Arfeld. Der Arfelder Karl Wolff starb 1940 an den Folgen der Misshandlungen im KZ Buchenwald. So erinnern die Schüler an seine Geschichte.
Pappschilder mit Jahreszahlen von 1901 bis 1940 hielten jetzt Jugendliche der Berleburger Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein-Schule in der Hand, als sie an der Arfelder Hauptstraße ganz in der Nähe der Volksbank standen. Selbst die Großeltern der Schülerinnen und Schüler waren wohl in den allermeisten Fällen noch nicht auf der Welt, als die Dinge passierten, mit denen sich die jungen Leute in den vergangenen Wochen beschäftigt hatten.
Die 9a ist nämlich die Projektgruppe „Schule für Toleranz und Zivilcourage“ und hat deshalb einen genaueren Blick auf Karl Wolff geworfen.
Dieser wurde 1901 in Arfeld geboren und starb 1940 an den Folgen der Misshandlungen, die er im Konzentrationslager Buchenwald erlitten hatte, wo er nach der Pogromnacht 1938 in eine angebliche „Schutzhaft“ genommen worden war. Entlang des Aufsatzes „Erst Mitbürger – dann Verstoßene“ von Dr. Gerda Achinger hatten sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Schicksal der jüdischen Arfelder Familie Wolff befasst.
Jugendliche erinnern an den Lebensweg
Für Karls Eltern Henriette und Jacob waren 2009 im Bürgersteig neben der Hauptstraße in Arfeld Stolpersteine verlegt worden, wo das Haus der Familie einst gestanden hatte. Auf Initiative seiner in New York lebenden Nichte Gwendolyn Wolff-Solomon kam jetzt für Karl Wolff selbst eine dritte dieser zehn mal zehn Zentimeter kleinen Messing-Tafeln hinzu.
Deshalb erinnerten die Jugendlichen an seinen Lebensweg. Mit viel Liebe zum Detail hatten sie für die einzelnen Jahreszahlen Ereignisse aus der großen Politik und aus dem Leben von Karl Wolff ausgesucht und gegenübergestellt. Schritt für Schritt stellten sie den drei Dutzend Zuhörerinnen und Zuhörern den Arfelder Jungen vor, der wie seine Geschwister Mitglied im örtlichen Fußball- und im Turnverein war und 1922 sogar der Kassenwart des SGV Arfeld.
Hass keinen Platz geben
Kommunalpolitik, Kirchengemeinde, diverse Vereinsvertreter waren jetzt vor Ort wie Bürgermeister Bernd Fuhrmann, der dankte: zum einen Gerda Achinger und Gwendolyn Wolff-Solomon, zum anderen der Projektgruppe: „Denn Erinnerung ist eine der wichtigen Aufgaben, um Zukunft planen und leben zu können. Durch Erinnerung vergessen wir nicht, was sich nie wiederholen darf. Es ist unsere Pflicht dafür zu sorgen, dass Verfolgung, Gewalt und Hass keinen Millimeter Platz bei uns haben. Nie wieder! Dass ihr für diese Werte - für Frieden und Gemeinschaft, für Erinnerung - von ganzem Herzen eintretet, das habt ihr längst bewiesen. Zum Beispiel beim Pogromgedenken im vergangenen Jahr.“
Lamar Abo Rabah, Alaa Al Natour, Leon Aman, Antonia Benner, Dominik Bräuer, Emely Dickel, Josh Ehm, Bilal Hashimi, Elnaz Hazrati, Shahrukh Hazrati, Selda Hamrosho, Hermon Jared, Timo Koch, Mustafa Omairat, Alexander Ostermiller, Dishan Ovitigala, Sharon Schlapp und Ronja Schuster sind zusammen die 9a, sie haben ihre Wurzeln neben Deutschland in zehn weiteren Ländern: in Syrien, Afghanistan, Rumänien, der Türkei, Polen, Kasachstan, Sri Lanka, Russland, Eritrea und dem Libanon. In die Hauptschul-Klasse sind sechs Förderschülerinnen und Förderschüler integriert. Neben den Lehrerinnen Kerstin Burgmann und Ute Bänfer, die an diesem Morgen vor Ort waren, begleitet üblicherweise Ines Weller die Projektgruppe „Schule für Toleranz und Zivilcourage“. Das von allen gemeinsam gesungene „Hevenu shalom alechem“ setzte den Schlusspunkt an diesem Morgen.
Und so führten die Geschehnisse von vor 80 oder 120 Jahren direkt in die Gegenwart von 2022, lautet der deutsche Text des Liedes doch: „Wir wollen Frieden für alle“.Den 2014 in „Wittgenstein – Blätter des Wittgensteiner Heimatvereins“ erschienenen Aufsatz von Dr. Gerda Achinger sowie das Grußwort von Bürgermeister Bernd Fuhrmann kann man auf der Homepage des Wittgensteiner Kirchenkreises nachlesen, dort gibt es auch mehr Fotos von dem Tag.