Bad Berleburg. Im Herbst beginnt die Ausbildung zum Therapiehund. Doch schon jetzt zeigt sich deutlich, wie groß ihre Wirkung auf Patienten und Mitarbeiter ist.

Sie wiegt gerade einmal 22 Kilogramm, ist 17 Wochen alt und hat flauschiges weiß-schwarzes Fell. Seit Pfingsten lebt Landseer-Hündin Bailey bei der Familie Göbel in Erndtebrück – und seit kurzem begleitet sie ihr Frauchen Nicole Göbel, Chefärztin des Fachbereichs Psychosomatik, Psychotherapie und psychiatrische Rehabilitation in der Vamed Rehaklinik Bad Berleburg, auf Arbeit. Denn: Schon bald wird aus dem manchmal noch tapsigen Hundekind ein Therapiehund. Voraussichtlich im Herbst startet ihre Ausbildung.

Doch zurück zum Anfang: Geboren wurde die Landseer-Hündin am 5. April dieses Jahres. Kurz darauf hielten Nicole Göbel und ihr Mann sie bereits in ihren Armen. „Wir waren sofort schockverliebt“, sagt die Chefärztin. Eigentlich wollten sie und ihr Mann noch warten, bis sie sich einen neuen Welpen zulegen. „Wir sind mitten im Hausbau und wollten eigentlich nur mal schauen“, sagt sie und lacht. Doch Bailey hatte ihr Herz im Sturm erobert, als sie den Züchter im Westerwald besuchten.

Schon jetzt begleitet die kleine Bailey ihr Frauchen – Chefärztin Nicole Göbel – zur Arbeit.
Schon jetzt begleitet die kleine Bailey ihr Frauchen – Chefärztin Nicole Göbel – zur Arbeit. © WP | Ramona Richter

Die Rasse Landseer hatte sich die Familie nicht ohne Grund ausgesucht. „Uns war klar, dass es bei meinem beruflichen Hintergrund schön wäre, wenn der Hund mit auf Arbeit dürfte.“ Sie sprach mit ihrem Vorgesetzten, dem Geschäftsführer der Vamed Rehaklinik in Bad Berleburg. Und der war sofort begeistert von der Idee, Bailey künftig als Therapiehund mit einzusetzen. Die Rasse Landseer ist durch ihren Charakter als Therapiehunde sehr geeignet – das sind nicht alle Rassen. „Sie ist ein klassischer Familienhund, hat eine hohe Reizschwelle, ist friedlich, ruhig, intelligent und bellt kaum“, so Göbel. Zudem lernt Bailey recht schnell – unter anderem kann sie bereits jetzt schon ohne Leine laufen, hört auf Kommandos und nimmt schon heute an Visiten und Sitzungen teil – natürlich nur als Gast. „Das klappt wirklich super“, freut sich ihr Frauchen.

Ersten Tage in der Vamed Rehaklinik

Schon jetzt hat die Hündin zahlreiche Herzen im Sturm erobert – nicht nur die ihrer Familie. „Die Kollegen hier und auch die Patienten reagieren so liebevoll auf Bailey – sie reden fast schon mehr mit ihr als mit mir. Wenn wir über den Parkplatz gehen, wird zuerst der Hund begrüßt“, verrät Göbel mit einem Lachen. „Auch Patienten – sie reden mit Bailey teilweise auch über ihre derzeitige Stimmung und ihren Tag. Da heißt es dann unter anderem ,Na Bailey, wie war dein Tag? Meiner war heute nicht so gut.’ Das sind schon besondere Momente und ich bin überglücklich, dass sie so gut aufgenommen wird.“

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Schon jetzt – bevor Baileys Ausbildung zum Therapiehund gestartet hat – zeigt sich, welchen positiven Einfluss Tiere auf den Menschen haben. „Hunde vermitteln ein Gefühl von Wärme, Sicherheit und Geborgenheit – einfach nur, weil sie da sind. Die Anwesenheit eines friedlichen Hundes kann Angst, Stress oder Unsicherheiten reduzieren und gleichzeitig auch als Türöffner dienen“, so Göbel. Der Grund: Hunde sind sehr empathisch und nehmen verschiedene Stimmungen häufig sehr genau wahr. „Bailey spürt glaube ich jetzt schon ganz genau, ob jemand möchte, dass sie kommt oder ob jemand Angst hat. Dann lässt sie ihn in Ruhe.“ Therapiehunde kritisieren nicht, urteilen nicht, machen keine Vorwürfe und haben keine Erwartungen – sie nehmen die Menschen so wie sie sind. Ihnen gelingt es, Menschen aus der Reserve zu locken.

Die Ausbildung

Doch wie wird aus einem „normalen“ Hund ein Therapiehund? Insgesamt 100 Einheiten müssen Nicole Göbel und Bailey hierfür absolvieren – und das auch nur, weil die Chefärztin einen therapeutischen Hintergrund hat – sonst wären es mehr Einheiten. Dabei geht es unter anderem um die Hundekunde, um rechtliche Rahmenbedingungen, die Hygiene und vieles mehr. Einsätze werden gefilmt und besprochen – zudem findet eine Zwischen- und Abschlussprüfung statt – sowie eine schriftliche Prüfung für den Hundehalter. „Da wird noch einiges auf uns zukommen – aber es wird auch spannend“, so Göbel.

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Ob es am Ende der Ausbildung dann Einzel- oder Gruppensitzungen mit Bailey geben wird, werde die Zukunft dann zeigen. „Das kommt auch immer darauf an, wie hoch die Nachfrage ist. Ein Therapiehund darf maximal eine Stunde am Tag arbeiten.“ Das liegt unter anderem daran, dass sie bei ihrer Arbeit mit sehr unterschiedlichen Menschen in Kontakt kommen – und damit auch mit verschiedensten Situationen, Räumen, Gerüchen und medizinischen Apparaturen. Umso wichtiger ist es, dass auch sie danach ausreichend Abwechslung und Freizeit haben.

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Doch bis es so weit ist, bleibt Bailey erst einmal Besucher und Begleiter im Büro von Nicole Göbel oder spielt auf dem Außengelände der Rehaklinik. „Oft kommen auch Kollegen und fragen, ob sie sie in ihren Pausen mit nach draußen nehmen dürfen. Bailey ist sehr beliebt“, sagt sie. „Zu Beginn fiel es mir schon schwer, sie abzugeben.“ Doch sie ist froh, dass ihre Hündin so gut ankommt. „Einige Patienten sagten auch, sie würden es sich wünschen, wenn sie auch ihren Hund mit hierher nehmen dürften.“ Und genau das wird für die Zukunft diskutiert. „Es ist schön zu sehen, welchen Einfluss die kleine Hündin jetzt schon auf das Leben in der Rehaklinik hat.“

Der Landseer (Quelle: www.hunde-fan.de)

Von seinem Wesen her ist der Landseer sanft, anhänglich und sensibel. Besonders einfühlsam und behutsam ist er im Umgang mit Kindern. Hier zeigt er eine besonders hohe Reizschwelle und lässt sich von Geschrei und ausgelassener Umtriebigkeit der kleinsten Rudelmitglieder kaum beeindrucken. Der Landseer ist so gut wie nie aggressiv. Zudem ist er sehr lernfreudig.

Der Vierbeiner wird auch vielseitig eingesetzt: So arbeitet er häufig als Therapiehund oder Wasserrettungshund.

Im Haus verhält sich der Landser ruhig und sucht den engen Kontakt zur Familie. Dieser ist eine Voraussetzung dafür, um seine vielen positiven Eigenschaften richtig entfalten zu können.