausgepumpt werden.
Im gesamten Edertal ist der Fluss über die Ufer getreten überspült die Weiden, Felder und Wege. Um Nachschub an Säcken zu haben sollen jetzt im Baustoffhandel Rompel Säcke mit Sand befüllt werden.
In Banfe Lahntal hat die Freiwillige Feuerwehr Bad Laasphe am Vormittag Sandsäcke eingesetzt um einen Bereich an der Banfe in der Nähe der Brücke am Sand zu sichern. „Dort war die Lage ein bisschen kritisch“, berichtet Stadtbrandinspektor Dirk Höbener. „Inzwischen sinken die Pegel aber wieder, aber wir sind auch gut vorbereitet. Wir haben 1000 gefüllte und 20.000 leere Sandsäcke im Lager“, so Höbener weiter. Lahn und Banfe haben wie die Odeborn und Eder auch ihre Betten verlassen und überfluten die Wiesen und Weiden.
Das wurde bisher berichtet
Orkan Zoltan hat mit Sturmböen und viel Regen seit Donnerstagnachmittag über Wittgenstein gewütet. Obwohl es zahlreiche Feuerwehreinsätze gab, hielten sich die Schäden in Grenzen. Die meisten Einsätze galten umgestürzten Bäumen. In der Erndtebrücker Hachenberg-Kaserne wurden einige Gebäude beschädigt, als Dächer von Böen abgedeckt worden sind.
Am stärksten erwischte es am Freitagvormittag aber die Hachenberg-Kaserne in Erndtebrück. Dort hat Zoltan ganze Dächer von Gebäuden abgedeckt. Neben eigenen Kräften der Bundeswehr ist die Freiwillige Feuerwehr Erndtebrück und ein Dachdeckerbetrieb vor Ort. „Die Bundeswehr hat uns als Unterstützung angefordert. Es geht zunächst einmal um Gefahrenabwehr“, erläutert Gemeindebrandinspektor Karl-Friedrich Müller auf Anfrage. Konkret heißt das: „Wir unterstützen den Dachdecker beim Abdecken der Dächer, damit niemand von herumfliegenden Teilen verletzt wird“, so Müller. Auch die Pressestelle der Hachenberg-Kaserne bestätigte, dass es zu Sturmschäden gekommen ist. Laut Feuerwehr sind zwei Einheiten vor Ort: Das Hilfeleistungslöschfahrzeug und die Drehleiter aus Erndtebrück sowie das Katastrophenschutz-Löschfahrzeug aus Birkelbach. Drei Dächer worden abgedeckt, so die Feuerwehr, die mit 20 Einsatzkräften vor Ort war.
Bei Einsatzfahrt Kaminbrand entdeckt und gelöscht
Zu einem umgestürzten Baum auf die B480 in Raumland war die Feuerwehr Bad Berleburg am späten Donnerstagnachmittag unterwegs, als den Kameraden eine ungewöhnlich starke Rauchentwicklung aus einem Wohnhaus gegenüber der ehemaligen Bäckerei Klinker in Raumland auffiel. Hier brachen die Feuerwehrleute den ursprünglichen Einsatz zunächst ab und kümmerten sich um einen heftigen Kaminbrand, zu dem sie auch die Drehleiter und einen Schornsteinfeger nachalarmieren mussten. Während des Einsatzes in Raumland musste die B 480 komplett gesperrt werden.
- Kaminbrand in Raumland sorgt für Straßensperrung der B480
- Schwerer Unfall mit zwei Verletzten auf dem Laibach
Den Einsatz für den umgefallenen Baum übernahmen Kameraden aus Bad Berleburg mit ihrem HLF. Ein in den Reihen der Feuerwehr engagierter Forstwirt konnte den Baum schnell und fachmännisch beseitigen. Zuvor war das HLF im Homrighäuser Weg im Einsatz, wo ein Anwohner seinen Blechschuppen abgerissen und in einem Waldstück verbrannt hatte. Gegen ihn wurde eine Strafanzeige erstellt. Nach dem Einsatz mit dem umgestürzten Baum ging es für das HLF in die Kernstadt, weil dort eine Brandnachschau in einer Wohnung erforderlich war, nachdem ein Ofenrohr gerissen war. Bevor die Drehleiter zum Kaminbrand ausrückte, waren die Kameraden im Auer Industriegebiet im Einsatz, weil der Sturm dort Schaden am Dachfenster einer Firma angerichtet hatte.
Leuchtreklame abgerissen und zweiter Kaminbrand
Aber auch nach dem Kaminbrand war noch nicht Schluss für die Berleburger Kameraden: Auf der Sählingstraße war eine Leuchtreklame vom Sturm herunter geweht worden, die nun in die Fahrbahn ragte. Von der Drehleiter aus wurde sie kurzerhand abgeschnitten. Kurze Zeit später ging es dann weiter nach Wingeshausen, wo es einen weiteren Kaminbrand zu bekämpfen gab. Hinzu kamen umgefallene Bäume Richtung Laibach und im Bereich Kraftsholz. Bereits morgens öffneten die Feuerwehrleute eine Wohnung, um dem Rettungsdienst einen Einsatz zu ermöglichen und waren bei einem Verkehrsunfall am Laibach im Einsatz.
Vom Sturm war auch die Kurhessenbahn betroffen: Hier stürzte bei Schameder ein Baum auf die Gleise, mit dem die Regionalbahn 94, die auf dem Weg nach Erndtebrück war, am späten Abend kollidierte. Nach Untersuchung vor Ort konnte der Zug nach Bad Laasphe gefahren werden. Was mit den Fahrgästen im Zug geschah, wollten die Bahnmitarbeiter nicht sagen. Verletzt wurde augenscheinlich aber niemand. Der Baum wurde durch Bahnkräfte von den Gleisen entfernt. Weitere Sturmeinsätze gab es in Amtshausen, Birkelbach, Röspe, Balde, Bad Laasphe, und am „Armen Mann“ Richtung Hesselbach.