Bad Berleburg. Der Gebäudekomplex an der Gontardslust aus den 50er und 60er Jahren soll einem Neubau weichen. Das sind die Pläne des Johanneswerks als Bauherr.
Das Altenheim „Haus am Sähling“ in Bad Berleburg, An der Gontardslust 11, sollte nach Fertigstellung des Friederike-Fliedner-Hauses in der Mühlwiese eigentlich ab August 2020 umgebaut werden. Doch getan hat sich bislang nichts. Was ist aus den Plänen des Evangelischen Johanneswerks in Bielefeld als Träger beider Einrichtungen geworden? Die Antwort: Einen Umbau wird es nicht mehr geben.
Lesen Sie auch: Bad Berleburg: Haus am Sähling lässt Luftballons steigen
„Das Johanneswerk hat hier zwischenzeitlich eine andere Entscheidung getroffen“, so Birgit Niehaus-Malytczuk, sowohl Geschäftsleiterin der Altenhilfe Wittgenstein des Evangelischen Johanneswerks als auch Geschäftsführerin des Diakonischen Werks – nämlich den gesamten Gebäudekomplex abzureißen und anschließend am gleichen Standort komplett neu zu bauen. Entstehen werde ein Neubau, der „sowohl von der Ausstattung als auch energetisch den heutigen Bedarfen und Ansprüchen entspricht“, so Niehaus-Malytczuk.
Gute Ergänzung zum Friederike-Fliedner-Haus
Überhaupt erst möglich werde das Vorhaben aber nur, weil sich für die Bewohner ein Ausweichquartier ergeben habe: „Wir sind erfreut darüber, dass wir einen Trakt der ehemaligen Baumrain-Klinik nutzen können“, sagt die Geschäftsleiterin. „Die benötigten Räumlichkeiten werden angemietet, die notwendigen Anpassungen und Veränderungen in den nächsten Monaten erfolgen.“ Das Johanneswerk geht davon aus, das Ausweichquartier etwa drei Jahre zu nutzen.
Lesen Sie auch: Bad Berleburg: Friederike-Fliedner-Haus wächst im Zeitplan
Derzeit bietet das „Haus am Sähling“ laut Niehaus-Malytczuk noch 48 Bewohnerplätze für vollstationäre und kurzstationäre Unterbringung. Ursprünglich war die Einrichtung für 98 Bewohner in Doppel- und Einzelzimmern ausgelegt, sie entspricht jedoch weitgehend nicht mehr den heutigen Standards in der stationären Altenpflege. Der älteste Gebäudeteil wurde bereits im Jahr 1957 errichtet. Ein weiterer Bauabschnitt folgte in den 1960er Jahren und der letzte neue Trakt wurde 1981 in Betrieb genommen.
Hausgemeinschaften als wichtige Neuerung
Inzwischen werden mehrere Trakte des Hauses schon gar nicht mehr genutzt – der Grund: Seit der Inbetriebnahme des Friederike-Fliedner-Hauses werde das „Haus am Sähling“ gemäß vertraglicher Vereinbarungen nur noch mit den erwähnten 48 Bewohnerplätzen geführt, so Niehaus-Malytczuk.
Lesen Sie auch: Corona: So schafft das Haus am Sähling ein Stück Normalität
Mit dem geplanten Neubau möchte das Johanneswerk Plätze für insgesamt 80 Bewohnerinnen und Bewohner in stationärer und kurzstationärer Behandlung schaffen. „Die Neuerung wird sein, dass mit Inbetriebnahme des Neubaus – wie schon im Friederike-Fliedner-Haus – das Konzept der Hausgemeinschaften umgesetzt wird“, erläutert Niehaus-Malytczuk. Darüber hinaus werde eine Tagespflege mit 18 Plätzen entstehen.
Bewohner müssen wohl Ende 2022 umziehen
Das neue „Haus am Sähling“ und das Fliedner-Haus werden sich am Ende sehr gut ergänzen, ist sich die Geschäftsleiterin sicher. Beide Häuser würden dann nach dem erwähnten Hausgemeinschaftskonzept arbeiten. Außerdem sollen sie gemeinsam mit dem Diakonischen Werk eine quartiersnahe Versorgung älterer und hilfebedürftiger Menschen anbieten – mit den Bewohnern beider Altenheime als auch den ambulanten Kunden des Diakonischen Werks sowie interessierten Bürgern als Zielgruppe.
Lesen Sie auch: Bad Berleburg richtet sich auf bis zu 650 Flüchtlinge ein
Das Johanneswerk als künftiger Bauherr plant mit einem Umzug der Bewohner aus dem „Haus am Sähling“ in die Baumrain-Klinik als Provisorium frühestens für das Ende des 4. Quartals 2022. Ein Abriss der Altgebäude an der Gontardslust sei dann im ersten Halbjahr 2023 denkbar – und der Startschuss für die Arbeiten am Neubau werde für die zweite Jahreshälfte 2023 angestrebt. Zu den geschätzten Baukosten für das Projekt kann das Johanneswerk derzeit noch keine Angaben machen.
Johanneswerk denkt über Pflegefachschule nach
Mit dem geplanten Neubau des „Hauses am Sähling“ für 80 Bewohnerplätze ergebe sich natürlich auch ein weiterer Personalbedarf, so Geschäftsleiterin Birgit Niehaus-Malytczuk. Deshalb gebe es auch „Überlegungen, am Standort Bad Berleburg wieder eine Pflegefachschule zu etablieren“ – und zwar „in Kooperation des Johanneswerkes mit weiteren Trägern“.
Lesen Sie auch: Vamed-Klinik in Bad Berleburg baut 60 zusätzliche Parkplätze
„Es ist davon auszugehen, dass dies ein interessantes Angebot für Wittgenstein wäre“, sagt Niehaus-Malytczuk. Sie schätzt, dass sowohl „Schulabgänger als auch Weiterbildungsinteressierte bei einer wohnortnahen Pflegefachschule und Ausbildungsmöglichkeit vor Ort an den möglichen Ausbildungen in den Einrichtungen des Gesundheitswesens in Bad Berleburg und Wittgenstein interessiert sind“.
Die frühere Krankenpflegeschule am ehemaligen Kreiskrankenhaus in Bad Berleburg, heute Vamed-Akutklinik, wurde 2003 geschlossen, das Gebäude 2019 abgerissen.
Kommentar: Menschen im Blick behalten
enn erst einmal alles fertig ist, steht das Bad Berleburger „Haus am Sähling“ als ein modernes Altenheim da, das die aktuell geforderten Pflege-Standards voll umsetzt. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg – samt einer mehrjährigen Übergangslösung. Denn die betagten Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung müssen sich schon bald auf den Umzug in ein Provisorium einstellen – und die angemieteten Räumlichkeiten in der Baumrain-Klinik werden eben nicht mehr die gewohnte Umgebung für sie sein. Aber auch für das Pflegepersonal wird der Arbeitsalltag dort sicherlich nicht einfacher.
Das Johanneswerk als Träger wird sich die angestrebte Neubau-Lösung gut durchgerechnet haben mit dem Ergebnis, dass sie die wirtschaftlichere Alternative ist – zur Sanierung eines Gebäudebestandes, der zum Teil über 60 Jahre auf dem Buckel hat. Jetzt muss gelten, die betroffenen Menschen gut durch die Bauphase zu bringen und die Umzüge für alle Beteiligten so angenehm wie möglich zu gestalten.
Eberhard Demtröder